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Medienbericht Bundesfinanzministerium rechnet offenbar mit ungeordnetem Brexit

Großbritanniens neue Führung steuert auf den No-Deal-Brexit zu - und die Bundesregierung hält es einem Medienbericht zufolge für kaum mehr möglich, das noch zu verhindern.
Ein Brexit-Hardliner als Premier: Großbritanniens Regierungschef Boris Johnson

Ein Brexit-Hardliner als Premier: Großbritanniens Regierungschef Boris Johnson

Foto: Christopher Furlong/ Getty Images

Die Bundesregierung stellt sich einem Zeitungsbericht zufolge darauf ein, dass Großbritannien die Europäische Union (EU) ohne Anschlussvertrag verlässt. Es gebe eine "hohe Wahrscheinlichkeit" für einen ungeordneten Brexit am 31. Oktober, heißt es in einem internen Papier des Bundesfinanzministeriums, das dem "Handelsblatt" vorliegt.

Da der neue Premierminister Boris Johnson auf einem Ausstiegsvertrag ohne Backstop bestehe, müssten die Mitgliedstaaten das Szenario eines No-Deal-Brexits ernst nehmen. Es sei aktuell "nicht absehbar, dass Premierminister Johnson seine harte Verhandlungsposition" ändern werde.

Das Papier aus der Europaabteilung dient zur Unterrichtung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) über die Brexit-Entwicklungen unter Johnson. Das Finanzministerium erwartet, dass Johnson den G7-Gipfel in Biarritz Ende August für einen "großen Moment" nutzen wird, um den Durchbruch oder das Scheitern der Verhandlungen zu verkünden.

"Aus EU-Perspektive wichtig, an der bisherigen Linie festzuhalten"

"Vor diesem Hintergrund ist es aus EU-Perspektive wichtig, an der bisherigen Linie festzuhalten", heißt es in dem Papier. Die restlichen Staaten der EU lehnen es ab, den Ausstiegsvertrag nachzuverhandeln. Selbst wenn man den Backstop aus dem Ausstiegsvertrag entferne, wie Johnson es wünsche, sei die sich britische Regierung der Zustimmung des Parlaments nicht sicher, schreiben die Experten des Bundesfinanzministeriums.

Die Vorbereitungen für den ungeordneten Brexit auf deutscher und EU-Seite seien "weitgehend abgeschlossen", heißt es in dem Papier. Die EU-Kommission plane keine neuen Notfallmaßnahmen, und die bisherigen Vorbereitungen bedürften keiner Änderung. Bei einzelnen Übergangsregelungen, wie etwa für die Clearing-Häuser im Finanzsektor, müsse man wegen der Verschiebung des Brexits höchstens die Fristen anpassen.

Die Bundesregierung hat mehr als fünfzig Gesetze und Maßnahmen für den Fall eines ungeordneten Brexits beschlossen. Das Ministerium listet in dem Dokument die Übergangsregelungen im Bereich Steuern und Finanzen auf.

So gibt es eine Vereinbarung zwischen der deutschen Finanzaufsicht Bafin und der britischen FCA über grenzüberschreitende Finanzdienstleistungen. In der Zollverwaltung sei mit einem "punktuell erhöhten Abfertigungs- und Kontrollaufwand" zu rechnen. Dieser soll durch "flexiblen Personaleinsatz" und "IT-gestützte Optimierung" aufgefangen werden. Es werden aber auch 900 neue Stellen in der Behörde geschaffen.

asa