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Finanzkrise Griechische Steuerbeamte sollen Umgang mit wütenden Bürgern lernen

Anti-Aggressions-Training für Griechenlands Steuerfahnder: Weil sich tätliche Angriffe von zahlungsunfähigen Bürgern häufen, sollen die Beamten zu deeskalieren lernen - unter anderem mit Billy, dem Walross.
Proteste gegen Sparpolitik von Lehrern und städtischen Angestellten: "Die Seminare sind lächerlich"

Proteste gegen Sparpolitik von Lehrern und städtischen Angestellten: "Die Seminare sind lächerlich"

Foto: Yannis Kolesidis/ dpa

Athen - Steuerbeamter in Griechenland ist dieser Tage ein Horrorjob. Nach unzähligen Steuererhöhungen sind viele Griechen sauer auf ihre Regierung - und die Beamten, die das Geld eintreiben sollen. Drohungen gegen Steuerfahnder häufen sich, tätliche Angriffe auch. Doch nun haben die Steuereintreiber einen neuen Freund an ihrer Seite: Billy, das Walross.

Der ängstliche Arktisbewohner traut sich nicht, dem jähzornigen Anführer seiner Sippe schlechte Nachrichten zu überbringen. Die Geschichte von Billys Wandlung ist integraler Bestandteil des Anti-Aggressions-Trainings, das alle griechischen Steuerbeamten nun belegen müssen. Auch Rollenspiele mit harschen Anrufern gehören zu dem Programm.

Die Seminare werden aus einem EU-Programm finanziert und sollen den griechischen Steuerfahndern beibringen, wie sie auf die Wut ihrer Kunden reagieren können.

Der Verband der Steuerfahnder räumt ein, dass Hilfe durchaus willkommen wäre - doch nicht auf diese Art: "Offen gesagt, das ist lächerlich", sagte Trifonas Alexiadis, stellvertretender Vorsitzender des Verbands. Seminare seien sinnvoll, aber nicht, wenn sie sich auf Grundschulniveau bewegten.

Dabei ist die Situation für die Fahnder durchaus ernst. Die Angriffe auf die Beamten seien keine Seltenheit, einmal fielen sogar Schüsse, ein anderes Mal sei eine Axt im Spiel gewesen, erzählt Alexiadis.

Doch die Wut der Bürger habe ihren Grund, sagt Alexiadis. Die Steuereintreiber müssten nicht allein mit Aggressionen umgehen, sondern mit der Realität. So führt etwa die Vermögensabgabe auf Elektrizität in zahlungsunfähigen Haushalten dazu, dass ihnen der Strom abgestellt wird. "Der Druck auf Menschen, die nicht zahlen können, ist zu groß", meint Alexiadis.

Die Steuerbeamten spüren den Sparzwang Griechenlands auch selbst. Um gegen die erheblichen Kürzungen ihrer Gehälter zu protestieren, wollen sie sich am Mittwoch einem 24-stündigen Streik der Gewerkschaft der öffentlich Bediensteten anschließen.

ade/sun/AP