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Bundesweite Aktionswoche Bauernprotest trotz Rekordgewinn? Was Landwirte wirklich verdienen

Landwirt ist kein Nullachtfünfzehn-Job
Landwirt ist kein Nullachtfünfzehn-Job
© Getty Images
Die Bauern protestieren gegen Kürzungen der Subventionen. Dabei haben sie gerade erst Rekord-Betriebsergebnisse eingefahren. Wie passt das zusammen? Ein Blick in die Gewinnbilanzen einer Branche.

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Im ganzen Land steigen die Bauern derzeit in ihre Trecker, um gegen die Sparpläne der Regierung zu protestieren. Diese sehen vor, die bisherige Steuerermäßigung auf Diesel für landwirtschaftliche Fahrzeuge schrittweise abzubauen. Den weitergehenden Plan, die Kfz-Steuerfreiheit auf Landmaschinen komplett zu streichen, hat die Regierung schon fallen gelassen. Trotzdem sind die Bauern wütend, denn das Abschmelzen der Subventionen dürfte die Betriebe je nach Größe und Dieselverbrauch ein paar Tausend Euro im Jahr kosten. 

Aber wie arm dran sind die Menschen, die da in ihren Treckern protestieren? Gehören Bauern wirklich einer Klasse am Existenzminimum an oder könnten sie auf ein paar staatliche Subventionen durchaus verzichten?

Eine Antwort auf derlei Einkommensfragen gestaltet sich schwieriger als in anderen Berufen, weil Landwirt/Landwirtin kein klassischer Nine-to-Five-Job ist. Viele Bauern sind selbstständige Unternehmer – vom kleinen Familienbetrieb bis zum Großbetrieb, der ein Vielfaches an Fläche bewirtschaftet. Die Spanne der Gewinne und Einkommen ist dementsprechend groß. Es gibt allerdings ein paar Durchschnittszahlen, die zeigen, in welchen Dimensionen sich die Landwirte bewegen. 

Stark gestiegene Betriebsergebnisse

Das Wirtschaftsjahr 2022/2023 lief für die Bauern sehr gut. Im Schnitt haben landwirtschaftliche Haupterwerbsbetriebe im vergangenen Jahr ein Betriebsergebnis von 115.400 Euro erwirtschaftet. Das waren 45 Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor und ein neues "Allzeithoch", wie aus dem Situationsbericht des Deutschen Bauernverbandes hervorgeht. Besonders stark konnten Milchbetriebe und Futterbau sowie Veredelungsbetriebe ihre Gewinne steigern. Auch Ackerbaubetriebe verdienten deutlich mehr. Nur für Obst- und Weinbauern lief es nicht so gut, sie verzeichnen im Schnitt ein schwächeres Ergebnis als im Vorjahr. Betriebe im Norden Deutschlands verdienten teils deutlich mehr als im Süden, was auch maßgeblich mit den größeren Betriebsgrößen zusammenhängt.

Bauernpräsident Joachim Rukwied erklärte bei der Vorstellung der Zahlen Anfang Dezember, die wirtschaftliche Erholung sei nach schwachen Vorjahren dringend notwendig gewesen. Zugleich warnte er vor einer Verschlechterung der Lage im kommenden Jahr. Wichtig ist: Die Betriebsergebnisse sind nicht mit dem Einkommen einer Person gleichzusetzen. Viele Betriebe ernähren ganze Familien. Was also verdient der oder die Einzelne?

Schlecht bezahlte Angestellte

Mehr als eine halbe Million Erwerbstätige gibt es laut Statistischem Bundesamt in der Landwirtschaft. 62 Prozent von ihnen sind angestellt tätig. Diese Gruppe wird vergleichsweise schlecht bezahlt. So lag der jährliche Bruttolohn im Jahr 2021 bei gerade einmal 18.509 Euro. Das war nur knapp die Hälfte des durchschnittlichen Angestelltenlohns über alle Berufs- und Tarifgruppen in Deutschland. Und das, obwohl mit durchschnittlich 46,7 Wochenstunden mehr gearbeitet wird als in anderen Berufen. Da Angestellte keine Trecker kaufen beziehungsweise betanken müssen, betrifft sie die Kürzung der Subventionen nur indirekt.

Gut verdienende Selbstständige

Was selbstständige Landwirte verdienen, ist schwieriger zu beziffern. Klar ist: Im Schnitt ist es deutlich mehr als beim Angestellten bei großen Schwankungen. Da der Gewinn eines landwirtschaftlichen Unternehmers nicht mit dem Bruttolohn eines Angestellten vergleichbar ist, hat das Bundeslandwirtschaftsministerium einen Vergleichslohn entwickelt, der einen Zinssatz für das Eigenkapital und einen Betriebsleiterzuschlag berücksichtigt. Im Wirtschaftsjahr 2020/2021 lag dieser Vergleichslohn etwa doppelt so hoch wie bei den Angestellten. 

Allerdings hat auch dieses Berechnung Schwächen, wie das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft anmerkt. Betrachtet werde hier nur das Einkommen aus landwirtschaftlicher Tätigkeit. Immer mehr Betriebe erzielten heute jedoch zusätzliche Einkommen durch Vermietung von Ferienwohnungen, Energieerzeugung mit Photovoltaik oder Biogas oder anderen Dingen.

Durchschnittliche Einkommen

In vielen Betrieben arbeiten mehrere Familienmitglieder mit, ohne dass jedem ein konkretes Gehalt ausgezahlt wird. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat daher zuletzt im April 2023 ausgerechnet, wie hoch das Einkommen pro Arbeitskraft ist. Demnach verdienten die Betriebe im Wirtschaftsjahr 2021/2022 (also vor dem aktuellen Rekordjahr) rund 43.500 Euro je Arbeitskraft. Es handelt sich dabei um einen Durchschnittswert über alle Betriebsformen. 

Betrachtet man nur Haupterwerbsbetriebe, so liegt das Einkommen bei 46.118 Euro je Arbeitskraft. Bei Betrieben, die Landwirtschaft nur im Nebenerwerb betrieben, sind es 19.120 Euro. In Betrieben, die durch juristische Personen wie Genossenschaften oder AGs geführt wurden, waren es 48.083 Euro je Arbeitskraft. Neben regionalen Unterschieden gibt es zudem auch eine Differenz zwischen konventionellen und Ökobetrieben: Ökobetriebe erwirtschafteten durchschnittlich 40.392 Euro je Arbeitskraft, konventionelle Betriebe 49.059 Euro.

Staatliche Subventionen 

Warum die Landwirte auf die Streichung von Subventionen so alarmiert reagieren, wird aus den Zahlen ebenfalls klar: 2020/2021 machten staatliche Direktzahlungen und Zuschüsse über alle Betriebstypen 48,5 Prozent des gesamten Einkommens aus, also beinahe die Hälfe. Auf den Steuerrabatt beim Agrardiesel, der nun schrittweise abgeschafft wird, entfallen aber nur fünf bis sechs Prozent der Subventionen.

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