Das böse München:"Das Schlimmste ist die Wichtigtuerei"

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In dem Buch "Das böse München" deckt die Kulturkritikerin Ponkie die Missstände der Stadt auf. Ein Gespräch darüber, was in München schlecht läuft.

Beate Wild

Ilse Kümpfel-Schliekmann, 1926 in München geboren, ist besser bekannt unter ihrem Pseudonym Ponkie. Sie ist seit 1956 Film- und Fernsehkritikerin und schreibt unter anderem für das Feuilleton der Abendzeitung .

Ponkie, bei der Präsentation ihres Buches "Das böse München". (Foto: Foto: Stephan Rumpf)

sueddeutsche.de: Vor kurzem ist Ihr Buch "Das böse München" erschienen. Ist München denn wirklich so böse? Ponkie: Böser als andere Städte ist München bestimmt nicht. Ich fand nur diese Euphorie und Lobhudelei anlässlich der 850-Jahr-Feier in diesem Jahr einfach übertrieben. Das hing mir so zum Hals heraus, dass ich dringend eine Gegendarstellung bringen musste. Denn München kann auch anders als nur nett sein.

sueddeutsche.de: Was meinen Sie denn damit?

Ponkie: Da braucht man sich nur Helmut Dietls Film "Kir Royal" anzusehen, dann ist man über die bösartigen Seiten Münchens bestens informiert. Die Hinterfotzigkeit der Bussi-Gesellschaft wird da sehr schön gezeigt.

sueddeutsche.de: Das Bösartige in München ist also in der Schickeria angesiedelt?

Ponkie: (lacht) Na ja, zumindest im überzogenen Sinn. Das ist natürlich mit einem Augenzwinkern zu sehen. Hinter der feinen Gesellschaft lauern Abgründe: Schmiergeldskandale, Schickimicki-Morde und moralische Fehltritte. Das Schlimmste an der Schickeria aber ist diese typische Klasseneigenart: die Wichtigtuerei. Aber das hat wiederum auch ein Gutes: Es ist äußerst unterhaltsam. Ohne Schickeria wäre es uns doch langweilig.

sueddeutsche.de: Was ist sonst noch böse an München?

Ponkie: Ernsthaft bösartig war München nur während der Nazi-Zeit, als "Hauptstadt der Bewegung". Das ist ein schlimmer Schandfleck in der Geschichte unserer Stadt.

sueddeutsche.de: Was ist 2008 für Sie Unerfreuliches in München vorgefallen?

Ponkie: Mich ärgert zum Beispiel, dass man den Englischen Garten mit Verboten überziehen will. Wobei ich immer sage, dass Verbote dazu da sind, sie zu übertreten. Vor allem aber bin ich entsetzt über die Toleranz, die Neonazis gegenüber an den Tag gelegt wird. Diese Leute nutzen die Liberalität des Rechtsstaates aus, wollen diesen aber eigentlich abschaffen. Das ist eine wirklich böse Zeiterscheinung.

sueddeutsche.de: München müsste gegen diese Leute also entschiedener vorgehen?

Ponkie: Ja, da ist die Justiz eindeutig zu lasch.

sueddeutsche.de: Wenn Sie auf die vergangenen Jahrzehnte zurückblicken, geht es mit München bergauf oder doch bergab?

Ponkie: Ich sag mal vorsichtshalber, es geht bergauf. Allerdings muss ich als Kulturkritikerin hier entschieden auf das niedrige Niveau im Unterhaltungsbereich hinweisen. Gerade die Qualität des Fernsehens wird zusehends immer schlechter.

sueddeutsche.de: Wie ist Ihre Prognose für 2009? Gibt es noch Hoffnung für München?

Ponkie: Sicher, aber man muss ständig gegen das Böse arbeiten. Beispielsweise würde ich mir wünschen, dass es endlich aufhört, dass die Innenstadt mit immer mehr Luxusboutiquen und Shopping-Malls zugepflastert wird.

sueddeutsche.de: Lassen Sie denn gar kein gutes Haar an München?

Ponkie: Freilich, alleine die Isarauen sind eine wahre Freude. Wenn Sie dort spazieren gehen, zeigt sich München von seiner schönsten Seite. Und auch der Tierpark Hellabrunn gehört zu den guten Dingen.

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