Die Verhandlungen über die Reformliste Griechenlands kommen nur schleppend voran. Bald droht ein finanzieller Engpass, denn das Geld reicht offenbar nur noch bis Ende April.

Stuttgart - Wieder einmal steht Griechenland offenbar kurz vor der Pleite: Das Geld reiche nur noch bis Ende April, soll der griechische Unterhändler in der Euro-Arbeitsgruppe gewarnt haben. Umso unverständlicher ist es den Vertretern der anderen Euroländer, dass Athen immer noch kein brauchbares Reform- und Sparkonzept vorgelegt hat, das den Weg zur Auszahlung weiterer Hilfsgelder ebnen könnte. Die Zeit drängt. „Kompromiss oder Chaos“ titelte die Athener Sonntagszeitung „To Vima“. In griechischen Regierungskreisen gibt man sich optimistisch: Bis zum nächsten Treffen der Euro-Finanzminister am 24. April werde es „zu 100 Prozent“ eine Einigung mit den Gläubigervertretern geben, sagt Staatsminister Alekos Flambouraris, ein enger Vertrauter von Ministerpräsident Alexis Tsipras.

 

Doch die Gespräche sind zäh. Erschwert werden sie dadurch, dass zweigleisig verhandelt wird: Die politischen Verhandlungen finden in Brüssel statt, während in Athen nur noch untergeordnete technische Experten Daten sammeln. So will die Links-rechts-Regierung demonstrieren, dass sie die verhasste Troika tatsächlich vertrieben hat. An politisch heikle Fragen wie die Rentenreform, die Lockerung des Kündigungsschutzes und den Stellenabbau im öffentlichen Dienst will die griechische Seite gar nicht ran – schließlich hatte Tsipras im Wahlkampf versprochen, die Renten zu erhöhen und Zehntausende im Staatsdienst einzustellen.

Strukturreformen fehlen bis jetzt fast vollständig

Der bis jetzt von Athen vorgelegte Maßnahmenkatalog, der schon mehrfach nachgebessert werden musste, enthält vor allem Maßnahmen zur Steigerung der Steuereinnahmen. Das hat man allerdings in den vergangenen Jahren schon zu oft gehört, um es für bare Münze zu nehmen. Was bis jetzt fast vollständig fehlt, sind Strukturreformen, mit denen Griechenlands Wirtschaft nachhaltig wettbewerbsfähiger gemacht und das Investitionsklima verbessert werden könnte. So lehnt die Regierung aus ideologischen Gründen weitere Privatisierungen ab. Bereits laufende Projekte, wie die Privatisierungen von See- und Flughäfen, sollen modifiziert werden, um dem Staat größere Kontrolle zu geben.

Zuletzt hat Griechenland im Juli 2014 Hilfsgelder erhalten. Seitdem sind die Auszahlungen gestoppt, weil schon die Vorgängerregierung mit den Reformen und Sparzusagen im Rückstand war. Aus dem laufenden Hilfsprogramm, das bis Ende Juni verlängert wurde, stehen noch 7,2 Milliarden Euro zur Verfügung. Die griechische Regierung hofft, dass die Eurogruppe bei ihrem Treffen am 24. April wenigstens einen Teil der ausstehenden Hilfsgelder frei gibt oder dass die EZB die Ausgabe weiterer Geldmarktpapiere genehmigt. Erfüllt sich diese Hoffnung nicht, könnte der Staat bereits Ende April Schwierigkeiten haben, Gehälter und Renten zu zahlen.

1,5 Milliarden Euro monatlich für Gehälter und Renten

Überdies stehen im nächsten Monat wieder größere Zahlungen an: Am 12. Mai muss Athen 768 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) überweisen, zur Tilgung eines Kredits aus dem Jahr 2010. Außerdem müssen Geldmarktpapiere von 2,8 Milliarden Euro refinanziert werden. Im Juni belaufen sich die Zahlungsverpflichtungen sogar auf mehr als 3,5 Milliarden. Außerdem braucht der Staat jeden Monat rund 1,5 Milliarden für Gehälter und Renten.

Ohne weitere Hilfskredite kann Athen diese Zahlungen nicht leisten, denn die Erwartung, das Land könne sich in diesem Jahr bereits wieder am Kapitalmarkt refinanzieren, hat sich zerschlagen. Daran ist auch auf absehbare Zukunft nicht zu denken, zumal nicht unter einer Regierung Tsipras. Längst wird deshalb über ein drittes Rettungspaket spekuliert.

Ging man zunächst davon aus, Griechenland brauche weitere zehn Milliarden Euro, gehen die Schätzungen inzwischen in eine Größenordnung von 30 bis 40 Milliarden. Klar ist: neue Kredite sind in den Eurostaaten politisch nur durchsetzbar, wenn Athen im Gegenzug weitere Reformen umsetzt. Die Verhandlungen darüber stehen unter einem großen Zeitdruck. Sie müssen bis Ende Juni abgeschlossen sein, denn dann läuft das bisherige Hilfsprogramm aus.