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Serena Williams vor den US Open: Kurz vor der Krönung

Foto: Bongarts/ Bongarts/Getty Images

Serena Williams vor den US Open Auf Steffis Spuren

Serena Williams gilt schon jetzt als eine der größten Tennisstars der Geschichte. Wenn die 33-Jährige die US Open gewinnt, würde sie mit Steffi Graf gleichziehen. Macht ihr Körper auch mit?

Der 3. September 1999 war kein gewöhnlicher Tag. Es war der Tag der Wachablösung im Damen-Tennis, dessen Ausmaße zu diesem Zeitpunkt noch niemand abschätzen konnte. Eine damals 17-jährige US-Amerikanerin namens Serena Williams hatte soeben das Schweizer Wunderkind Martina Hingis im Finale der US Open entzaubert und ihren ersten Grand-Slam-Titel gewonnen.

Auf dem Weg dorthin schlug Williams unter anderem Monica Seles und Lindsay Davenport. Ein Duo, das zu diesem Zeitpunkt bereits elf Grand-Slam-Titel vorzuweisen hatte. Die Tennisexperten waren sich einig: Dieser Sieg konnte kein Zufall sein, zumal Williams im selben Jahr auch schon Steffi Graf besiegt hatte. Was dann folgte, war eine beispiellose Karriere, die auch 16 Jahre nach ihrem ersten großen Triumph kein Ende zu nehmen scheint.

"Ein Phänomen, das es alle 100 Jahre einmal gibt"

Serena Williams ist ein Mensch - ihre Laufbahn wurde von Rückschlägen und Verletzungen ebenso überschattet, wie die anderer Spielerinnen auch. Nach ihrem überraschenden Sieg in New York folgten sportliche Rückschläge. Doch schon 2002 gelang ihr das, was Tennis-Fans heute den "Serena-Slam" nennen. Der Sieg bei vier aufeinanderfolgenden Grand-Slam-Turnieren, allerdings nicht innerhalb eines Kalenderjahres.

Nun, 13 Jahre später, wiederholte sie dieses Kunststück. Nicht nur deswegen wurde die heute 33-Jährige unlängst mit Lob überschüttet. Chris Evert, nach Turniersiegen die zweiterfolgreichste Spielerin der Geschichte, behauptete, dass es ein Phänomen wie Serena nur einmal in 100 Jahren geben könne. John McEnroe sagte gar, sie sei die beste Spielerin der Geschichte.

Erfolge und Rekorde von Serena Williams

Erfolge und Rekorde von Serena Williams

Foto: DPA, SPIEGEL ONLINE

Williams genießt auf der Tour großen Respekt, Andrea Petkovic gilt als großer Fan der Amerikanerin. Auch die 49. der Weltrangliste, Carina Witthöft, die vor dem Turnier mit SPIEGEL ONLINE sprach, sieht in Williams ein Idol. "Wenn man ihre Erfolge betrachtet, dann ist sie für jeden von uns ein Vorbild. Vor allem wenn man bedenkt, dass sie hier vor 16 Jahren triumphiert hat und heute immer noch die Top-Favoritin ist."

Mit einem erneuten Sieg in Flushing Meadows wäre Williams die erste Spielerin seit Steffi Graf 1988, die alle vier Grand-Slam-Titel innerhalb eines Kalenderjahres gewinnen würde. Und nicht nur das: Sie würde nach Major-Siegen mit der deutschen Tennis-Ikone gleichziehen. Was vor Jahren noch undenkbar schien, ist nun realistischer denn je. Das Kuriose: Momentan scheint Serena selbst ihre größte Gegnerin zu sein. Es ist, genauer gesagt, ihr rechter Ellbogen, der ihr seit geraumer Zeit große Probleme bereitet.

