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Schluss mit Abwimmeln Kassen geloben Besserung

Es ist eine Blamage für die Krankenkassen: Versicherte der bankrotten City-BKK wurden reihenweise abgewiesen. Das soll jetzt ein Ende haben - dank Aufklärungsarbeit und einer speziellen "Kassen-Task-Force".
Krankenkasse City BKK in Berlin: 40.000 Versicherte haben bereits gewechselt

Krankenkasse City BKK in Berlin: 40.000 Versicherte haben bereits gewechselt

Foto: dapd

Berlin - Die Krankenkassen haben Besserung im Umgang mit Mitgliedern der City BKK gelobt. Sie wollen künftig alle Versicherten der bankrotten Krankenkasse anstandslos aufnehmen. Kein Versicherter werde mehr an andere Kassen verwiesen, teilten die Kassenverbände nach einem Krisentreffen am Donnerstag in Berlin mit. "Die Wahlfreiheit der Versicherten gilt."

Zuvor hatte die Bundesregierung deutliche Drohungen ausgesprochen. Der neue Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) forderte eine konkrete Lösung bis zum Wochenende. "Wenn aber die Kassen nicht in dieser Woche in der Lage sind, dann muss die Politik nächste Woche in der Koalition darüber beraten, ob wir und wenn ja welche Konsequenzen wir daraus ziehen", sagte er.

Bahr sagte, die Mitglieder der City BKK würden vom Ministerium auch über Anzeigen und das Internet auf ihren Anspruch auf Mitgliedschaft in einer anderen Kasse hingewiesen. "Das ist ein großer Imageschaden, den die Kassen sich zugefügt haben." Die Union drohte den Krankenkassen mit der Zuweisung von Versicherten sowie Geldstrafen.

Möglichst viele der Betroffenen sollen nun binnen sechs Wochen eine neue Chipkarte bekommen. Für Interessenten sollten zusätzliche Beratungsstandorte eingerichtet und die Zahl der Berater in den Servicecentern erhöht werden. Problemfälle würden einer eigens gegründeten "Kassen-Task-Force" gemeldet und öffentlich gemacht.

400 Beschwerden von gedemütigten Versicherten

Die City BKK wird am 1. Juli geschlossen. Andere Kassen in den vor allem betroffenen Städten Hamburg und Berlin hatten insbesondere ältere Patienten unter teils fadenscheinigen Begründungen abgewimmelt, obwohl sie zur Aufnahme verpflichtet sind. "Ab dem ersten Tag der Mitgliedschaft in der neuen gesetzlichen Krankenkasse hat der Versicherte Anspruch auf den gesamten Leistungskatalog", betonten die Verbände nun. Bisher seien 40.000 City-BKK-Versicherte von anderen Kassen aufgenommen worden.

"Alle wissen: Die Zeit drängt", sagte Christine Richter vom BKK Bundesverband, die das Kassentreffen moderiert hatte. Wenn Versicherte später als 1. Juli Mitglied einer neuen Kasse würden, müssen sie Behandlungskosten eventuell privat vorstrecken.

Über 400 Beschwerden von gedemütigten Versicherten seien bereits gesammelt worden, sagte der Chef der Securvita-Krankenkasse, Ellis Huber. Die Abweisung der Versicherten nannte er einen "Super-GAU" für die Krankenversicherung. "Es hat zu einem Erwachen geführt bei allen Beteiligten."

Die Union drohte, Kassenvorstände notfalls persönlich haften zu lassen. Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn sagte: "Vielleicht sollte man die Krankenkassen-Vorstände für jeden einzelnen abgewiesenen Fall in die Haftung nehmen, Geldstrafen machen sensibel." Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach unterstützte den Vorstoß. Grünen-Chefin Claudia Roth kritisierte, Geringverdiener und Ältere würden immer stärker zu Verlierern schwarz-gelber Gesundheitspolitik.

lgr/dpa/AFP