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Grundlagen der Dampftechnik und Wärmeübertragung

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Methoden zur Abschätzung des Dampfverbrauches

Die optimale Gestaltung eines Dampfsystemes hängt stark davon ab, ob die Dampfverbrauchsmenge sorgfältig ermittelt wurde. Dies ermöglicht es, Rohrleitungsgrößen zu berechnen, während  Ausrüstungsteile wie Regelventile und Kondensatableiter so ausgelegt werden können, dass sie bestmöglich funktionieren. Der Dampfbedarf einer Anlage kann unter Verwendung einer Reihe verschiedener Methoden ermittelt werden.

Berechnung
Die Analyse der Heizleistung eines Anlagenteiles mit Hilfe von Wärmeübertragungsgleichungen kann es ermöglichen, eine Abschätzung des Dampfverbrauches zu erhalten. Obwohl die Wärmeübertragung keine exakte Naturwissenschaft ist und es vielleicht viele unbekannte Variablen geben kann, ist es möglich, vorangegangene Versuchsergebnisse aus ähnlichen Anwendungen zu nutzen. Die durch diese Methode erzielten Ergebnisse sind normalerweise für die meisten Anwendungsbereiche ausreichend genug. 

Messung
Der Dampfverbrauch kann durch direkte Messung mit Durchflussmessern ermittelt werden. Dies liefert relativ genaue Daten über den Dampfverbrauch in einer bestehenden Anlage. Allerdings ist diese Methode für eine Anlage, welche sich noch in der Auslegungsphase befindet oder noch nicht in Betrieb ist, von geringem Nutzen.

Wärmeleistung
Die Wärmeleistung (oder Auslegungsleistung) wird oft auf dem Typenschild eines individuellen Anlagenteiles angegeben, welches von einem Hersteller geliefert wurde. Diese Leistung gibt normalerweise die zu erwartende Heizleistung in kW wieder, die erforderliche Dampfmenge in kg/h wird aber vom vorgegebenen Dampfdruck abhängen.

Eine Veränderung irgendeines Parameters, welche vielleicht die angenommene Heizleistung ändert, bedeutet, dass die (Auslegungs-) Wärmeleistung und die angeschlossene Leistung (tatsächlicher Dampfverbrauch) nicht identisch sein werden. Die vom Hersteller angegebene Leistung ist die Angabe der optimalen Kapazität eines Anlagenteiles und muss nicht unbedingt der angeschlossenen Leistung entsprechen.

Berechnung

Bei den meisten Anwendungen ist die im Dampf enthaltene Wärme dafür erforderlich, um zwei Aufgaben zu erfüllen:

  1.  Eine Temperaturänderung in einem Produkt zu erzeugen, d. h. eine Aufheizkomponente zu liefern.
  2.  Eine Produkttemperatur aufrecht zu erhalten, weil die Wärme auf Grund von natürlichen Ursachen oder auf Grund der Auslegung verloren geht, d. h. eine Wärmeverlustkomponente zu liefern.

Bei jedem Heizprozess wird die Aufheizkomponente abnehmen, wenn die Produkttemperatur ansteigt und die Temperaturdifferenz zwischen der Heizschlange und dem Produkt geringer wird. Dagegen wird die Wärmeverlustkomponente größer werden, wenn die Produkttemperatur ansteigt und mehr Wärme vom Behälter und den Rohrleitungen an die Umgebung verloren geht.

Der gesamte Wärmebedarf ist dabei immer die Summe dieser beiden Komponenten.

Die Gleichung, um die erforderliche Wärmemenge für die Temperaturerhöhung einer Substanz zu ermitteln (Gleichung 2.1.4 aus Modul 2.1), kann dahingehend weiterentwickelt werden, dass sie für eine Reihe von Wärmeübertragungsprozessen anwendbar ist.

In ihrer ursprünglichen Form kann diese Gleichung dazu verwendet werden, um die Gesamtmenge der Heizenergie für den vollständigen Prozess zu bestimmen. In ihrer aktuellen Form berücksichtigt sie die Wärmeübertragungsmenge jedoch nicht. Um die Wärmeübertragungsmengen zu bestimmen, können die verschiedenen Arten der Wärmetauscheranwendungen in zwei allgemeine Kategorien eingeteilt werden:

Stehende Anwendungen
bei denen das zu beheizende Produkt eine stationären Masse und ein einzelnes Los (Batch) innerhalb der Grenzen eines Behälters darstellt.

Strömende Anwendungen
bei denen ein zu beheizendes Fluid fortwährend über die Wärmeübertragungsfläche strömt.

Stehende Anwendungen

Bei stehenden Anwendungen wird das Prozessfluid als ein einzelnes Los (Batch) innerhalb den Grenzen eines Behälters gehalten. Eine im Behälter angebrachte Dampfheizschlange oder ein Dampfheizmantel um den Behälter können dabei die Wärmeübertragungsfläche erzeugen. Typische Beispiele hierfür sind Warmwasserspeicher wie in Abbildung 2.6.1 dargestellt und Ölspeichertanks, bei denen ein großer kreisförmiger Stahltank mit einem zähflüssigem Öl gefüllt ist, welches Wärmezufuhr benötigt, bevor es gepumpt werden kann.

