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SPIEGEL ONLINE

Restaurants in Vietnam Grausames Affenschlachten

Kaum ein Land beherbergt so viele bedrohte Primatenarten wie Vietnam. Doch schon bald werden die meisten von ihnen ausgerottet sein - Affenfleisch gilt in dem Land als Delikatesse. Mit versteckter Kamera gelang es SPIEGEL ONLINE, in Affenfleisch-Restaurants zu filmen. Es sind grauenhafte Bilder.

Irgendwo in einem Dorf in Zentralvietnam. Draußen sitzen ein paar junge Männer und lassen es sich schmecken. Auf dem runden Tisch vor ihnen befindet sich ein Fleischgericht. Es könnte Schwein sein oder Rind, aber es ist Affenfleisch. Dazu wird reichlich Bier getrunken. Von dem Fremden, der gerade vorbeikommt, um mal einen Blick in die Küche zu werfen, nehmen sie keine Notiz.

Eine deutsche Tierärztin in Vietnam ist mit dem Problem vertraut. Sie ist Spezialistin für Loris, sogenannte Faulaffen, und berichtete, in welcher Geschwindigkeit ihre Forschungsobjekte von der Bildfläche verschwinden. "Die Jagd ist ein beliebter Freizeitsport geworden", sagte sie, "am Wochenende schwingen sich die jungen Männer aufs Moped und fahren in den Wald." Die Affen würden später als Haustiere auf Märkten landen oder als Buschfleisch. Überall im Land gebe es Restaurants, die auch Affenfleisch auf der Speisekarte haben. Schon seien ganze Wälder regelrecht leer gegessen.

SPIEGEL ONLINE hat deshalb einen Blick hinter die Kulissen dieser Affenrestaurants geworfen. Da Ausländer in solchen Geschäften Misstrauen erregen, gab sich ein Vietnamese als Kunde aus, der für sein Restaurant in Hanoi auf der Suche nach Nachschub war. So wurde er eingeladen in die Hinterzimmer, Lagerhallen und Küchen der Affenschlächter. Die Bilder, die er mitbrachte, sind erschütternd.

Brutales Töten für Feinschmecker

Eine Szene spielt sich in einem düsteren Raum ab, in dem ein Affe zu erkennen ist. Es scheint ein Makak zu sein, sein Fell ist braun. Seine Arme sind hinter dem Rücken zusammengebunden. Das Tier liegt auf dem Boden, die starke Hand des Kochs drückt es zu Boden. Dann gießt eine Frau immer wieder heißes Wasser aus einem Plastikeimer über den Kopf des Tiers, und der Koch beginnt, dem Makaken die Haare auszurupfen. Seltsamerweise schreit das Tier kaum. Doch man sieht, wie es sich windet, mit dem Schwanz schlägt, um sein Leben kämpft. Wenig später kann man erkennen, wie der Küchenchef immer wieder mit einem Buschmesser auf den kahlen Schädel des lebenden Tieres einschlägt. Wenig später ist es tot.

Fotostrecke

Vietnam: Affen als Delikatessen

Foto: Thilo Thielke

Das Blut wird von der Frau in einer Plastiktüte aufgefangen. Der Rest landet im Nebenraum, wo schon zwei andere Affenkadaver enthaart und ausgenommen darauf warten, verarbeitet zu werden. Fast alles wird verwertet: das Fleisch gebraten, die Innereien gekocht, der Penis getrocknet. Was nicht der Sättigung dient, kann als traditionelle chinesische Medizin zu Geld gemacht werden. Im Vorraum lagern Dutzende tiefgefrorener Affen. Ein paar hundert könnten sie binnen weniger Wochen liefern, verkündet die Inhaberin des Restaurants stolz.

"Die Märkte sind voll von Buschfleisch", sagt der Schweizer Artenschützer und Naturfotograf Karl Ammann. "Durch das Wirtschaftswachstum und die bessere Infrastruktur wird es nur noch schlimmer." So würden derzeit selbst die entlegensten Regionen Südostasiens erschlossen; gleichzeitig sei der Verzehr seltener Tiere zur Mode geworden. "In Asiens Partyszene werden Tigerpenisse und Nashornpulver herumgereicht wie andernorts Kokain", sagt Ammann.

"In unserer Gegend wimmelt es von Affenrestaurants"

Seit anderthalb Jahren ist der Deutsche Georg Kloeble in Vietnam tätig. In der Provinz Thanh Hoa, rund 240 Kilometer südöstlich von Hanoi, baut er im Auftrag der deutschen Entwicklungshilfe den Forstschutz auf, ist für zwei Provinzen zuständig. "Anfangs hat sich wirklich niemand um die Tiere gekümmert", sagt Kloeble, der zuvor mehr als 20 Jahre lang in Malawi lebte, sich dort dem Überleben der Elefanten widmete und die Tierschutzorganisation Wildlive Action Group International ins Leben rief. Mittlerweile aber trügen seine Bemühungen, den Vietnamesen den Artenschutz näherzubringen, Früchte. Weil immer mehr Tiere konfisziert würden, hätte sich seine Forststation in einen kleinen Zoo verwandelt, der unter anderem 17 Affen, Pangoline und zwei Kragenbärenbabys beherbergt.

Damit sind die Unterbringungskapazitäten erschöpft. Besonders die Bären benötigen viel Platz. "Speziell für die Bären brauchen wir dringend sofortige Unterstützung, um ihnen so schnell wie möglich ein Gehege im Xuan-Lien-Naturreservat aufzubauen", sagt Kloeble. "Die Fütterung der Tiere mit Babynahrung und Obst kostet pro Bär etwa 1500 Euro pro Jahr."

Natürlich weiß Kloeble, dass er sich eine Sisyphusarbeit aufgehalst hat. "In unserer Gegend wimmelt es von Affenrestaurants." Der Kampf gegen das gesetzlich verbotene Treiben ist mühsam. Ein System von Informanten ist nötig, um die Läden aufzuspüren. Zudem schießen neue Restaurants wie Pilze aus dem Boden. Vom Erfolg seiner Arbeit ist Kloeble dennoch überzeugt: "Es dauert zwar lange, aber immerhin tut sich etwas."