Arm, aufrecht und ein bisschen aufmüpfig: Bedeutung der Kraichgauer Spitznamen

Spitznamen von Entbehrungen und harter Arbeit geprägt

Von Eppingen bis Bad Rappenau – im Kraichgau hat fast jede Ort. schaft ihren eigenen Spitznamen. Oft sind es auch mehrere, welche die Bevölkerung ihren Nachbarn andichtete. Und meist sind die Uznamen von Entbehrungen und harter Arbeit vergangener Zeiten geprägt. Hier ein paar Beispiele.

Eppinger Mischdkrabbe Der gebräuchlichste Spitzname der Eppinger sind die Mischdkrabbe - mit direktem Bezug zur Landwirtschaft. Zurückgeführt wird er auf den Raben, der den Mist zusammenkratzt. Die Eppinger selbst verweisen lieber auf die Klugheit des Vogels. Wie dem auch sei, der Mischdkrabb eröffnet auch heute noch jeden Faschingsumzug - und er dient - stolz auf dem Mist sitzend-als Wappentier.

Ittlinger Käfertrippler Über die Entstehung des Spitznamens gibt es gleich mehrere Versionen. Die wahrscheinlichste ist die einer Maikäferplage, die den Ort einst heimgesucht hat. Als alle Bemühungen, der lästigen Tiere Herr zu werden, scheiterten, riet der Schulteil der Bevölkerung in aller Frühe auszurücken, die Käfer von den Bäumen zu schütteln. sie einzusammeln und auf den Dorfplatz zu bringen. Waren die Tiere anfangs noch im Schlaf erstarrt, begannen sie sich mit zunehmendem Sonnenschein zu regen. So befahl der Schultes: „Leit dribbelt. Dribbelt, was des Zeug hält. Die dode Käfer schmeißt ihr uff de Schindwase und deckt se mit Erde zu."

Stebbacher Kübelscheißer Aborte gab es früher nur bei den Reichen. Auf dem Land verrichteten die Bauern ihre Notdurft am Misthaufen oder im Stall. Vornehmer war es, sein Geschäft im Plumpsklo oder in einen Kübel zu verrichten, wie die Stebbacher es getan haben und sich so den Spott der Nachbarn zuzogen.

Heinsheimer Hühnertreiber Respektlos seien sie, seine Untertanen. So beschwerte sich 1684 Junker Wolf Adam von Helmstadt über die Heinsheimer. Weder würden sie den Hut vor ihm ziehen, noch grüBen. Aus diesem Grund wurden mehrere Zeugen vernommen. Und dabei kam heraus, dass der hohe Herr nicht nur Schafe und Ochsen hüte, sondern auch jederzeit mit dergestaltig alten schlechten und zerrissenen Kleidern aufzuziehen pflege", dass man ihn eher für einen Bauern oder Hühnertreiber halten könne.

Siegelsbacher Laableit Der aus Laab (Laub) und Leit (Leute) zusammengesetzte Begriff stammt wohl aus einer Zeit, als die Siegelsbacher an Missernten und Not litten, wenig zum Leben und noch weniger zum Essen hatten. Noch nicht einmal Stroh, um die Ställe einzustreuen, gab es. Deshalb machten sie sich auf in den eigenen und den angrenzenden Hüffenhardter Forst, um Laub zu sammeln. Schwer beladen begegneten sie auf ihrem Weg immer mal wieder Bewohnern aus der Nachbarschaft, die sie fortan Laableit nannten.

Kirchardter Hudladdla Entweder sie haben zu tief ins Glas geblickt, oder nicht alle Latten am Zaun, die Kirchardter. Der Überlieferung zufolge soll jedenfalls einer von ihnen eines Tages versucht haben, die einzelnen Stäbe an seinem Zaun zu zählen. Laut sagte er die jeweilige Zahlvor sich hin: achtundneunzig, neunundneunzig, hudladdla. Die Zahl 100 brachte er jedenfalls nicht mehr heraus- und die Kirchardter hatten ihren Spitznamen weg.