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Ausbeutung der Ozeane Fischern gehen die Fanggründe aus

Die Menschheit beutet die Meere gnadenlos aus: Riesige Gebiete werden buchstäblich leergefischt, danach sind neue Regionen an der Reihe. Doch diese Zeiten sind vorbei, wie eine neue Studie zeigt. Es gibt so gut wie keine unberührten Fanggründe mehr.
Fisch-Verarbeitung im Cabo-Pulmo-Nationalpark in Mexiko: Schutzgebiete sind Mangelware

Fisch-Verarbeitung im Cabo-Pulmo-Nationalpark in Mexiko: Schutzgebiete sind Mangelware

Foto: LUIS ACOSTA/ AFP

Es steht nicht gut um die Ozeane. Viele Fischbestände stehen kurz vor dem Zusammenbruch, ganze Meeresregionen gelten als praktisch leergefischt. Jetzt stellen Forscher eine neue Studie vor, die belegt, was schon lange befürchtet wurde: Das Erschließen neuer Fanggründe kann die gnadenlose Ausbeutung der Ozeane nicht mehr kompensieren. Die Fischerei befindet sich demnach in einem unaufhaltsamen Sinkflug.

Das Team um Wilf Swartz von der University of British Columbia im kanadischen Vancouver wertete Daten aus den Jahren von 1950 bis 2005 aus - und errechnete atemberaubende Zahlen. Die Fischerei startete demnach in Küstengewässern des Nordatlantiks und Nordwestpazifiks, griff auf die Hochsee über, um sich dann nach Süden zu wenden - mit einer Geschwindigkeit von fast einem Breitengrad pro Jahr. Bis zu den siebziger Jahren seien die Fischereigründe jährlich um je eine Million Quadratkilometer ausgedehnt worden, schreiben Swartz und seine Kollegen im Online-Fachmagazin "PLoS One" . Von den achtziger bis in die frühen neunziger Jahre habe sich die Rate der Ausdehnung verdreifacht. Am Ende sei jedes Jahr eine Fläche von der Größe des Amazonas-Regenwalds hinzugekommen.

Fangmengen schrumpfen seit Jahren

Diese Ausweitung der Fischerei auf immer neue Gebiete sei eine der Ursachen dafür, dass es überhaupt noch so viel Fisch zu kaufen gebe, so die Forscher. Laut ihren Berechnungen erreichte die Fischerei aber schon 1987 ihren Höhepunkt - mit einer Fangmenge von 90 Millionen Tonnen. Das entsprach nahezu einer Verfünffachung im Vergleich zu 1950, als 19 Millionen Tonnen in die Netze gingen. Doch seit Ende der neunziger Jahre ging es bergab: 2005 wurden nur noch 87 Millionen Tonnen Fisch angelandet.

Dieser Rückgang zeuge keineswegs von erfolgreichen Schutzmaßnahmen, betonen die Forscher. "Es zeigt eher, dass wir schlicht keinen Raum mehr haben, um die Fischereigewässer auszudehnen", erklärte Swartz. Noch immer hätten viele Menschen ein romantisches Bild von der Fischerei als etwas, das von wenigen rauen Männern betrieben werde. In Wahrheit sei die Fischerei seit Jahrzehnten von Konzernen beherrscht, die eine Politik des leergefischten Meeres verfolgten - "bis nichts mehr übrig ist", sagt Co-Autor Daniel Pauly.

Die Forscher analysierten nicht allein die Zahlen der angelandeten Tiere. Sie berücksichtigten zudem, wie viele Algen und andere Kleinstlebewesen ("Primärproduktion") nötig sind, um die jeweilige Fangmenge zu ernähren. Das ist vergleichbar mit der Menge Gras, die jährlich gebraucht wird, um Milch oder Fleisch zu gewinnen. Durch diese Methode können die Forscher nach eigenen Angaben die Auswirkungen der Fischerei auf verschiedene Arten vergleichen, beispielsweise Thunfisch oder Sardinen.

Swartz und seine Kollegen weisen darauf hin, dass die Datenbasis ihrer Untersuchung nicht vollständig ist. Aus afrikanischen Gewässern lägen wenige Daten vor, und im Pazifik gebe es einen hohen Anteil von Piratenfischern.

Nur 0,1 Prozent der Ozeane seien als Schutzgebiete ausgewiesen, in denen die Fischerei verboten sei, erklären die Forscher. Die US-Umweltschutzorganisation Nature Conservancy geht in ihrem Bericht "Global Ocean Protection"  zwar von 1,2 Prozent aus - was einer Verdreifachung seit 2003 entspreche. Dennoch liege dieser Anteil immer noch weit unter dem Ziel von zehn Prozent an Meeresschutzgebieten, das sich die internationale Staatengemeinschaft gesetzt hat - und deutlich unter dem, was Biologen für nötig halten, damit das Ökosystem Meer langfristig bewahrt werden kann.

mbe/dpa