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Das Gravitationswasserwirbelkraftwerk

Wintersemester
Kurs

Allgemeine Chemie für Chemie (1411051)

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Akademisches Jahr: 2015/2016
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Technische Universiteit Delft

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36 zement + beton 3_11 | Infrastruktur: Kraftwerke

Das Gravitationswasserwirbelkraftwerk

Tex t | Franz Zotlöterer Bilder | © DI Franz Zotlöterer Visualisierungen | © DI Franz Zotlöterer

2003 wurde das Gravitationswasser- wirbelkraftwerk vom österreichischen Techniker DI Franz Zotlöterer entwickelt. Mit dem ersten erteilten Patent 2004 er- folgte die Gründung des Unternehmens Zotlöterer zur Planung und Errichtung von Gravitationswasserwirbelkraftwerken. 2005 wurde eine erste Pilotanlage mit 7,5 kW elektrischer Leistung und einem Jahresarbeitsvermögen von rund 43 kWh in Obergrafendorf in Niederösterreich errichtet. 2009 wurde die Pilotanlage mit einer für das Gravita-

tionswasserwirbelkraftwerk optimierten Turbine, der Zotlöterer-Turbine, und einem leistungsstärkeren Generator ausgestat- tet, wodurch die elektrische Leistung bis auf 10 kW erhöht werden konnte. Zwischen 2007 und 2010 folgten weitere Gravitationswasserwirbelkraftwerke in Indonesien, in der Schweiz, in Irland und in Österreich. 2011 soll auch in Deutsch- land die erste Anlage in Betrieb gehen. Wie funktioniert nun ein Gravitationswas- serwirbelkraftwerk? Durch eine niedrige

Klappwehr wird das Wasser seitlich aus dem Fließgewässer durch einen großzü- gig dimensionierten Grobrechen geführt. In dem dahinterliegenden, in die Uferbö- schung des Fließgewässers integrierten Rotationsbecken entsteht ein mächtiger stabiler Wasserwirbel, ein sogenannter Gravitationswasserwirbel mit senkrechter Drehachse, der in seinem Zentrum eine neuartige Turbine, die Zotlöterer-Turbine, antreibt und über einen Generator Öko- strom erzeugt. Die Funktionsweise des Gravitationswasserwirbelkraftwerks be-

Das Gravitationswasserwirbelkraftwerk erschließt als neuartiges Laufwasserkraftwerk für niedrige Fallhöhen derzeit noch ungenutzte Potenziale der Wasserkraft an unzähligen Bächen, Flüssen und Kanälen im Leistungsbereich von 0,5 bis etwa 160 kW. Die Daten des Beitrages entsprechen dem Stand der Technik von Jänner 2011.

Weltweit erstes Gravitationswasserwirbelkraftwerk in Obergrafendorf (Austria)

zement + beton 3_11 37

Bei näherer Betrachtung ist das Gravitationswasser wirbelkraftwerk nicht nur ein Wasserkraftwerk, sondern vielmehr ein neuartiger Bioreaktor.

sticht durch seine Robustheit und Einfachheit. Es benötigt auch bei schwankenden Wasser- durchflussmengen keine verstellbaren Turbi- nenschaufeln bzw. keinen verstellbaren Leitapparat samt Regelsystem. Eine Rest- wasserabgabe vorbei an der Turbine ist ebenso nicht nötig, da das Wasser unmittel- bar unterhalb der Klappwehr wieder in das Fließgewässer zurückströmt. Bei näherer Betrachtung ist das Gravitations- wasserwirbelkraftwerk nicht nur ein Wasser- kraftwerk, sondern vielmehr ein neuartiger Bioreaktor, der gewässer spezifische Wasser- pflanzen, Kleinlebewesen und Fische, soge- nannte Bioindikatoren des Fließgewässers, generiert. Hierfür transportiert die spiralförmig rotierende Wasserströmung des Gravitations-

Koppe und Kleinlebewesen wie Bachflohkrebse und Köcherfliegenlarven im Gravitationswasserwirbelkraftwerk

