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Karriere im Chaos, Teil 1 Aufstieg und Fall Moskauer Millionärinnen

1998 portraitierte SPIEGEL TV vier aufstrebende Selfmadefrauen in Moskau. Zehn Jahre nach dem Zusammenbruch des Sowjetreichs standen sie stellvertretend für einen Trend, der sich scheinbar fortgesetzt hat. Was ist aus den vier Millionärinnen geworden?
Karriere im Chaos, Teil 1: Aufstieg und Fall Moskauer Millionärinnen

Karriere im Chaos, Teil 1: Aufstieg und Fall Moskauer Millionärinnen

Foto: SPIEGEL TV

Zehn Jahre nach dem Zusammenbruch des Sowjetreichs standen sie stellvertretend für einen Trend, der sich scheinbar fortgesetzt hat. Stieg der Anteil von Unternehmerinnen damals auf 12 Prozent, sollen heute über vierzig Prozent aller Managementpositionen in Russland von weiblichen Mitarbeitern besetzt sein. Doch obwohl sie in der Regel hervorragend ausgebildet sind, schaffen es nur wenige Karrieristinnen an die Spitze eines Konzerns. Was aus den vier Millionärinnen geworden ist, denen es schon damals glückte, eine Firma zu leiten, zeigt SPIEGEL-TV-Autor Markus Grün in einer dreiteiligen Dokumentation.

Ein Wiedersehen, 15 Jahre nach der ersten Begegnung.
Teil 1: Helen Yarmak, die Mathematikprofessorin, gilt als größte Botschafterin der russischen Mode.

"Oh mein Gott, dass sieht alles schrecklich aus", jammert Designerin Helen Yarmak missmutig, als sie an einem Dutzend Models vorbeidefiliert. Stundenlang hatte ihr Chef-Stylist die schlanken Schönheiten mit Schmuck behängt und in Pelze gehüllt. Jedes Exponat ist ein kleines Vermögen wert und wurde von der russischen Modediva eigens entworfen. Jetzt muss der Mitarbeiter zusehen, wie Helen seine Outfits zerpflückt und die Mäntel und Accessoires an den Frauen umdekoriert. "Darling! Ich weiß besser, was meine Klienten lieben", kritisiert die Millionärin, als sie, zu allem Überfluss, Essensreste auf dem Laufsteg entdeckt. "Wem gehört der Müll?", posaunt die 58-jährige Perfektionistin in die Runde ihrer verschüchterten Entourage. Vor Wut, aber auch vor Aufregung. In wenigen Stunden muss sich die Moskauerin am Big Apple der High Society und der internationalen Fachpresse stellen. Es geht um viel Geld und einen Platz im Mode-Olymp.

Auch in diesem Jahr präsentiert Helen Yarmak ihre neue Schmuck- und Pelzkollektion zur New York Fashion Week. Auf dem wohl wichtigsten Modeereignis der Welt zeigen internationale Stilikonen, was sie für den Sommer entworfen haben. Eigens hierfür verwandelte Helen ihr Penthouse in einen riesigen Catwalk. Einst wurde das luxuriöse Loft, mit Blick auf den Central Park, von Playboy-Gründer Hugh Hefner für ausschweifende Feste genutzt. Doch auch Helen weiß, was Frauen mögen: Seltene Wildzobelmäntel und Halsketten mit kopulierenden Paaren gehören zu ihrem Repertoire, genau wie rosa Fuchsjacken für Mädchen. Ob man solche schrillen Fell-Fummel anbieten kann, entscheiden Einkäufer wie Christian Svoboda. Der Personal Shopper des Luxuskaufhauses Barneys hat sich für das Saison-Opening ebenso angekündigt wie eine einflussreiche Kolumnistin vom Magazin Vogue und Bobbi Queen. Die Edelfeder schreibt für 'Womans Wear Daily', die "Bibel" der Modewelt.

Vor der Perestroika arbeitete Helen Yarmak als Professorin für theoretische Mathematik in Kiew. Als sich nach der politischen Wende in der Forschung kaum Geld verdienen ließ, zog Helen nach Moskau und wagte den Sprung in die Modewelt. Heute beschäftigt die bereits dreimal geschiedene Designerin über 200 Angestellte und ist mit ihren Geschäften außer in New York und Moskau auch in Mailand, Paris, Zürich, Seoul und demnächst in Peking vertreten. Ihre Pelze wurden bereits von Weltstars wie JLo, Beyoncé und Rihanna getragen.