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Atlanten für Kinder und Jugendliche Die Welt im Kinderzimmer erkunden

Der Globus ist vom Kinderschreibtisch verschwunden, aber es gibt immer noch interessante Atlanten für Kinder und Jugendliche. Diese fünf betrachten die Welt ganz unterschiedlich – und machen neugierig auf Kartenkunde.
Foto: Jose Luis Pelaez Inc / Getty Images

Für mich undenkbar: Leute steigen in Flugzeuge, ohne das Ziel auf einer Karte zeigen zu können oder folgen dem Navi, nicht ahnend, ob es nach Norden oder Süden geht. Denn ich liebe Stadtpläne und Landkarten, weiß furchtbar gern, wo ich gerade bin. Überholt? Gewiss – jedenfalls so lange der Akku Saft hat.

Wozu also noch Karten lesen? Spätestens seit Tim Marshalls Bestseller über Geopolitik und der tollen Kinderversion »Was unsere Welt zusammenhält«, wissen wir, dass eine gewisse geografische Allgemeinbildung für geschichtliches und politisches Verständnis wichtig ist. In dem Kindersachbuch erklärt er, welche Bedeutung die geografische Lage aber auch Bodenschätze für politische Konflikte haben.

Kinder-Atlanten scheinen auf den ersten Blick alle recht ähnlich. Aber es reicht nicht, Kartenmaterial mit Fotos von Sehenswürdigkeiten zu garnieren. In manchen Atlanten ist man mit der Unterscheidung zwischen EU und Europa nicht so pingelig oder schafft es nicht, dies kindgerecht erklären. Die Bildauswahl ist oft furchtbar klischeehaft und manchmal sogar falsch. Da rutscht ein Rollmops nach Nordeuropa oder der Hamburger Hafen wird als Kanal bezeichnet. Und aus dem Amerikanischen übersetzte Bücher haben ihren Schwerpunkt ebendort. Lebt man in Deutschland, respektive in Europa, ist so ein Buch klar langweiliger.

Zur Autorin
Foto:

Maria Feck

Agnes Sonntag wurde in eine Familie geboren, deren Mitglieder von Büchern magisch angezogen werden. Ihr Großvater arbeitete bei der Büchergilde Gutenberg und brachte ihr gern Fehldrucke mit, sodass sie bis heute das Ende vieler James-Krüss-Geschichten nicht kennt. Später studierte die gelernte Arzthelferin in Schweden Publizistik und Schwedisch. Sie arbeitete als Schwedischlehrerin, Übersetzerin und freie Mitarbeiterin des schwedischen Schulfunks. Seit einigen Jahren betreut sie beim Kinder-Nachrichtenmagazin »Dein SPIEGEL« die Buchtipps und rezensiert auf SPIEGEL.de Kinder- und Jugendbücher.

Die folgenden fünf Atlanten machen es besser: Hier geht es natürlich um Deutschland und unseren Planeten, aber auch um die Milchstraße, die gefährlichsten Ecken der Erde und wie sich Weltgeschichte in Karten darstellen lässt.

Hier sind wir

»Mein Deutschlandatlas« von Annette Maas ist ein superschön illustrierter Kinderatlas über Deutschland, der dieses Jahr erschien. Entgegen der Verlagsempfehlung kann ich ihn mir auch gut für jüngere Kinder vorstellen, für die Karten noch zu abstrakt sind.

Was ist hier los? Ein richtiger Atlas ist das hier nicht, denn er hat kaum Kartenmaterial – dafür aber sehr viele Bilder. Alle Bundesländer werden von Nord nach Süd anhand regionaler Spezialitäten oder geografischer Besonderheiten in großen Bildern präsentiert. (Einzig, dass eine Frikadelle im Brötchen als Hamburger »Resteessen« bezeichnet wird, bekümmert.) Dazwischen haben die Autorinnen noch interessante übergreifende Themen wie »Sprachenwirrwarr«, »Wilde Tiere« oder »Made in Germany« eingestreut. Eine schöne und informative Bilderreise durch Deutschland.

Beste Lesezeit: Lust auf Blättern.

Empfohlenes Alter: Ab 8 Jahren, aber auch schon jünger.

