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Energy Vault Statt Akkus: Schweizer Türme speichern Energie mit Betonklötzen

In der Schweiz arbeitet ein Prototyp bereits.
In der Schweiz arbeitet ein Prototyp bereits.
© Energy Vault / PR
2017 stellten Schweizer Ingenieure ihre Vision vor, natürliche Energie in einem Turm zu speichern. Nach dem Bau eines Prototyps sollen in diesem Jahr die ersten kommerziellen Anlagen in Betrieb gehen.

Heute ist es möglich, sehr günstigen Strom aus Sonne und Windkraft zu erzeugen. Und insbesondere bei der Fotovoltaik wird der Preisverfall weiter voranschreiten. Das Problem ist bloß, wo kommt der Strom her, wenn die Sonne nicht scheint oder der Wind sich legt?

Ökologisch erzeugter Strom muss gespeichert werden. Eine Möglichkeit sind riesige Akkuanlagen, dazu gibt es exotische Versuche, etwa indem man Energie mit Druck- oder Flüssigluft zu speichern. Das Schweizer Start-up Energy Vault will riesige Betontürme bauen, um den überschüssigen Strom aufzubewahren. Die Pläne wurden 2017 erstmals vorgestellt und von vielen belächelt ("Haben Schweizer das größte Problem sauberer Energie gelöst?"). Dennoch sammelte das Unternehmen in einer Finanzierungsrunde 100 Millionen Dollar ein, nun kamen weitere 110 Millionen US-Dollar hinzu.

Schon im letzten Jahr ist ein Prototyp in Bellinzona in der Schweiz in Betrieb gegangen. Die Technik erinnert an ein gewaltiges Kinderspielzeug. Riesiger Kräne türmen Betonblöcke von etwa 35 Tonnen zu einem Turm auf. Sprudelt der Ökostrom, dann hievt der Kran die Blöcke in die Höhe. Sollte aber mehr Strom ausgeliefert werden, als natürlch erzeugt werden kann, etwa weil gerade eine Flaute herrscht, dann werden die Blöcke wieder herabgelassen. Davon werden dann Generatoren angetrieben, die den zusätzlich benötigten Strom erzeugen.

Billiger als Akkus

Ein Turm kann eine Speicherkapazität von bis zu 80 Megawattstunden haben und soll acht bis 16 Stunden lang vier bis acht Megawatt abgeben können. Diese Technik wird nicht in der Lage sein, im sonnigen Sommer die Energie für den Winter zu bunkern. Sie wird aber die Betreiber eines Windenenergieparks in die Lage versetzten, verlässlich Energie in einem vorausberechneten Korridor auch tatsächlich zu liefern. Bei Solarenergie könnte man die Produktion des Tages für die Nacht bewahren. So ein Turm ist 35 Stockwerke hoch und benötigt die Fläche eines Fußballfeldes. Die Kosten liegen bei acht bis zehn Millionen Dollar. Insgesamt werden 5000 Betonblöcken bewegt. Die Kräne werden von Algorithmen gesteuert, damit die Lade- und Entladebewegung möglichst effizient ablaufen. Inspiriert ist die Idee von Wasserkraftwerken im Gebirge, hier wird schon heute das Wasser mit überschüssigem Strom in die Höhe gedrückt, um bei Bedarf ein Wasserkraftwerk zu speisen.

So kamen die Schweizer auf die Idee mit den Betonblöcken. Ihr System benötigt keine spezielle Umgebung und kann universell eingesetzt werden. Zu den Vorzügen zählt Energy Vault die kurze Latenzzeit der Anlage. In nur 2,9 Sekunden kann der Turm seine Abgabe auf 100 Prozent hochfahren. Das Hochheben und Absenken der Blöcke und die Verwandlungskette von Strom zu gespeicherter Energie zu soll laut Energy Vault nur zehn Prozent Verlust mit sich bringen.

Außerdem wollen die Schweizer mit einer langen Lebensdauer punkten, 30 bis 40 Jahre soll das System arbeiten können. Und auch danach könnten die Blöcke etwa weiterverwendet. Sie werden aus einem alternativen Zement aus Erde und Abfallstoffen hergestellt. Auch mit der Zwischenspeicherung soll der Strom immer noch günstiger sein als Energie aus fossilen Kraftwerken.

Die Schweizer Anlage hat zudem den Vorteil, dass sie keine neuartigen Technologien entwickeln muss, sondern vorhandenen Technik nutzt. 2020 wurde die Firma vom World Economic Forum zu den wichtigsten Start-ups gezählt. In diesem Jahr sollen nach dem Demonstrator der Schweiz die ersten kommerziellen Anlagen in den USA, Australien und Europa errichtet werden.

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