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US-Wahl 2020 Trump verweigert US-Post Finanzspritze, weil er die Briefwahl torpedieren will

Reporterin stellt Trump unangenehme Fragen – der flüchtet von der Bühne
Demokraten und Republikaner können sich nicht auf ein zweites Corona-Hilfspaket einigen – wohl auch, weil es Gelder für die US-Post vorsieht. Die befördert Wahlbriefe, von denen Donald Trump behauptet, sie würden betrügerisch eingesetzt. 

Der US-Post geht es nicht gut. Tatsächlich geht es ihr sogar ausnehmend schlecht. Milliarden von Dollar fehlen der Behörde. Es geht ihr so schlecht, dass in den sozialen Netzwerken schon mehrfach zum Soli-Shopping im üppig bestückten Onlineshop aufgerufen wurde. Dort gibt es, neben Verschick-Utensilien, etwa das Modell des 1971er US-Post-Jeeps, oder in der Rubrik Patriotismus ein "I want you"-Langarmshirt. Und am 22. August erscheint dort der Ersttagsbrief zum 100-jährigen Jubiläum des Frauenwahlrechts. Das entbehrt deshalb nicht einer gewissen Ironie, da sich der US Postal Service (USPS) gerade inmitten einer Art Glaubenskrieg befindet, von dem manche sagen, er untergrabe die Demokratie der USA.

Donald Trump möchte Briefwahl verhindern

Der Konflikt hat seinen Ursprung in der Corona-Pandemie und die sich verhärtende Front verläuft im Wesentlichen zwischen den Organisatoren der anstehenden Präsidentschaftswahl und dem Weißen Haus. Wegen des grassierenden Virus wurden im Frühjahr einige Vorwahlen verschoben, weil vielen Wählern nicht zugemutet werden sollte, sich in langen Schlangen vor Wahllokalen einzureihen, auch Wahlhelfer hatten Hygienebedenken. Manche Staaten haben deswegen auch komplett auf Briefwahl umgestellt – und wollen das auch für die Abstimmung am 3. November so beibehalten. Doch dagegen wehrt sich der US-Präsident.

Mit zahllosen Äußerungen untergräbt Donald Trump seit Monaten das Vertrauen in die Briefwahl und damit in die ganze Abstimmung. Der Urnengang per Post sei anfällig für Betrug, wiederholt er mahnend in Dauerschleife. Beweise oder Hinweise dafür gibt es nicht. 2016 wurden landesweit knapp 30 Fälle von echter und versuchter Manipulation registriert, bei insgesamt fast 140 Millionen abgegebenen Stimmen. Dazu kommt die Annahme, dass von Briefwahlen vor allem die oppositionellen Demokraten profitieren würden. Zwar gibt es auch dafür keine Belege, aber in der Welt des US-Präsidenten heißt das: Briefwähler würden nicht Donald Trump wählen, weshalb Briefwahl auf systematischem Wahlbetrug hinausläuft. Sollte er im November verlieren, wäre bei einem Wahlbetrug die Schuldfrage ebenfalls geklärt. Und da kommt nun der US-Postal-Service ins Spiel.

Eine Behörde chronisch unterfinanziert

Seit vielen Jahren schon ächzt die Behörde mit ihren 600.000 Angestellten unter den Pensions- und Krankenversicherungskosten, und die Kunden laufen zu privaten Lieferdiensten über. Zwar haben viele Amerikaner während der Pandemie den Service der Post wieder zu schätzen gelernt, dennoch fehlen dieser bis zu 20 Milliarden Dollar. Pannen und Verspätungen häufen sich nicht erst, seit sie vermehrt Wahlunterlagen zustellen muss. Und mitten hinein in diese ohnehin schon angespannte Lage, wird die Behörde auch noch vor die Aufgabe gestellt, bei einer Präsidentschaftswahl mitzuhelfen. Donald Trump hat schon mehrfach davor gewarnt, dass die Post damit überfordert sein werde und ausnahmsweise teilen die Vertreter der US-Opposition seine Ansicht. Mehr Geld soll deshalb her. 

Von dem ersten Corona-Hilfspaket des US-Kongresses in Höhe von rund zwei Billionen Dollar sollten nach Willen der Demokraten 13 Milliarden an den USPS gehen, doch mit ihrer Senatsmehrheit hatten die Republikaner die Finanzspritze verhindert. Seit einigen Wochen verhandeln die beiden Parteien über eine zweite Runde von Hilfsgeldern, auch diesmal fordern die Demokraten mehr Mittel für die Post, doch Donald Trump hat sein Veto angekündigt: In einem Fox-Business-Interview auf die Post-Finanzierung angesprochen, sagte er nun: "Die Demokraten wollen Milliarden Dollar für etwas, das sich als betrügerisch herausstellen wird – das ist im Grunde genommen Wahlgeld." Was er so nicht sagte, aber damit sagen wollte: Wer der US-Post wegen der absehbaren Mehrbelastung durch die Briefwahlen mehr Geld zukommen lassen will, unterstützt im Grunde Wahlbetrug.

Briefwahl ist nur in Florida sicher

Schon länger wird gemutmaßt, dass diese Bedenken der eigentliche Grund dafür seien, dass sich Demokraten und Republikaner nicht auf ein zweites Corona-Hilfspaket einigen können. Etwas später nach dem Interview schwächte er seine Aussage aber wieder etwas ab und sagte, er wolle nur sichergehen, dass jeder Wähler seine Stimme abgibt. Vielleicht stelle sich ja heraus, dass er es sei, der von der Briefwahl profitiere, so der US-Präsident weiter – "ich weiß es nicht, aber was ich weiß ist: Ich will eine ordentliche Wahl."

Es ist im Übrigen nicht so, dass Donald Trump grundsätzlich gegen die Stimmabgabe per Post wäre. Völlig in Ordnung sei das etwa für diejenigen, die am Wahltag nicht vor Ort sein können, wie er mehrfach betonte. Und auch er selbst werde auch davon Gebrauch machen: So haben der Präsident und seine Frau Briefwahl in ihrem Heimatstaat Florida beantragt. Aus Gründen wird das Paar am Wahltag 3. November in der US-Hauptstadt Washington sein, weshalb er seinem Wohnort sicherheitshalber Anfang August einen Persilschein ausgestellte: "Floridas Wahlsystem wurde in Ordnung gebracht, deswegen kann ich nur jeden ermutigen, in Florida einen Wahlschein anzufordern und per Post zu wählen." 

Quellen: US Postal Service, NPR, "Daily Mail", Donald Trump auf Twitter, Neues Deutschland, "New York Times", Axios, US Election Atlas, DPA, Fox Business

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