Manche Prozesse befassen sich mit der Beheizung von Feststoffen; typische Beispiele hierfür sind Reifenpressen, Bügelpressen, Vulkanisierkammern und Autoklaven.

Bei einigen stehenden Anwendungen ist die Prozessaufwärmzeit unwichtig und wird nicht beachtet. Bei anderen wie Tanks und Vulkanisierkammern jedoch kann sie nicht nur wichtig, sondern entscheidend für den gesamten Prozess sein.

Stellen Sie sich zwei stehende Heizprozesse vor, welche die gleiche Heizenergie, aber unterschiedliche Aufheizzeiten benötigen. Die Wärmeübertragungsmengen wären unterschiedlich, wogegen die Menge der gesamten zu übertragenden Wärme die gleiche wäre.

Die mittlere Wärmeübertragungsmenge für solch eine Anwendung kann man durch Abwandlung der Gleichung 2.1.4 in Gleichung 2.6.1. erhalten:

Beispiel 2.6.1

Berechnen Sie die mittlere Wärmeübertragungsmenge für eine stationäre Anwendung.

Eine Ölmenge wird über einen Zeitraum von 10 Minuten (600 Sekunden) von einer Temperatur von 35 °C auf 120 °C erwärmt. Das Ölvolumen beträgt 35 Liter, seine spezifische Dichte ist 0,9 und seine spezifische Wärmekapazität ist über diesen Temperaturbereich 1,9 kJ/kg °C.

Bestimmen Sie die erforderliche Wärmeübertragungsmenge:

Da die Dichte von Wasser bei Standardtemperatur und -druck (STP) 1000 kg/m³ beträgt, ist

Die Gleichung 2.6.1 kann unabhängig davon, ob die zu beheizende Substanz ein Feststoff, eine Flüssigkeit oder ein Gas ist, angewandt werden. Allerdings berücksichtigt sie nicht die Übertragung der Wärme, die mit einem Phasenübergang verbunden ist.

Die bei der Kondensation von Dampf frei werdende Energiemenge kann mit Gleichung 2.6.2 ermittelt werden.

Daraus folgt, dass der Dampfverbrauch aus der Wärmeübertragungsmenge aus Gleichung 2.6.3 ermittelt werden kann und umgekehrt.

Wenn man an dieser Stelle davon ausgeht, dass die Wärmeübertragung zu 100% effizient ist, muss die durch den Dampf abgegebene Wärme gleich dem Wärmebedarf des zu beheizenden Fluids sein. Das kann man dazu nutzen, um ein Wärmegleichgewicht zu formulieren, bei dem die gelieferte und erforderliche Wärmeenergie einander entsprechen:

Beispiel 2.6.2

Ein Tank, der 400 kg Kerosin beinhaltet, soll unter Verwendung von Dampf bei 4 bar ü innerhalb von 20 Minuten (1200 Sekunden) von 10 °C auf 40 °C aufgeheizt werden. Das Kerosin hat eine spezifische Wärmekapazität von 2,0 kJ/kg °C über diesen Temperaturbereich. hfg bei 4,0 bar ü ist 2108,1 kJ/kg. Der Tank ist gut isoliert und die Wärmeverluste sind vernachlässigbar.

In einigen stationären Anwendungen kann die Zeitdauer für den Batchprozess unkritisch sein und eine längere Aufheizzeit akzeptiert werden. Das verringert den entsprechenden Dampfverbrauch und die Größe der erforderlichen Anlagenteile.  

Strömende Anwendungen

Typische Beispiele hierfür sind Rohrbündelwärmetauscher, siehe Abbildung 2.6.2 (auch Durchlauferhitzer genannt) und Plattenwärmetauscher, welche Warmwasser für Heizungen oder industrielle Prozesse erzeugen. Ein weiteres Beispiel wäre ein Luftheizregister, in welchem Dampf seine Wärme an ständig durchströmende Luft abgibt.

Abbildung 2.6.3 zeigt ein typisches Temperaturprofil in einem Wärmetauscher bei konstanter Sekundärströmung. Die Kondensationstemperatur (TS) bleibt innerhalb des Wärmetauschers konstant. Das Fluid wird von T1 am Eintritt auf T2 am Austritt des Wärmetauschers aufgeheizt.

Bei konstantem sekundärseitigem Massenstrom ist die erforderliche Wärmemenge (Q̇) proportional zum Temperaturanstieg des Produktes (∆T). Anwendung der Gleichung 2.6.1:

Mittlerer Dampfverbrauch

Der mittlere Dampfverbrauch für eine strömende Anwendung wie ein Prozesswärmetauscher oder Durchlauferhitzer kann, wie in Gleichung 2.6.7 dargestellt, aus Gleichung 2.6.6 abgeleitet werden.