Die eigene Physis als größte Gegnerin

Mit ihrem Sieg in Wimbledon vor gut zwei Monaten hat Williams ihre Vormachtstellung im Damen-Tennis eindrucksvoll untermauert. Die Spanierin Garbiñe Muguruza kämpfte und spielte am Limit, konnte dem beherrschenden Spielstil ihrer Kontrahentin jedoch nichts entgegensetzen. "Serena ist eine der dominantesten Spielerinnen überhaupt. Sie versucht, ihre Spiele von Anfang bis Ende zu diktieren, sie verfügt über einen unglaublich harten und präzisen Aufschlag", sagt Witthöft, die sich erstmals für das Turnier in der US-Metropole qualifizieren konnte.

Doch Williams` Paradeschlag birgt auch Risiken. Ihr Ellbogen, der bei jedem Aufschlag extrem beansprucht wird, schmerzte in der jüngeren Vergangenheit immer häufiger. Wenn sie nicht schmerzfrei spielen kann, ist sie verwundbar. Um ihren großen Traum nicht zu gefährden, sagte sie ihre Teilnahme bei den WTA-Turnieren in Båstad und Stanford ab.

Die Konkurrenz witterte ihre Chance. Doch Williams schlug beim wichtigsten Vorbereitungsturnier vor den US Open in Cincinnati eindrucksvoll zurück. Im Finale ließ sie der Weltranglistendritten Simona Halep keine Chance. "Sie ist und bleibt die Spielerin, die es zu schlagen gilt", sagt Witthöft. Trotz ihres hohen Tennisalters ist Williams kaum zu bändigen.

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Trainerwechsel zum richtigen Zeitpunkt

Und doch wurde sie auf eine harte Probe gestellt. 2011 unterzog sie sich zwei Fuß-Operationen. Im selben Zeitraum wurde eine komplizierte Lungenembolie diagnostiziert, die, wie Williams 2013 erklärte, lebensgefährlich war. An eine Fortsetzung ihrer Karriere war zu diesem Zeitpunkt kaum zu denken.

Nachdem das Blutgerinnsel entfernt worden war, engagierte die zu diesem Zeitpunkt 13-fache Grand-Slam-Siegerin einen neuen Trainer: Patrick Mouratoglou. Kein Unbekannter. Dem Franzosen gelang es 2006, den Zyprioten Marcos Baghdatis ins Finale der Australian Open zu führen. Auch bei Serena zahlte sich sein Engagement aus. Seitdem er im Juni 2012 übernahm, gewann Serena 28 Turniere, davon alleine acht Majors. Es scheint, als sei die Zeit stehen geblieben. Beinahe wöchentlich egalisiert sie Rekorde, die ihre Vorgängerinnen aufgestellt hatten. Eine von ihnen ist Steffi Graf.

Der Vergleich mit ihr ist allerdings müßig. Graf, die insgesamt 377 Wochen die Weltrangliste anführte (siehe Grafik), beendete ihre Karriere bereits im Alter von 29 Jahren. Sie dominierte ihre Kontrahentinnen in sehr jungen Jahren. Um ihren Legendenstatus nicht einzubüßen, hörte sie frühzeitig auf. Serena Williams, die im September bereits 34 Jahre alt wird, ruft erst im Spätherbst ihrer Karriere ihre besten Leistungen ab. Niemand weiß, wie die Laufbahnen der beiden verlaufen wären, wenn sie von Verletzungen und Krankheiten verschont geblieben wären.

Vergleich zwischen Steffi Graf und Serena Williams

Vergleich zwischen Steffi Graf und Serena Williams

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Serena Williams legt ohnehin keinen Wert auf Vergleiche. Auf ihren bevorstehenden möglichen Rekord reagiert sie, wie es sich für einen Champion gehört: gelassen. "Es gibt immer einen nächsten Rekord oder eine nächste Person, zu der man aufschließen oder die man überholen kann", sagte sie vor ihrem Erstrundenmatch gegen Witalija Djatschenko. In New York könnte sich der Kreis schließen. Dort, wo vor 16 Jahren alles begann.