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Bedrohte Giganten: Eisbären in der Arktis

Foto: DB Greenpeace/ dpa

Hochrechnung Eisbären verlieren wichtige Heimatregion

Sterben die Eisbären aus wegen des Klimawandels? Simulationen zufolge verlieren die Tiere an Lebensraum: Aufgrund der Meereis-Schmelze in der Arktis droht eines ihrer wichtigsten Jagdreviere zu verschwinden.

Ein Eisbär, der einsam auf einer Eisscholle treibt. Dieses Bild ist zum Symbol für das Schmelzen der Polkappen und damit für die Folgen des globalen Klimawandels geworden. Nun bringt ein kanadisches Forscherteam das Symbolbild wieder ins Gespräch.

Stephen Hamilton von der University of Alberta und seine Kollegen sagen voraus, dass durch eisfreie Monate im Meer der Arktis die rund 25.000 Eisbären auf der Welt einen ihrer Lebensräume verlieren werden - den kanadisch-arktischen Archipel.

Dass Eisbären durch eisfreie Perioden bedroht sein könnten, ahnten Wissenschaftler schon länger. Brechen die eisigen Verbindungen weg, wird es für die Einzelgänger schwieriger, einen Partner zur Fortpflanzung zu finden. Das größte Problem für die Tiere ist jedoch, dass sie ohne Meereis weniger Chancen haben, Seerobben zu jagen, von denen sie sich ernähren.

"Zwar können Eisbären auch längere Perioden ohne Meereis und damit ohne Nahrung aushalten", erklärt Hamilton. "Wenn dieser Zustand aber über Jahre anhält, werden die Tiere schwächer und können sich schlechter fortpflanzen."

19 Eisbärregionen

Von den 19 unterschiedlichen Eisbärpopulationen, die rund um den Nordpol leben, gibt es anscheinend bereits einige, die unter diesem Problem heute schon leiden. Dazu gehören die Eisbären in der kanadischen Hudson Bay und die Population, die in der südlichen Beaufort-See zwischen Kanada und Alaska heimisch ist.

Bislang nahm man jedoch an, dass der kanadisch-arktische Archipel ein verlässlicher Rückzugsort für die Bären wäre, dank seiner stabilen Eisverhältnisse. Die jetzt im Fachblatt "PLoS ONE" erschienene Studie  von Hamiltons Forschungsteam aber stellt nun diese Hoffnung in Frage.

Für ihre Untersuchung haben die Wissenschaftler ein Klima-Simulationsmodell verwendet. Dieses sei so präzise, dass es die Entwicklung des Meereises vorhersagen könne. "Die Inseln sind durch viele enge Kanäle getrennt. Darum konnten bisherige Modelle nicht genau sagen, was mit dem Eis in diesen Bereichen passieren wird", sagt Hamilton. Das jedoch sei nun möglich.

Ideal ist brüchiges Eis

Die Forscher ermittelten auf Grundlage des Modells für die folgenden Jahrzehnte die eisbedeckte Fläche - und darauf basierend mögliche Eisbärenpopulationen. Sie schauten sich an, an wie vielen Tagen im Jahr die jeweilige Region laut der Simulationen eisfrei sein könnte.

Brüchige Eisdecken sind für die Bären zunächst nichts Schlimmes. Im Gegenteil: Ist die Eisdecke zu stabil, können keine Ringelrobben aus dem Meer auftauchen und auf das Eis kommen. Die Jagd nach Beute ist dann kaum möglich.

"Ideal sind für Eisbären Regionen, in denen nur 60 bis 80 Prozent des Jahres das Seeeis die Fläche bedeckt" erklärt Jon Aars, norwegischer Polarforscher, der nicht an der Studie beteiligt war. Genau diesem Umstand soll die neue Studie Rechnung tragen, weswegen Aars sie für solide hält.

Erwärmung zu schnell

Stimmen also nun die Berechnungen der kanadischen Forscher, wird im letzten Viertel unseres Jahrhunderts der kanadisch-arktische Archipel über fünf Monate lang eisfrei sein. Somit würde der kritische Wert von 60 Prozent Eisbedeckung unterschritten. Die Überlebensperspektiven der Eisbären in dieser Region jedenfalls würden demnach schrumpfen.

Doch kann der Eisbär in den nächsten Jahrzehnten nicht lernen, sich dem Klimawandel anzupassen? Seinen Speiseplan von Robben auf andere Tiere umzustellen, das gehe jedenfalls nicht, erklärt Todd Atwood, Biologe am Alaska Ice Center. "Eisbären haben über Zehntausende von Jahren ihren Stoffwechsel und ihre Ernährung auf fettreiche Meeressäuger wie Robben abgestimmt. Die aktuelle Erwärmung in der Arktis passiert zu schnell, als dass sie das ändern könnten."

Zwar bleibt für einzelne Exemplare immer noch die Möglichkeit, sich mit ihren Artgenossen den Braunbären zu paaren und somit ihr eigenes Erbgut weiterzugeben. "Die Nachkommen sind am Ende jedoch immer noch Braunbären mit vielleicht ein paar Eisbärgenen. Die Art als solche rettet das jedenfalls nicht", meint Aars.