Alle großen Sender würdigen den vor einem Jahr verstorbenen Michael Jackson. Höhepunkt ist die TV-Premiere von "This is it".

Stuttgart - Er gilt als der größte und dank über 750 Millionen verkaufter Schallplatten und CDs vor allem der erfolgreichste Popstar aller Zeiten. Und doch war Michael Jackson offenbar ein trauriger Mensch, der nie gelernt hat, das Leben zu meistern. Er starb im vergangenen Jahr am 25. Juni an der Überdosis eines Betäubungsmittels. In mehreren Dokumentationen würdigen die großen Sender den "King of Pop". Den Auftakt macht am Freitag das ZDF mit Markus Lanz (23.55 Uhr).

Der Talkshowmoderator ist nach Kalifornien gereist und hat unter anderem Jacksons legendäre Neverland-Ranch besucht. Der wahr gewordene Kindheitstraum war das Refugium des Superstars und repräsentierte die andere Seite des Künstlers. Gespräche mit Weggefährten, Ausschnitte aus Videoclips und Konzerten sowie einige bislang nie gezeigte Aufnahmen runden den Film ab.

Ganz ähnlich funktioniert das Porträt aus der ARD-Reihe "Legenden" (Montag, 21. Juni, 21 Uhr). Michael Wech beginnt mit den mysteriösen Umständen von Jacksons Tod, rekapituliert kurz die Karriere und konzentriert sich ansonsten überwiegend auf Interviews. Neben den üblichen Wichtigtuern sind dies unter anderem Jacksons Schwester La Toya, seine erste Freundin sowie ein Rabbi, der in den letzten Jahren seines Lebens anscheinend sein engster Vertrauter war.

Dokumentarfilm lässt Fragen unbeantwortet


Natürlich spart der Film auch die Schattenseite der Karriere nicht aus, deren Tiefpunkt die Anklage wegen Kindesmissbrauchs war. Der schon im März gezeigte RTL-Film "100 Prozent Michael Jackson", den der Sender an Jacksons Todestag um 23.15 Uhr wiederholt, stellt so etwas wie eine Schnittmenge der beiden anderen Porträts dar und sorgt allenfalls noch für Ergänzungen.

Der Höhepunkt der Michael-Jackson-Tage ist ohnehin die TV-Premiere des Dokumentarfilms "This is it" (24. Juni, ProSieben, 20.15 Uhr). Dem Regisseur Kenny Ortega standen rund hundert Stunden Material zur Verfügung, das er bei den Proben für die geplante gleichnamige Konzertreihe aufgenommen hatte. Danach wäre dann, wie er auf seiner letzten Pressekonferenz angekündigt hat, der letzte Vorhang gefallen. Wenn Ortegas Werk, das die Proben für die fünfzig vertraglich vereinbarten Konzerte in der Londoner O2-Arena dokumentiert, halbwegs authentisch ist, wäre das Comeback in der Tat ein Ereignis geworden, zu dem Fans aus aller Welt gepilgert wären.

Der Dokumentarfilm beantwortet am allerwenigsten, was auch in den TV-Porträts offenbleibt. Jackson, hieß es nach seinem Tod, soll zuletzt ein Wrack gewesen sein, psychisch wie physisch: gepeinigt von Wahnvorstellungen und Paranoia, abgemagert zum Skelett und nie im Leben in der Lage, auch nur ein Konzert durchzustehen; geschweige denn fünfzig. Ortega hingegen zeigt den Popstar auf der Höhe seines Ruhms und seiner körperlichen Fitness. Das ist zwar unmöglich, weil beides mindestens zwanzig Jahre zurückliegt, doch genau dieser Eindruck wird vermittelt. Man sieht einen Künstler, der über die Bühne wirbelt wie ein Mann von Mitte zwanzig; einen Musiker, der perfektionistisch an kleinsten Tonfolgen bastelt; einen Menschen, dessen Ausstrahlung immer noch elektrisiert und bei dem die Stimme klar und kräftig ist, auch wenn sie mitunter leicht zittert. Aber nicht mal bei Livekonzerten vermag man ja zwischen Playback und echtem Gesang zu trennen. Selbst wenn akustisch also nachgeholfen wurde: Die tänzerischen Darbietungen sind derart energiegeladen, dass man Jacksons lebensmüde Ankündigung, mit fünfzig wolle er nicht immer noch den "Moonwalk" machen, kaum glauben kann.

Kein hemmungsloser Personenkult


Eine große Stärke des Films ist ausgerechnet jener Aspekt, der doch eigentlich das größte Manko sein müsste. "This is it" war ja in dieser Form nie geplant. Einen Film hätte es zwar ganz sicher gegeben, aber doch keine Dokumentation eines "Work in Progress". Ortega, berühmt geworden als Choreograf von "Dirty Dancing" und schwerreich als Regisseur der diversen High School Musicals, sollte die Proben für Jacksons Privatarchiv dokumentieren. Während der Schnitt beim klassischen Konzertfilm auf die Musik abgestimmt und entsprechend rasant ist, dominieren hier die langen Einstellungen. Auf diese Weise kann man den Künstler in aller Ruhe bei der Arbeit beobachten. Manchmal wechseln die Perspektiven und mit ihnen die Kostüme, aber es gibt keinerlei irrwitzige Fahrten einer über die Bühne und durch die Halle sausende Kamera.

Aber es gibt natürlich auch kein Publikum. Deswegen ist der Film zwar bewegend, aber er muss ohne jene Gänsehautmomente auskommen, die sich bei guten Konzertfilmen immer ergeben. In der leeren Arena verlieren sich allein direkt vor der Bühne all jene, die gerade nicht gebraucht werden, die Tänzer und die Techniker, die zwischen den zwölf Liedern gelegentlich auch selbst zu Wort kommen und sich mit dem erwartbaren Pathos über Jackson äußern. Andererseits tragen sie gemeinsam mit den Musikern dazu bei, dass der Film so ein großartiges Dokument geworden ist. Ein musikalisches Denkmal, aber kein hemmungsloser Personenkult, und deshalb ein Werk, dass allen gerecht wird: Michael Jackson, seiner Musik und seinen Fans.