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Griechenland-Krise Berlin und Paris wollen Spekulationsgeschäfte eindämmen

Leerverkäufe, Kreditausfallversicherungen - nach Überzeugung von Kritikern haben Spekulanten diese an sich sinnvollen Finanzinstrumente missbraucht, um die Märkte zu manipulieren. Deshalb wollen Berlin und Paris den Handel damit jetzt eindämmen - notfalls auch im europäischen Alleingang.
Regierungschefs Merkel (r.) Sarkozy: Nicht warten, bis der letzte an Bord ist

Regierungschefs Merkel (r.) Sarkozy: Nicht warten, bis der letzte an Bord ist

Foto: Geert Vanden Wijngaert/ AP

Berlin - Sie haben etliche Banken ins Straucheln gebracht - und sie haben die Haushaltskrise in Griechenland jedenfalls verschärft: Kreditausfallversicherungen und ungedeckte Leerverkäufe von Aktien.

Deutschland und Frankreich haben deshalb einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zufolge beschlossen, solche Spekulationsgeschäfte mit einer gemeinsamen Initiative einzudämmen. Wie die Zeitung am Dienstag berichtet, soll dazu der Handel mit bestimmten Wertpapieren beschränkt oder sogar komplett verboten werden.

Regierungsvertreter in Berlin und Paris kündigten den Angaben nach an, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy einen Brief an EU- Kommissionschef José Manuel Barroso schreiben wollten, in dem dieser zum Handeln aufgefordert wird.

Zu den Verfassern der Erklärung gehören demnach auch der Vorsitzende der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, und der griechische Ministerpräsident Georgios Papandreou. Ziel sei eine Richtlinie, die ungedeckte Leerverkäufe von Aktien untersagt, den Handel mit Kreditausfallversicherungen (CDS) eingrenzt und Finanzgeschäfte ohne Einschaltung einer Börse beschränkt.

Ab Ende März gilt in Deutschland bereits eine Meldepflicht für Leerverkäufe. Marktteilnehmer müssen der BaFin dann Netto-Leerverkaufspositionen ab 0,2 Prozent mitteilen und ab 0,5 Prozent veröffentlichen. Dies soll die Behörde in die Lage versetzen, im Bedarfsfall schnell und gezielt gegen Leerverkäufe vorzugehen.

Aktuelles Beispiel ist Griechenland.

Bei ungedeckten Leerverkäufen veräußern Banken oder Investmentfonds Aktien, die sie gar nicht besitzen, mit dem Ziel, den Börsenkurs zu drücken und die Papiere dann günstig einzukaufen. Mit einem CDS können sich Käufer einer Staats- oder Firmenanleihe gegen einen Bankrott des Gläubigers versichern. Die Papiere werden aber immer häufiger eingesetzt, um losgelöst von ihrem eigenen Zweck auf die Pleite eines Staates oder Unternehmens zu wetten.

Nach Informationen der Zeitung sind Merkel, Sarkozy, Juncker und Papandreou zur Not auch zu einem europäischen Alleingang bereit, sollten wichtige G-20-Partner wie die USA und China nicht mitziehen. "Wir können nicht immer warten, bis der Letzte an Bord ist", hieß es in Verhandlungskreisen. Gänzlich verboten werden sollten die CDS allerdings nicht, da die Wirtschaft sie zur Absicherung benötige. Darauf hätten Vertreter des Bundesverbands der Deutschen Industrie hingewiesen.

Auch die Regierung in Athen drängt auf eine stärkere Regulierung. Hedgefonds wetteten darauf, dass Griechenland seine Kredite nicht begleichen könne, und erschwerten dem Land damit die Refinanzierung, begründete Finanzminister Giorgos Papakonstantinou die Initiative. Der gesunde Menschenverstand gebiete es, dass eine Person nicht eine Feuerversicherung auf das Haus des Nachbarn abschließen, dieses dann in Brand stecken und dann die Versicherungssumme kassieren könne.

Papakonstantinou warnte, noch seien nach der letzten Finanzkrise nicht viele Änderungen im Finanzsystem umgesetzt worden, um eine Wiederholung zu verhindern. Papakonstantinou betonte, er habe sich bei einem informellen Treffen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) Rat für die Steuer- und Haushaltsreform geholt. Es sei nicht um Finanzhilfen für sein Land gegangen.

mik/dpa-AFX/AFP/Reuters/apn