SZ-Kolumne "Bester Dinge":Am Harn herbeigezogen

(Foto: imago/All Canada Photos)

Forscher haben herausgefunden, wie Erdhörnchen im Winterschlaf Muskelschwund vermeiden. Eine ziemlich geniale Entdeckung - vor allem für Astronauten.

Von Alexander Menden

Dass Captain Kirks Muskeln sein senfgelbes Uniform-Shirt immer bis zum Bersten füllen, trägt nicht nur dazu bei, dass er unzählige Amouren im gesamten Alpha-Quadranten in seinem privaten Logbuch verzeichnen kann. Es beweist auch, wie weit die Technik im 23. Jahrhundert gediehen sein wird: Kirks Raumschiff, die Enterprise, generiert selbst so viel Gravitation, dass die Besatzung nicht herumschwebt, sondern ganz normal durch die pneumatischen Schiebetüren spazieren kann.

Im 21. Jahrhundert hingegen ist Schwerelosigkeit noch immer ein Problem beim Raumflug, nicht zuletzt für die Muskulatur der Raumfahrer - ohne Erdanziehungskraft hat sie kein Gewicht zu tragen. Gegen den Schwund der Muskelzellen mussten Astronauten daher bislang mit allerlei Fitnessmaßnahmen anstrampeln. Doch jetzt hat Matthew Regan, Assistenzprofessor für Tierphysiologie an der Universität Montreal, bei Untersuchungen an Erdhörnchen, genauer: an Dreizehnstreifen-Hörnchen, etwas Faszinierendes herausgefunden. Wie Regan in der Zeitschrift Science schrieb, können die Tiere im Winterschlaf mittels Darmbakterien Harnstoff aus ihrem Blut in Stickstoff umwandeln, den sie dann wiederum als Nährstoff aufnehmen, und damit bilden sie neue Muskelzellen. So vermeiden Winterschläfer Muskelschwund.

Der nächste Schritt wäre laut Regan herauszufinden, wie man diese sogenannte Harnstoff-Stickstoff-Rückgewinnung für Astronauten nutzbar machen kann, um ihre Muskelmasse auf längeren Raummissionen zu erhalten. Bis zur Erfindung eines künstlichen Gravitationsfeldes ruht die Hoffnung zukünftiger Langzeitflüge im All demnach auf der Darmflora schlummernder Erdhörnchen. Die alte Weisheit stimmt also: Den Seinen gibt's der Harn im Schlaf.

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