Schematischer Aufbau eines Gravitationswasserwirbelkraftwerks

Das Gravitationswasserwirbelkraftwerk als Bioreaktor

wasserwirbels stetig Luft von der Wasser- oberfläche an die Wand- und Bodenflächen des Rotationsbeckens. Dort siedeln sich ver- schiedenste Wasserpflanzen wie beispiels- weise Quellmoose an. Diese gedeihen im ständig vorbeiströmenden und mit Luft an ge reicherten Wasser prächtig und bieten Kleinlebewesen und Jungfischen einen idealen Lebensraum. Pro Quadratmeter Quellmoosfläche findet man über 1 Kleinlebewesen, die als lebendes Fischfutter Fische zum und in das Gravitationswasserwirbelkraftwerk locken. Zusätzlich ist in das Gravitationswasser- wirbelkraftwerk eine flache Rampe integriert,

Die technischen Daten der Pilotanlage in Obergrafendorf: Fallhöhe: 1,5 m Durchflussmenge: 0,9 m³/s Turbinenwirkungsgrad: 79 % Getriebewirkungsgrad: 92 % Generatorwirkungsgrad: 86 % Elektrische Leistung: 8,3 kW Maximale elektrische Leistung: 10 kW Durchschnittliches Jahresarbeitsvermögen: 65 kWh

zement + beton 3_11 39

Autor: DI Franz Zotlöterer zotloeterer

Projektdaten:

Bauherr: DI Franz Zotlöterer | Statik, Bauleitung und Bauführung: ZÖFA Baubüro GmbH unter der Leitung von Ing. Franz Zöchbauer | Planungsbeginn: 2004 | Baubeginn: März 2005 | Fertigstellung: Mai 2005 | Dauerbetrieb: seit Anfang 2006

Alleine in Europa können rund 5 Mio. Gravitationswasserwirbelkraftwerke mit einer durchschnitt lichen Leistung von 20 kW errichtet werden. Das entspricht einer Gesamtleistung von etwa 100 GW, wodurch es bereits kurzfristig und ohne negative Auswirkungen auf unsere Umwelt möglich wäre, 40 Atomkraftwerke zu ersetzen.

Typischer Standort für ein 40-kW-Gravitationswasserwirbelkraftwerk an einem 16 m breiten Fluss mit 5 m³/s mittlerer Wasserführung

Baurecht, rechtliche Bestimmungen nach dem Ener- giewesengesetz, Umweltverträglichkeitsprüfung, ...) kann mit der Errichtung des Kraftwerks begonnen werden. Bei niedriger Wasserführung im Fließgewäs- ser wird die (Klapp-)Wehranlage errichtet. Um die Arbeiten für den Stahlbetonbau zu erleichtern, wird das Wasser um den jeweils aktuellen Arbeitsbereich herumgeführt. In die Uferböschung werden die Rota- tionsbecken integriert. Alle Betonwände erhalten eine doppelte Bewehrung. Je nach Kraftwerksstandort sollte die gewählte Betonqualität für tiefe Temperaturen in den Wintermonaten möglichst frostbeständig sein.

Der Aushub, die Errichtung des Stahlbetonbaukörpers, die Hinterfüllung und die Wiederher stellung der an- grenzenden (Grün-)Flächen können in wenigen Wo- chen fertiggestellt werden. Anschließend werden die Wehrklappe, der Spül- und Einlaufschütz installiert. Auf das Rotations becken wird der Maschinensatz mit Generator, Getriebe und Turbine montiert. Es er- folgt die elektrische Verkabelung zum Schaltkasten bzw. zum öffentlichen Stromnetz. Nach Fertigstellung, Probelauf und Abnahme kann das Gravitationswas- serwirbelkraftwerk schließlich in Betrieb gehen. Je nach Akzeptanz der Bevölkerung bzw. Dringlichkeit nach einer baldigen dezentralen Energieversorgung können alleine in Europa rund 5 Mio. Gravitations- wasserwirbelkraftwerke mit einer durchschnittlichen Leistung von 20 kW errichtet werden. Das entspricht einer Gesamtleistung von etwa 100 GW, wodurch es bereits kurzfristig und ohne negative Auswirkungen auf unsere Umwelt möglich wäre, 40 Atomkraftwerke zu ersetzen. Und dies nicht nur für die nächsten 50 Jahre, sondern für die nächsten 200 Jahre und darüber hinaus. Die Amortisationszeit liegt je nach Stromtarif und Größe der Wasserkraftanlage zwischen 5 und 25 Jahren. Grundsätzlich ermöglicht eine Eigen- bedarfsdeckung mit elektrischer Energie die kürzeste Amortisationszeit für ein Wasserkraftwerk, da die Verkaufspreise für elektrische Energie am freien Markt deutlich über den Einkaufspreisen liegen.