Da die mittlere Wärmeübertragungsmenge selbst aus Massenstrom, spezifischer Wärmekapazität und Temperaturanstieg berechnet wird, ist es einfacher, die Gleichung 2.6.7 anzuwenden. 

Beispiel 2.6.3

Trockener Sattdampf mit 3 bar ü wird dazu verwendet, um Wasser, das mit einer konstanten Durchsatzmenge von 1,5 l/s strömt, von 10 °C auf 60 °C zu erhitzen. hfg bei 3 bar ü beträgt 2133,4 kJ/kg und die spezifische Wärmekapazität von Wasser ist 4,19 kJ/kg °C Bestimmen Sie den Dampfmassenstrom mit Gleichung 2.6.7 Da 1 Liter Wasser eine Masse von 1 kg hat, ist der Massenstrom 1,5 kg/s.

Beim Anfahren ist die Eintrittstemperatur T1 wahrscheinlich niedriger als die Eintrittstemperatur bei Volllast, was einen höheren Wärmebedarf verursacht. Wenn die Aufheizzeit für den Prozess wichtig ist, muss der Wärmetauscher so dimensioniert werden, dass er diesen zusätzlichen Wärmebedarf deckt. Aufwärmleistungen werden normalerweise bei der Auslegungsberechnung von strömenden Anwendungen jedoch ignoriert, da Anfahrvorgänge meistens unregelmäßig stattfinden und die Zeit bis zur Erreichung der Auslegungsbedingungen nicht ganz so wichtig ist. Die Wärmeübertragungsfläche des Wärmetauschers wird daher normalerweise auf Basis der Betriebslast berechnet.

Bei strömenden Anwendungen tendieren die Wärmeverluste des Systems dazu, deutlich geringer zu sein als die Heizanforderungen, und werden normalerweise vernachlässigt. Wenn die Wärmeverluste allerdings groß sind, sollten die mittleren Wärmeverluste (hauptsächlich die der Verteilleitungen) bei der Berechnung der Wärmeübertragungsfläche berücksichtigt werden.

Aufheiz- und Wärmeverlustkomponenten

Bei jedem Heizprozess wird die Aufheizkomponente abnehmen, wenn die Produkttemperatur ansteigt und sich die Temperaturdifferenz über die Heizschlange verringert. Dagegen wird die Wärmeverlustkomponente größer werden, wenn die Produkt- und Behältertemperatur ansteigt und mehr Wärme von dem Behälter und den Rohrleitungen an die Umgebung verloren geht. Der gesamte Wärmebedarf ist dabei immer die Summe dieser beiden Komponenten.

Wenn die Wärmeübertragungsfläche nur unter Berücksichtigung der Aufheizkomponente berechnet wird, kann es vorkommen, dass nicht genügend Wärme für den Prozess zur Verfügung steht, um die erwartete Temperatur zu erreichen. Das Heizelement sollte normalerweise in der Lage sein den gesamten Heizbedarf der Anwendung zu decken, wenn es auf Basis der Summe der Mittelwerte dieser beiden Komponenten ausgelegt wurde.

Es kann zum Beispiel bei sehr großen Öltanks manchmal Sinn machen, die Haltetemperatur niedriger als die erforderliche Pumptemperatur zu halten, da dies die Wärmeverluste über die Tankoberfläche reduziert. Eine andere Methode zur Beheizung kann durch Auslauferhitzer, wie in Abbildung 2.6.4 dargestellt, erreicht werden.

In einem metallischen Gehäuse gekapselte Heizelemente ragen in den Tank und sind so ausgelegt, dass nur das Öl in der unmittelbaren Umgebung angesaugt und auf Pumptemperatur beheizt wird. Es wird daher nur Wärme benötigt, wenn Öl abgesaugt wird, und dadurch dass die Tanktemperatur reduziert ist, kann auf eine Isolierung oft verzichtet werden. Die Größe des Auslauferhitzers wird dabei von der Temperatur des Öls, der Pumptemperatur und Abpumphäufigkeit abhängen.

Oben offene Prozesstanks mit einem Deckel zu versehen kann man auch als Wärmeverlustkomponente betrachten, welche den thermischen Bedarf ansteigen lässt. Das Material des Deckels wirkt wie eine Wärmesenke und muss bei der Auslegung der Wärmeübertragungsfläche berücksichtigt werden.

Wenn die Wärmeübertragungsfläche berechnet werden muss, ist es als erstes notwendig die gesamte mittlere Wärmeübertragungsmenge zu ermitteln, wie auch immer die Anwendung aussieht. Darauf basierend kann der Wärmebedarf und die Dampfmenge für Volllast und Anfahrzustand berechnet werden. Das ermöglicht es, die Größe des Regelventils auf Basis einer der beiden zu wählenden Bedingungen zu bestimmen.