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Unendliche Weiten Hubble wirft tiefsten Blick ins All

Eigentlich sollte das Weltraumteleskop Hubble nur schwach leuchtende Sterne in der Andromeda-Galaxie beobachten. Doch zum Star des Bildes wurde eine Nebensache - der Hintergrund.
Von Martin Paetsch
Weitblick ins Weltall: Die Sterne in diesem vergrößerten Ausschnitt gehören zum Halo der nahen Andromeda-Galaxie, die außerhalb des Sichtfeldes liegt. Die Galaxien dazwischen sind hingegen Milliarden Lichtjahre entfernt.

Weitblick ins Weltall: Die Sterne in diesem vergrößerten Ausschnitt gehören zum Halo der nahen Andromeda-Galaxie, die außerhalb des Sichtfeldes liegt. Die Galaxien dazwischen sind hingegen Milliarden Lichtjahre entfernt.

Foto: NASA/ ESA / STScI
Havarien im Hintergrund: Die Andromeda-Galaxie hat sich schon von dem kosmischen Unfall erholt, in den sie vor Milliarden von Jahren verwickelt war. Tiefer im Universum sind die Kollisionen noch im vollen Gange, wie diese zerzausten Sternansammlungen zeigen.

Havarien im Hintergrund: Die Andromeda-Galaxie hat sich schon von dem kosmischen Unfall erholt, in den sie vor Milliarden von Jahren verwickelt war. Tiefer im Universum sind die Kollisionen noch im vollen Gange, wie diese zerzausten Sternansammlungen zeigen.

Foto: NASA/ ESA / STScI
Schwache Spiralen: Unter den Tausenden von Galaxien, die auf der Hubble-Aufnahme hervortreten, besitzen die schwächsten eine scheinbare Helligkeit von 31 Magnituden - das ist zehn Milliarden Mal schwächer als der schwächste Stern, der sich mit bloßem Auge gerade noch erkennen lässt.

Schwache Spiralen: Unter den Tausenden von Galaxien, die auf der Hubble-Aufnahme hervortreten, besitzen die schwächsten eine scheinbare Helligkeit von 31 Magnituden - das ist zehn Milliarden Mal schwächer als der schwächste Stern, der sich mit bloßem Auge gerade noch erkennen lässt.

Foto: NASA/ ESA / STScI
Haltung bewahren: Diese ferne Galaxie präsentiert dem Hubble-Teleskop ihre Spiralstruktur in perfekter Draufsicht. Doch einige Abweichungen von der Idealfigur zeigen, dass auch sie nicht ungeschoren davongekommen ist.

Haltung bewahren: Diese ferne Galaxie präsentiert dem Hubble-Teleskop ihre Spiralstruktur in perfekter Draufsicht. Doch einige Abweichungen von der Idealfigur zeigen, dass auch sie nicht ungeschoren davongekommen ist.

Foto: NASA/ ESA / STScI
Form verloren: Während viele Hintergundgalaxien ihre frühere Gestalt wenigstens andeutungsweise bewahrt haben, ist diese Sternansammlung völlig außer Fassung geraten.

Form verloren: Während viele Hintergundgalaxien ihre frühere Gestalt wenigstens andeutungsweise bewahrt haben, ist diese Sternansammlung völlig außer Fassung geraten.

Foto: NASA/ ESA / STScI
Stellares Stelldichein: Durch das Halo der Andromeda-Galaxie bewegen sich nicht nur Individualreisende, sondern auch ganze Ausflugsgruppen. Dieser Kugelsternhaufen besteht aus über 100.000 zumeist sehr alten Sonnen.

Stellares Stelldichein: Durch das Halo der Andromeda-Galaxie bewegen sich nicht nur Individualreisende, sondern auch ganze Ausflugsgruppen. Dieser Kugelsternhaufen besteht aus über 100.000 zumeist sehr alten Sonnen.

Foto: NASA/ ESA / STScI


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Das Hubble-Teleskop hat tiefer ins Universum geblickt als je zuvor - und das, obwohl es eigentlich Objekte in kosmischer Nahdistanz anvisieren sollte. Die Aufgabe, die das Weltraumobservatorium diesmal zu erledigen hatte, war die Beobachtung schwach leuchtender Sterne in der Andromeda-Galaxie. Mit einer Distanz von rund 2,5 Millionen Lichtjahren gehört die Spirale zu den nächsten Nachbarn unserer Milchstraße.

Ein Forscherteam um Tom Brown vom Space Telescope Science Institute in Baltimore (US-Staat Maryland) richtete das Teleskop im Laufe von 120 Erdumrundungen immer wieder auf ein kleines Gebiet in der Nähe der Andromeda-Galaxie. Die so entstandene Aufnahme zeigt nicht nur zahlreiche blasse Sonnen in der Galaxienhülle, dem so genannten Halo. Auch Tausende weit entfernter Hintergrundgalaxien treten hervor.

Ziel der Dauerbeobachtung war es, bislang verborgene Sternpopulationen im kugelförmigen Halo zu enthüllen. Zuvor konnten Teleskope nur die hellsten Sterne aus der galaktischen Randzone identifizieren. Mit dem neuen Hauptinstrument von Hubble, der Advanced Camera for Surveys, ließen sich jetzt auch Durchschnittsgestirne aus der Größenklasse unserer Sonne aufspüren.

Als die Forscher die Andromeda-Normalos mit Sternen im hiesigen Halo verglichen, erlebten sie jedoch eine Überraschung: Während die Außenseiter in unserer Galaxis ein stattliches Alter von 11 bis 13 Milliarden Jahren erreichen, sind sie in der Nachbargalaxie, die bislang als Beinahe-Zwilling der Milchstraße galt, wesentlich jünger, nämlich sechs bis acht Milliarden Jahre.

Der rätselhafte Altersunterschied geht, wie Brown vergangene Woche auf einem Symposium des Space Telescope Science Institute berichtete, wahrscheinlich auf eine gewaltige Katastrophe vor Milliarden von Jahren zurück. Damals kollidierte die Andromeda-Galaxie, so das Szenario der Wissenschaftler, entweder mit einer ebenbürtigen Sternansammlung, oder sie verleibte sich gleich mehrere kleinere Galaxien ein.

Der hohe Anteil schwerer Elemente in den jetzt entdeckten Sonnen, der größer ist als in der Halo-Population der Milchstraße, lässt verschiedene Möglichkeiten zu: Entweder wurden bei der Kollision Sterne aus den Scheiben der Andromeda-Galaxie oder eines größeren Partners gerissen, die später im Halo unseres Nachbarn landeten. Oder es entstanden, begünstigt vom Zusammenprall der Giganten, viele neue Sterne.

Die Hubble-Stichprobe könnte helfen, die Entstehung von Großgalaxien wie der Andromeda-Galaxie und der Milchstraße besser zu verstehen. Dass es auf dem Weg von der Junggalaxie zur ausgewachsenen Spirale häufiger kracht, zeigt jedoch schon der Bildhintergrund: Die Mehrheit der dort erkennbaren Sternansammlungen ist von kosmischen Nahkämpfen gezeichnet.

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