Das Risiko für ein Investment in mehrere Gravitations- wasserwirbelkraftwerke ist gering, da die Errichtungs- zeit bei wenigen Monaten liegt und die Kraftwerke bereits in kurzer Zeit Ökostrom liefern. Ein geplantes größeres Investment kann nach jedem fertiggestellten Kraftwerk beendet werden bzw. auch zu einem spä- teren Zeitpunkt mit der Errichtung weiterer Kraftwerke wieder aufgenommen werden.

Gravitationswasserwirbelkraftwerk mit zwei Turbinen am Wimitzbach in Kärnten

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Das Gravitationswasserwirbelkraftwerk
Text | Franz Zotlöterer
Bilder | © DI Franz Zotlöterer
Visualisierungen | © DI Franz Zotlöterer
2003 wurde das Gravitationswasser-
wirbelkraftwerk vom österreichischen
Techniker DI Franz Zotlöterer entwickelt.
Mit dem ersten erteilten Patent 2004 er-
folgte die Gründung des Unternehmens
Zotlöterer zur Planung und Errichtung
von Gravitationswasserwirbelkraftwerken.
2005 wurde eine erste Pilotanlage mit
7,5 kW elektrischer Leistung und einem
Jahresarbeitsvermögen von rund
43.000 kWh in Obergrafendorf in
Niederösterreich errichtet. 2009 wurde
die Pilotanlage mit einer für das Gravita-
tionswasserwirbelkraftwerk optimierten
Turbine, der Zotlöterer-Turbine, und einem
leistungsstärkeren Generator ausgestat-
tet, wodurch die elektrische Leistung bis
auf 10 kW erhöht werden konnte.
Zwischen 2007 und 2010 folgten weitere
Gravitationswasserwirbelkraftwerke in
Indonesien, in der Schweiz, in Irland und
in Österreich. 2011 soll auch in Deutsch-
land die erste Anlage in Betrieb gehen.
Wie funktioniert nun ein Gravitationswas-
serwirbelkraftwerk? Durch eine niedrige
Klappwehr wird das Wasser seitlich aus
dem Fließgewässer durch einen großzü-
gig dimensionierten Grobrechen geführt.
In dem dahinterliegenden, in die Uferbö-
schung des Fließgewässers integrierten
Rotationsbecken entsteht ein mächtiger
stabiler Wasserwirbel, ein sogenannter
Gravitationswasserwirbel mit senkrechter
Drehachse, der in seinem Zentrum eine
neuartige Turbine, die Zotlöterer-Turbine,
antreibt und über einen Generator Öko-
strom erzeugt. Die Funktionsweise des
Gravitationswasserwirbelkraftwerks be-
Das Gravitationswasserwirbelkraftwerk erschließt als neuartiges Laufwasserkraftwerk für
niedrige Fallhöhen derzeit noch ungenutzte Potenziale der Wasserkraft an unzähligen Bächen,
Flüssen und Kanälen im Leistungsbereich von 0,5 bis etwa 160 kW. Die Daten des Beitrages
entsprechen dem Stand der Technik von Jänner 2011.
Weltweit erstes Gravitationswasserwirbelkraftwerk in Obergrafendorf (Austria)