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Manpads für die Ukraine Berlin schickt Kiew 2700 Strelas – solide Luftabwehrraketen, aber verdammt alt

Abschuss einer Strela-Luftabwehrrakete bei einer Übung
Deutschland lieferte 2700 Strela-Luftabwehrraketen an die Ukraine. Die Waffen stammen noch aus Zeiten der NVA.
© Commons
Aus den Beständen der DDR lagern noch 2700 Strela-Luftabwehrraketen, das sowjetische Gegenstück zur Stinger der USA. Die Manpads werden nun nach Kiew geschickt. Obwohl veraltet, wäre die Strela eine wirksame Waffe – nur das Alter lässt an ihrer Wirksamkeit zweifeln.

Nach Panzerfaust 3 und 500 amerikanischen Stinger Luftabwehrraketen, liefert Deutschland nun auch noch 2700 Luftabwehrwaffen Strela an die Ukraine. Ob das eine gute Idee ist, wird sich noch zeigen. Denn anders als Stinger und Panzerfaust kommen diese Waffen nicht aus den Beständen der Bundeswehr, die für den Einsatz vorgesehen sind. Die Strela kommen aus dem Mausoleum.

Mit dem Namen Strela – dem russischen Wort für Pfeil – wurden in der UdSSR alle möglichen Raketen versehen. Hier handelt es sich um ein schultergeschütztes System, das sowjetische Gegenstück zur Stinger. Daher erklärt sich auch die hohe Anzahl. Die Strela ist in vieler Beziehung mit der Stinger – Ursprungsname Redeye – vergleichbar. Beide sind seit Ende der 1960er-Jahre im Einsatz und wurden mehrfach modernisiert. Während die Stinger im Westen weit bekannt ist, kennt die 9K32 Strela-2m hier kaum jemand. Das ist etwas überraschend, denn sie ist mit Abstand das weitverbreitetste Manpad der Welt.

Nicht verwechseln sollte man das Manpad mit in der Ukraine ebenfalls eingesetzten 9K35 Strela-10, das ist ein Kettenfahrzeug auf den über zwei Meter lange Luftabwehrraketen mit einem Launcher montiert sind.

Luftabwehrrakete ist Gegenstück zur Stinger 

Die Strela-2m kann von nur einem Mann von der Schulter aus gestartet werden, ein Infarot-Suchkopf führt sie selbstständig ins Ziel. Die Einsatzreichweite reicht von 500 Metern bis zu 4,2 Kilometern, sie erreicht 2300 Meter Höhe. Der Vergleich zur aktuellen Stinger Generation (FIM-92B) zeigt, dass die Strela nicht absolut oudated ist. Beim US-Modell beträgt die Reichweite 4,8 Kilometer und die Höhe 3000 Meter. Beide Waffen tragen unter günstigen Bedingungen auch weiter.

Nachteilig an der Strela-2m ist, dass sie durch Täuschungs- und Abwehrmaßnahmen in die Irre geleitet werden kann. Die modernen russischen Manpads gehören nicht mehr zur Strela Familie, die Strela ist definitiv nicht die modernste Waffe dieser Art.  Das allein muss kein Hinderungsgrund sein. Wenn ein Beschuss mit Manpads wahrscheinlich ist, muss der Gegner auf größere Höhen ausweichen. Damit gerät er dann in den Wirkungsbereich größerer Luftabwehrsysteme. Fraglich ist allerdings, ob und wie lange Kiew diese großen Abwehrbatterien noch zur Verfügung hat. In jedem Fall machen Manpads wie die Strela, die direkte Unterstützung von Bodentruppen durch Kampfhubschrauber riskant.

Das Problem der Lieferung sind nicht die Leistungsdaten der Waffe, sondern ihr Alter. Derartige Systeme haben eine begrenzte Lebensdauer. Das offizielle Haltbarkeitsdatum bei sachgerechter Lagerung liegt um die 20 Jahre – aber Manpads sollten bis zu 30 Jahren einsatzfähig bleiben. Das ist tatsächlich eine enorm lange Zeitdauer, die die Chemikalien von Antrieb und Sprengkopf und die Elektronik überdauern müssen. Allerdings wird das Manpad in dieser Zeit allerdings nicht wie ein Hubschrauber oder Lkw abgenutzt, es liegt geschützt in einer Transportkiste.

Die Manpads stammen aus Beständen der NVA.
Die Manpads stammen aus Beständen der NVA.
© Commons

Alter von bis zu 50 Jahren

Die Waffen der Bundeswehr sind allerdings noch weit älter. Seit dem Ende der DDR sind mehr als 30 Jahre vergangen und schon damals waren die Waffen nicht fabrikfrisch – ein Alter von 50 Jahren ist nicht unrealistisch. Hinzu kommen die Bedingungen der Lagerungen. Ob diese alten Systeme, von denen wohl niemand mehr dachte, dass sie noch zum Einsatz kommen, unter idealen Bedingungen magaziniert wurden, darf bezweifelt werden. Grundsätzlich geht die Bundeswehr mit dem alten Material sehr viel schlechter um, als etwa Finnen und Schweizer. In diesen Ländern wird die Ausrüstung für die Reservisten grundsätzlich einsatzfähig gehalten. Und die Strelas waren gewissermaßen schon in der Entsorgungswarteschlange. Bereits in dem Kämpfen in der Ostukraine 2014 und 2015 mussten Kämpfer beider Seiten feststellen, dass die alten Panzerabwehrraketen vom Typ Kornett, die sie aus den Magazinen bekamen, nicht mehr funktionierten. Nur auf die einfachen "Panzerfäuste" vom Typ RPG war noch Verlass. Hinzu kommen Meldungen, dass die deutschen Strelas nicht mehr verwendungsfähig sein sollen, weil sich inzwischen Risse im Stahlmantel gebildet haben sollen.

Entscheidung liegt in Kiew 

Zusammenfassend kann man sagen, dass es heute weit bessere Manpads als die Strela gibt, sie aber doch eine sehr wirkungsvolle Waffe ist. Wie alle Manpads sperren sie nicht den Luftraum für die Luftwaffe des Gegners, aber sie schützen Bodenstellungen wirksam vor den Angriffen tieffliegender Bomber und Kampfhubschrauber. Das gilt aber nur, wenn die Waffen noch einsatzfähig sind und da bleiben bei dem Alter der Systeme berechtigte Zweifel. Doch man kann davon ausgehen, dass diese Waffen nicht ungefragt "entsorgt" werden, sondern von Kiew angefragt worden sind. Letztlich müssen die Militärs in Kiew wissen, welchen Kampfwert diese Waffen noch haben.

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