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Studie Freunden beistehen: Wie wir richtig Trost spenden

Vier Freunde stehen Arm in Arm auf einem Feld.
Freundschaft bedeutet auch, sich gegenseitig zu unterstützen, wenn das Leben mal nicht so läuft, wie geplant.
© Dim Hou / Unsplash
Liebeskummer, Krankheit, Krisenstimmung – es gibt viele Situationen, in denen wir einander Trost spenden wollen. Manchmal machen wir es aus Unsicherheit dann aber doch nicht. Dabei ist Trösten gar nicht so schwer...

Die beste Freundin trennt sich von ihrem Freund, der Kumpel verliert den Job, die Schwester bekommt eine lebensverändernde Diagnose – und am Ende sitzen sie alle drei auf unserem Sofa und klagen über ihr Leid.

Und natürlich wollen wir ihnen helfen – nur oftmals wissen wir nicht, wie wir in Krisenzeiten wirklich Trost spenden können. Also hören wir uns dann schnell Sätze sagen wie "Alles halb so wild“, "Morgen sieht die Welt schon ganz anders aus“ oder auch "Alles wird gut“ – ein Klassiker.

So wirklich hilfreich sind diese Floskeln allerdings nicht. Im Gegenteil: Die vermeintlich aufmunternden Worte geben uns selbst ein gutes Gefühl, weil wir uns damit suggerieren, uns bemüht zu haben.

Wer wirklich leidet, der wird damit aber in der Regel wenig anfangen können. Oder wollen Sie gerne hören, dass alles gut wird, wenn Sie gerade am Abgrund Ihrer Existenz stehen? Wohl eher nicht. Aber wie geht Trösten dann?

Der Wert emotionaler Anteilnahme

Die Basis für echte emotionale Unterstützung ist eine ehrliche Anteilnahme. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studienreihe von Sozialpsychologe Nicholas Epley und seinen Kollegen von der University of Chicago. Den in der Fachzeitschrift “Psychological Science“ publizierten Ergebnissen zufolge nehmen Betroffene ehrliche verbale Unterstützung positiver auf, als vermutet.

An der Studienreihe waren insgesamt 600 Proband:innen beteiligt. Im ersten Schritt baten die Forschenden 100 Teilnehmer:innen, einer ihnen nahestehenden Person, die gerade ein Problem hat, mit einer Nachricht ihre Hilfe anzubieten.

Die Bereitschaft, die Nachricht auch abzuschicken, war bei denjenigen besonders hoch, die eine positive Wirkung vermuteten. Das Leid der Betroffenen spielte dabei hingegen kaum eine Rolle.

Studie zeigt: Zuwendung wichtiger als Kompetenz

In der zweiten Runde sollten Studierende eine ähnliche Nachricht an eine Bekanntschaft aus ihrem Studium schicken. Je weniger sie die Empfänger der Nachricht kannten, desto unsicherer waren sie mit der Wirkung des Hilfsangebotes.

Die Reaktion fiel allerdings durchweg positiv auf, unabhängig von der Tiefe der Verbindung. Das gleiche Muster zeigte auch das gleiche Experiment zwischen den Teilnehmenden der Studie, die sich erst einmal gesehen hatten.

Die Forscher machen das an einem weit verbreiteten Missverständnis zwischen Leidenden und Tröstenden fest: Während Betroffene vor allem warmherzige, echte Anteilnahme schätzen, haben Helfende das Gefühl, kompetente und nützliche Hilfe anbieten zu müssen. "Sie unterschätzen systematisch, wie positiv jede Form von Beistand ankommt“, erklären die Studienautoren das Phänomen.

Was lernen wir daraus? Wenn jemand leidet, dann braucht er nicht unsere Lösungsstrategien, sondern einfach uns. Trotzdem ist Trost spenden oft eine echte Herausforderung in Freundschaften und Beziehungen.

Wenn Trost spenden schief geht

Manchmal werden wir durch Schicksalsschläge unserer Freunde mit eigenen Ängsten und Sorgen konfrontiert oder haben andersrum absolut keine Erfahrungswerte in diesem Bereich. Beides kann dazu führen, dass wir aus Unsicherheit in das ein oder andere Trost-Fettnäpfchen treten.

Das ist zum Beispiel der Fall, wenn wir versuchen, das Leid unseres Gegenübers kleinzureden. Das mag zwar gut gemeint sein, aber sorgt bei Betroffenen im Zweifel sogar für Druck oder Schuldgefühle, weil ihr empfundenes Leid von dem abweicht, was Sie zu vermitteln versuchen.

Einen ähnlichen Effekt hat es, wenn wir versuchen, den Leidtragenden zu vertrösten, zum Beispiel mit den Worten "Melde dich, wenn du was brauchst“. Es ist doch so: Derjenige klagt uns in dem Moment offensichtlich bereits sein Leid. Er benötigt also genau dann auch emotionale Unterstützung. Diese aus Unsicherheit wachsende Floskel hat also beim Trösten nichts zu suchen.

Oft reagieren wir auf die Misere von anderen aber auch mit Mitleid. Leider ist das nicht das Gleiche wie Mitgefühl und hat immer auch einen abwertenden Charakter. Und: Betroffene kriegen mit, wenn sie bemitleidet werden. Das führt mitunter dazu, dass sie sich noch hilfloser, trauriger oder ängstlicher fühlen. Besser: Ehrliche Anteilnahme – das kann man nicht oft genug wiederholen. In der Praxis kann das zum Beispiel so aussehen:

Wie Trost spenden in Freundschaften gelingen kann

Fragen Sie Ihr Gegenüber, was er braucht. Das klingt so einfach wie plausibel, aber oftmals denken wir, dass die Frage übergriffig ist und fangen deshalb an, zu raten. Dabei kann Trost für jeden etwas anderes sein. Manchen hilft Ablenkung, anderen ein Gespräch über jedes Detail der Krise – gehen Sie also auf die Bedürfnisse des Betroffenen ein und zeigen Sie, dass Sie für ihn da sind.

Sie sind trotzdem unsicher? Gegenfrage: Wer ist das nicht? Jeder von uns kommt in Situationen, in denen er nicht weiß, was zu tun ist. Gehen Sie also offen mit Ihren Gefühlen um, statt sich aus Unsicherheit und Angst zurückzuziehen. Das stärkt auch die Verbindung zwischen Ihnen beiden.

Und zu guter Letzt: Achten Sie auf Grenzen ­– auf beiden Seiten. Sie können anderen nur helfen, wenn Sie auch darauf achten, dass es Ihnen selbst gut geht. Achten Sie also darauf, dass Sie trotz aller Fürsorge nicht zu kurz kommen und sorgen Sie für eine Abgrenzung zum Leid anderer.

Andernfalls laufen Sie Gefahr, dass es irgendwann Ihr Eigenes wird. Auf der anderen Seite kann es natürlich auch sein, dass Betroffene die Hilfe nicht annehmen wollen. Hier lautet das Zauberwort Akzeptanz – und da sein, falls doch irgendwann Trost gebraucht wird.  

Quelle: Studie von der University of Chicago

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