Alles drin, alles dran

Der »Was ist Was«-Weltatlas ist mein Favorit. Kindgerecht gestaltet und übersichtlich strukturiert erklärt Manfred Bauer, was warum wo ist. Neben vielen Karten und Infotexten ist sogar noch Platz für lustige Fotos. Irre informativ mit seinen vielen farbigen Karten, richtig gut auch für Referate. Ein Nachschlagewerk, das ein Leben lang begleiten kann.

Was ist hier los? Nach kurzen Erklärungen zu Kartografie, Weltall und Entstehung der Erde geht die Reise um die Welt von Europa aus los. Neben Weltkarten liefert dieser Atlas Kontinent- und Regionenkarten, jeweils mit einer politischen wie auch physischen Karte sowie einer Karte der Bundesländer. Dazu gibt es Informationen über Kultur oder Natur und Faktenseiten zu Sonderthemen wie EU oder Weltmeere.

Egal ob mit (34,95 Euro) oder ohne (29,95 Euro) »Bookii«, der Inhalt der Bücher ist identisch. Über diesen sogenannten Hörstift, den man zusätzlich kaufen muss, bekommt man eine Zusammenfassung der Inhalte, nicht die kompletten Texte vorgelesen.

Beste Lesezeit: Vor der nächsten Reise.

Empfohlenes Alter: Ab 8 Jahren.

Sonne, Mond und Sterne

Mir schwirrt der Kopf, wenn ich die kleine Erde im »Weltraumatlas« sehe, wie sie da im All schwebt, und dann ist die Sonne, so nah, tatsächlich aber doch fern, nämlich 150 Millionen Kilometer weit. Dazu noch die zeitliche Dimension. Das heißt dann Lichtjahre. Wahnsinn. Wie gut, dass es solche Kinderbücher gibt, damit ich das endlich verstehe. Denn mit diesem Atlas sind sicher auch bei den meisten Erwachsenen kaum noch Fragen offen.

Was ist hier los? Die Diplom-Astronomin Justina Engelmann erklärt in diesem modern gestalteten Sachbuch das große Ganze in kleinen Schritten anhand von Fotos, Modellen und Zeichnungen. Von der Erde bis zu den Galaxien bewegt man sich in vier Kapiteln durchs All. Eine kluge Idee sind die Seiten mit schwarzem Hintergrund und weißer Schrift. So bekommt man gleich ein echtes Weltall-Gefühl.

Beste Lesezeit: Beim Zelten.

Empfohlenes Alter: Ab 8 Jahren.

Spezialkarten

Der »Atlas der Gefahren« ist zwar kein ausgewiesener Kinderatlas, aber textlich und thematisch für ältere Kinder spannend und überraschend, wie mir Johann, 13, bestätigte. Die Erklärtexte sind nicht schwafelig oder erwachsen und können das Interesse für Erdkunde wecken.

Was ist hier los? Auf der ganzen Welt lauern Gefahren. Manchmal sind sie das Werk der Natur (Springfluten, Moskitos, Felsformationen), anderes ist menschengemacht: zum Beispiel arg kurze Landebahnen, Bergrouten oder heikle Leiterkonstruktionen. Dieser kompakte Atlas lebt von seinem speziellen Blick auf die Welt, verbunden mit vielen großen Fotos – und Karten natürlich.

Beste Lesezeit: Mir ist langweilig.

Empfohlenes Alter: Ab 12 Jahren.

Verschwundene Reiche, Handelswege, Kriegsfronten

Wer es mit Texten nicht so hat, wird »Was geschah wann?« mit Gewinn lesen. Die bildliche Darstellung dieses beeindruckend vielseitigen Geschichtsbuchs ist anregend für die Vorstellungskraft, und durch die geografischen Zusammenhänge erschließt sich vieles erst.

Was ist hier los? Es beginnt mit der »Wiege Afrika« und endet mit »Chinas Aufstieg«. Doch statt in Texten werden Ereignisse und Fakten von der Frühzeit bis ins 21. Jahrhundert in interessant illustrierten Karten und Grafiken dargestellt. Die Themenvielfalt ist modern, denn es geht um Ereignisse auf der ganzen Welt wie zum Beispiel Gandhis Unabhängigkeitskampf, die Besiedlung des Pazifiks oder Afrikas Königreiche.

Beste Lesezeit: Wenn das Geschichtsbuch versagt.

Empfohlenes Alter: Ab 8 Jahren.

Hintergrund: Produkttests im Ressort Tests