Dorfen war bis zur Säkularisation nach Altötting des meistbesuchte Wallfahrtsziel Süddeutschlands. In der Blütezeit kamen etwa 100 000 Pilger jährlich nach Dorfen, um zum Gnadenbild zu beten und um Hilfe zu bitten, darunter Kurfürsten, Fürstbischöfe und Fürsterzbischöfe. Rund vier Millionen sollen es insgesamt gewesen, bis etwa ab 1800 der Pilgerzulauf zurückging. Der Historische Kreis Dorfen hat sich im Rahmen einer Ausstellung mit der Thematik beschäftigt, die vor kurzem eröffnet wurde und im Foyer des Rathauses zu sehen ist.
Wolfgang Lanzinger hat die Geschichte zusammengefasst, unterstützt von Herbert Moser. Die Gestaltung übernahm Robert Haas. Sie geben damit Einblicke in eine Zeit, die Dorfen wohlhabend gemacht hat. Neben zahlreichen Beherbergungsstätten gab es in Dorfen während der Blütezeit mehr als 20 Gastwirtschaften und sechs Brauereien. Wer sich schon einmal gewundert hat, dass es in Dorfen immer noch vergleichsweise viele Wirtschaften gibt, findet hier die Erklärung.
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Die Geschichte geht auf das Gnadenbild "Unserer lieben Frau zu Dorfen" zurück, eine geschnitzte Madonna mit Kind, die um das Jahr 1470 entstanden ist. Die gotische Plastik stellt eine sitzende Maria mit dem Jesuskind auf dem Schoß dar. In seiner rechten Hand hält der unbekleidete Jesus eine goldene Kugel mit einem Kreuz als Sinnbild für die Welt. Das Gnadenbild wurde später vielfach als Ölbild kopiert und ist in zahlreichen Kirchen und Kapellen in der Region zu finden.
Dieser Darstellung von Maria und Jesus wurden heilsame Kräfte nachgesagt. Doch erst ab dem 19. Mai 1707 ging der Rummel richtig los: Das Gnadenbild der Kirche auf dem Ruprechtsberg wurde von einer kirchlichen Kommission als wundertätig erklärt und die Wallfahrt erfuhr dadurch einen enormen Aufschwung. Adelige und Hohe Geistlichkeit kamen nach Dorfen, wenn sie von Krankheiten geplagt wurden. Ein neues Priesterhaus wurde errichtet. 1732 war das Rekordjahr mit 125 000 Pilgern. Von 1777 bis 1804 wurde sogar ein Teil des Priesterseminars des Bistums Freising im Dorfener Priesterhaus untergebracht. Dorfen war für mehr als ein Vierteljahrhundert Hochschulstandort.
Die Medizin steckte im 17. und 18. Jahrhundert noch in den Kinderschuhen, erklärt Wolfgang Lanzinger den Erfolg der Wallfahrt. Ärzte konnte sich das normale Volk nicht leisten und Heilkunde wurde als Hexerei abgetan. Blieben nur noch die Schutzpatrone, vor allem Mutter Maria, die für die Heilung aller Krankheiten zuständig war.
Dieser Glaube wurde durch die Mirakelbücher gefestigt, in denen von allerhand wundertätigen Heilungen erzählt wurde. Diese Wundertätigkeit erstreckte sich angeblich weit über Dorfen hinaus: So habe beispielsweise ein Müller in Böhmen beim Brand seines Hauses eine Dorfener Madonna in das Fenster gestellt: "Daraufhin verlöschte das Feuer beinahe wie von selbst", zitiert die Ausstellung aus den Mirakelbüchern.