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Uno-Klimakonferenz USA brüskieren Weltgemeinschaft - mit einem Wort

Die USA und drei weitere Staaten stürzen die Weltklimakonferenz in eine Krise - wegen eines Verbs im Protokoll. Wie stellt sich die Versammlung zum eigens für den Gipfel bestellten Klimareport?
Katowice während der Klimakonferenz

Katowice während der Klimakonferenz

Foto: REUTERS/ Agencja Gazeta

Auf der Klimakonferenz im polnischen Katowice will die Weltgemeinschaft eigentlich ein Regelwerk für den Klimavertrag beschließen, ein schwieriges Vorhaben - immerhin aber schien wenigstens der Auftakt einfach.

Was für ein Irrtum.

Es ging um eine simple Würdigung: Der Klimareport, den der Uno-Klimarat im Oktober veröffentlicht hatte, sollte anerkannt werden, so stand es auf der Tagesordnung. Die Ergebnisse des Klimareports sollen als Grundlage der Verhandlungen dienen.

Das sollte kein Problem sein, so schien es, schließlich hatte die Uno-Klimakonferenz selbst den Report vor drei Jahren in Auftrag gegeben, um die Folgen einer globalen Erwärmung von 1,5 Grad besser zu verstehen. Ergebnis: Selbst eine solch geringe Erwärmung berge ernste Risiken, stellten die Klimaexperten fest.

"Zur Kenntnis genommen werden" sollte der Klimareport nun laut Protokoll der Konferenz. Die Formulierung aber klang vielen Ländern zu schwach. Der Report sollte von der Weltgemeinschaft stattdessen "begrüßt werden", forderten sie. Es war der Auftakt einer Eskalation.

Einspruch von Saudi-Arabien

Anhand von Aufzeichnungen der nicht öffentlichen Verhandlungen konnte der SPIEGEL rekonstruieren, was im Plenum der Klimakonferenz am Wochenende geschah.

Vertreter des Karibikstaates St. Kitts setzten zunächst das Thema offiziell auf die Tagesordnung. Im Plenum der Klimakonferenz in Katowice sprachen sich nacheinander zahlreiche Staaten dafür aus, den Klimabericht ausdrücklich "zu begrüßen".

Dann meldete sich Saudi-Arabien zu Wort.

Man begrüße die Leistung der Wissenschaft, sagte der Vertreter des Landes mit diplomatischer Gewitztheit. Er wollte also kein "Begrüßen des Reports", lediglich das "Begrüßen der Leistung der Wissenschaftler".

Drei weitere Staaten schlossen sich an: die USA, Russland und Kuwait. "Wir schätzen die harte Arbeit der Klimaforscher", sagte der Vertreter der USA.

"Welches Signal senden wir?"

Entsetzen im Saal. Wenn man noch nicht einmal den selbst bestellten Klimareport begrüßen könnte, auf dem man Politik aufbauen wollte - wie könnte man dann bei schwierigen Themen der Konferenz vorankommen, fragten sich Delegierte.

Ein Vertreter der Malediven, deren Inseln vom Meeresspiegelanstieg bedroht werden, fragte erregt ins Plenum: "Welches Signal senden wir der Welt, wenn wir die beste Wissenschaft nicht begrüßen, deren Botschaft von größter Dringlichkeit ist?"

Kolumbien drohte: Ohne eine ausdrückliche Begrüßung könnte es keine Einigung geben. "Wir können nicht akzeptieren, dass wir den Klimabericht einfach nur zur Kenntnis nehmen", ergänzte Costa Rica.

"Das Plenum ist dafür da, Gegensätze aufzuzeigen", entgegnete Saudi-Arabien. Man werde nicht nachgeben. "Aber wir müssen der Welt doch zeigen, dass wir die Signale der Wissenschaft verstehen", protestierten die Malediven.

"Enttäuscht" sei man, sagte die EU im Plenum. Das Thema wurde vertagt.

Vorbote einer Krise?

Die Eskalation scheint zu zeigen: Die USA und ihre Verbündeten stellen sich offen gegen Fortschritt der Klimaverhandlungen. US-Präsident Donald Trump hatte bereits den Austritt seines Landes aus dem Klimavertrag angekündigt, er muss allerdings die Kündigungsfrist von drei Jahren wahren.

Saudi-Arabien und Kuwait hoffen als Erdölstaaten seit jeher auf eine laxe CO2-Politik. Auch Russland war stets skeptisch gegenüber dem Klimavertrag. Beobachter der Verhandlungen fürchten, der Streit um das Wort "begrüßen" sei nur der Auftakt für eine größere Krise des Weltklimavertrags.

Dabei sei ein Dankeschön an die Wissenschaft doch das Mindeste, meint Christoph Bals, der für die Umweltorganisation "Germanwatch" seit Langem für einen strengen Klimavertrag kämpft. Überfällig hingegen sei das Bekenntnis der Klimakonferenz, dass man sich an den Erkenntnissen des Klimareports orientiere - an den darin skizzierten Risiken eines fortschreitenden Klimawandels.