Den Süsswasserfischen verfallen

Mit Hut und Gummischürze streift Fischzüchter Hermann Ure bei Schneeregen um die zahlreichen Becken. In ihnen plätschert Wasser und schwimmen Fische. Am Dorfrand des glarnerischen Hätzingen liegt die Fryberghof Fischzucht, die mit Regionalität und Nachhaltigkeit den Nerv der Zeit und auf steigende Nachfrage trifft.

Die reifen Eier werden abgestreift nachdem, die Muttertiere (Rogener) im Nelkenbad betäubt wurden.
Die reifen Eier werden abgestreift nachdem, die Muttertiere (Rogener) im Nelkenbad betäubt wurden.

Der 52-jährige Molliser Hermann Ure ist einer von vier Partnern der Fryberghof Fischzucht GmbH. Erst mit 18 Jahren habe er seine Leidenschaft für Fische entdeckt, just als er mit Freunden seinen ersten Fang im Walensee machte. Seither dreht sich in seinem Leben alles um Fische und «Hermi» hat sich durch stetes Aneignen eines breiten Fachwissens auch auf kantonaler Ebene zu einer erfahrenen Ansprechperson entwickelt. «Mich faszinieren Fische im Allgemeinen, aber hauptsächlich bin ich den Süsswasserfischen verfallen», so der Vater zweier erwachsener Kinder. Regelmässig unterstützt ihn auch seine Frau Trix bei der Arbeit, begleitet ihn nach Hätzingen und hilft unter anderem beim Verpacken.

Hermann Ure entfernt täglich unbefruchtete Eier mit der Pipette.
Hermann Ure entfernt täglich unbefruchtete Eier mit der Pipette.

Erst Aufsicht, dann Züchter

Die knapp 20 Kilometer von Mollis ins Glarner Hinterland nimmt er oft unter die Räder, denn auch Fische werden zweimal täglich gefüttert. Dabei wird der gelernte Schreiner, der nach wie vor in einem 80-Prozent-Pensum in seinem Beruf tätig ist, von Partner Thomas Kamm aus Filzbach unterstützt. Er ist gelernter Koch und Landwirt und übernahm mit Hermann Ure 2021 die bereits bestehende Fryberghof Fischzucht. Die ganze Anlage steht auf einem ehemaligen Fabrikareal, dem Hefti-Areal. Dessen Besitzer Caroline und Stefan Trümpi, welche die weiteren Partner der Fryberghof Fischzucht GmbH sind, kümmern sich um die Vermarktung und die baulichen Massnahmen.

Die beste Alternative, wenn man nicht mehr selber fängt.

Auch die Fischzucht ist an zahlreiche Vorschriften und Richtlinien gebunden, in deren Umsetzung Hermann Ure seit 30 Jahren die kantonale Aufsicht unterstützt. So war er nebst seiner eigenen kleinen Zucht in Engi auch bereits als Aufsichtsperson in Hätzingen involviert und betreute Jung-Fischzüchter Thomas Kamm bei dessen Ausbildung, als der Fryberghof frei wurde. Heute leben in der Fischzucht rund 35 000 Tiere, bei einem Absatz von rund drei Tonnen Fisch pro Jahr.

Die Anlage der Fryberghof Fischzucht in Hätzingen wird mit Grundwasser betrieben.
Die Anlage der Fryberghof Fischzucht in Hätzingen wird mit Grundwasser betrieben.

Laich und Befruchtung

Die Regenbogenforellen, Goldforellen und Saiblinge werden einmal jährlich abgestreift. Was die Laichgewinnung und Befruchtung bedeutet. Dazu werden die rund 160 Muttertiere, auch Rogener (weiblich) und Milchner (männlich) genannt, von Anfang Oktober bis Mitte Januar wöchentlich auf die Laichreife überprüft. Mit gekonnten Handgriffen holt Hermann Ure die bis zu drei Kilo schweren Fische aus dem Becken und weiss durch wenige Abtastungen, ob die Eier so weit sind. Nachdem die Rogener im Nelkenbad leicht betäubt wurden, streift er innert kürzester Zeit die bis zu 8000 Eier ab und entlässt die Tiere wieder ins Becken. Auch das Sperma der Milchner wird auf diese Weise gewonnen und direkt in den Behälter zu den Eiern gegeben. Erst durch die Zugabe von Wasser findet die Befruchtung statt und Herman Ure verrührt die Masse mit einer Schwanenfeder. «Später, wenn wir die Brutschalen voll haben, streifen wir die reifen Muttertiere dennoch ab, da sie in den Becken nicht laichen können und sonst verenden würden», so Herman Ure, bevor er die Eier in die Brutschalen bringt. Nach 40 bis 45 Tagen schlüpfen die Eier, ernähren sich vorerst vom Dottersack, bis sie nach weiteren 30 Tagen angefüttert werden. Nach dem Längstrog geht es ins Rundstrombecken, bis sie im Vorsommer in die Aussenanlage kommen. Dort tummeln sich zahlreiche Fische in verschiedenen Grössen, denn erst nach rund zwei Jahren sind sie schlachtreif. «Man könnte das schon mit Fütterung und Haltung beschleunigen, aber für uns passt das nicht und auch die Qualität des Fleisches leidet», so ist der Molliser auch von der späteren Abstreifung seiner selbst nachgezogenen Muttertiere überzeugt, denn für ihn geht mit der Fischzucht auch die Achtung vor natürlichen Kreisläufen einher.

Zweimal täglich werden die Fische gefüttert.
Zweimal täglich werden die Fische gefüttert.

Hochwertiges Grundwasser

Einen grossen Vorteil sieht er im qualitativ hochwertigen Grundwasser, mit dem die Anlage in Hätzingen betrieben wird. «Dieses hat ganzjährig die gleiche Qualität und ist auch bei Starkniederschlägen nie verunreinigt», freut sich der aktive Fischer, den man im Winter auch beim Eisfischen am Mettmensee antrifft. Den elektrischen Strom bezieht die Fischzucht vom nahen Wasserkraftwerk auf dem Gelände. Die Fryberghof Fische sind seit September 2021 alpinavera-zertifiziert und tragen das nationale Gütesiegel «regio.garantie».

Im Verarbeitungsraum werden die Tiere ausgenommen, filetiert und vakuumiert.
Im Verarbeitungsraum werden die Tiere ausgenommen, filetiert und vakuumiert.

Nebst der täglichen Fütterung und Überprüfung des Gesundheitszustandes der Fische werden während der Laichzeit auch die Eier täglich geprüft und «weisse», verpilzte sofort mit der Pipette entfernt. Hinter dem Büro und dem Lagerraum fürs Futter gibt es auch einen Verarbeitungsraum. Dort werden sämtliche Fische ausgenommen und vakuumiert. Bestellt und abgeholt werden können die Forellen und Saiblinge als ganze Fische oder filetiert. Geliefert wird zudem montags von Thomas Kamm und freitags von Herman Ure, und zwar in Restaurants, Läden oder auch direkt nach Hause. Wer direkt abholt, kann spontan Nachbestellungen anbringen. Dann holt Herman Ure die reifsten Fische aus dem Becken, nimmt sie aus und verarbeitet sie direkt vor den anwesenden Kunden.

An diesem Tag sind es ehemalige Fischer, die die Qualität des Fryberg-Fischs loben: «Die beste Alternative, wenn man nicht mehr selber fängt.»

Fischzüchter Hermann Ure vermischt die Eier und das Sperma mit einer Schwanenfeder.

Fischzüchter Hermann Ure vermischt die Eier und das Sperma mit einer Schwanenfeder.

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