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Methan-Emissionen Stauseen könnten heimliche Klimasünder sein

Es sind Gasblasen wie beim Öffnen einer Champagnerflasche: Schweizer Forscher haben in einem Stausee der Aare überraschend hohe Methan-Emissionen festgestellt. Wirken andere Reservoire ähnlich problematisch auf das Klima?
Stausee (Sajano-Schuschensker Damm in Russland): Quelle für Methan-Emissionen?

Stausee (Sajano-Schuschensker Damm in Russland): Quelle für Methan-Emissionen?

Foto: ALEXANDER NEMENOV/ AFP

Bern - Wasserkraft ist gut fürs Klima - an dieser grundsätzlichen Feststellung wird sich wohl auch in Zukunft nichts ändern. Und doch scheinen neueste Erkenntnisse Schweizer Forscher zumindest ein wenig am umweltfreundlichen Nimbus dieser Form der Energieerzeugung zu kratzen.

Kohlendioxid

Sollten sich die Erkenntnisse aus dem Wohlensee nordwestlich von Bern verallgemeinern lassen, könnten aus den Speicherbecken beachtliche Mengen des Klimagases Methan entweichen. Beim Aufheizen der Erdatmosphäre ist Methan etwa 25-mal so wirkungsvoll wie - unter Umständen sogar noch mehr. Deswegen sind selbst kleinere Mengen durchaus interessant.

Pro Quadratmeter Seefläche steigen im Schnitt täglich über 150 Milligramm Methan aus dem Stausee in den Himmel, haben Forscher um Tonya Del Sontro vom Schweizer Wasserforschungsinstitut Eawag herausgefunden. Verglichen mit dem, was ein Großkraftwerk ausstößt, ist das zwar immer noch wenig. Doch hochgerechnet auf seine gut dreieinhalb Quadratkilometer Fläche produziert der See damit immerhin 150 Tonnen Methan pro Jahr.

"Im Sommer sieht das Wasser des Wohlensees manchmal aus wie Champagner", sagt Del Sontro. "Unmengen von Gasblasen steigen vom Grund an die Oberfläche." Die Emissionen entsprechen nach Eawag-Angaben im Bezug auf ihre Klimawirksamkeit etwa 25 Millionen gefahrenen Autokilometern. Auch eine Rinderherde mit 2000 Tieren würde ähnlich viel Methan produzieren. "Ganz so klimaneutral wie bisher angenommen ist die Wasserkraft also nicht", sagt Del Sontro, deren Team die Ergebnisse im Fachmagazin "Environmental Science and Technology"  vorstellt.

Der Effekt war von Stauseen in den Tropen durchaus bekannt, zum Beispiel vom Kariba-Damm in Sambia. Dass das Phänomen in diesem Umfang auch in gemäßigten Klimazonen auftreten kann, verblüffte die Wissenschaftler jedoch. Das Methan entsteht dadurch, dass sich vom Fluss mitgeführtes organisches Material im Stausee sammelt - und dort vor allem bei höheren Temperaturen von Mikroorganismen zersetzt wird.

In den Stauseen der Alpen ist das wegen der niedrigen Wassertemperaturen kein Problem, fanden die Forscher heraus - im wärmeren Wasser der Aare aber sehr wohl. Weitere Untersuchungen müssen nun klären, ob das Phänomen auch in anderen Stauseen auftritt.

chs