Lorna Komm (lko)

"Ein eigenständiger Künstler, dessen Werke den Betrachter bewegen": Mit diesen Worten eröffnete die Markdorfer Kunsthistorikerin Juliane Nagy die Ausstellung mit Werken von Roland Peter Litzenburger in der Meersburger Seniorenresidenz Augustinum. In diesem Jahr hätte der Maler seinen 100. Geburtstag gefeiert. Nagy freute sich, die Ausstellung in Anwesenheit von drei seiner vier Kinder eröffnen zu können.

Ein Grußwort im Namen der Familie sprach Thomas Litzenburger, nach Veronica und Victoria das dritte Kind des Künstlers. Die jüngste Tochter Michaela konnte nicht anwesend sein, dafür waren einige Enkel mit dabei. Die Kunsthistorikerin gab einen Überblick über sein Schaffen: Für den Bodenseemaler war Christus eine Identifikationsfigur. Er sei in seinen Arbeiten beeinflusst gewesen "vom Ringen zwischen Kunst und Kirche". Durch den Umbruch in der katholischen Kirche und der Entstehung der Künstlerbewegung der L'art sacré in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts löste auch Litzenburger sich von den gewohnten Darstellungen der Ikonologie. Neben farbintensiven abstrakten Werken wie "Ostersonne" oder "Pfingstfeuer" sind auch Bilder zu sehen, die Litzenburgers "Talent als Zeichner zeigen", sagte Juliane Nagy, zum Beispiel jene zu Märchenthemen. Hierzu hebt die Kunstsachverständige die Zeichnung der "Bremer Stadtmusikanten" hervor, welche sie als ein "beängstigendes Werk mit Fratzen von Mensch und Tier" beschreibt. Litzenburger habe damit widerlegen wollen, dass "man mit Kugelschreiber nicht zeichnen könne".

"Mich dürstet nach reinem Wasser" ist der Titel der Zeichnung, in der sich der Künstler mit dem Fischsterben am Bodensee 1974 ...
"Mich dürstet nach reinem Wasser" ist der Titel der Zeichnung, in der sich der Künstler mit dem Fischsterben am Bodensee 1974 auseinandersetzt.

Es ist nur eine kleine Auswahl aus dem umfangreichen Werk des Künstlers. So sind vier Blätter aus dem insgesamt 13-teiligen Zyklus "Christus als Narr" in der Ausstellung zu sehen. Mal in Schwarz, mal in Rot gemalt wird ein geschundener Christus mit clownesker Nase dargestellt, der all das Leid der Konzentrationslager zeigt. Die Kunsthistorikerin betont die Perfektion, mit der die "Spannung zwischen Leid und Melancholie" eingefangen wurde.

Symbolträchtig auch die Zeichnung "Mich dürstet nach reinem Wasser", in der sich der Maler mit dem großen Fischsterben im Bodensee 1974 auseinandersetzt. Damals, als Umweltgedanken in der Politik noch keine Rolle spielte, bewegte Litzenburger diese Naturkatastrophe zutiefst. Er verbindet in der Zeichnung den Fisch als christliches Symbol mit dem leidenden Jesus, sie verschmelzen zu einer Figur und gemeinsam schnappen sie nach dem Lebenselixier. Diese Zeichnung ist auch eine von vielen, die Litzenburger, dem die Jugend sehr wichtig war, für den Abdruck in Religionsbüchern freigegeben hat. Auch andere seiner Werke zieren Postkarten und Drucke.

Abdruck des blutenden Antlitz Christi

Im Privatbesitz der Markdorferin Ruth Hütz befindet sich das ausgestellte Bild "Das Schweißtuch der heiligen Veronika". Hielt Litzenburger es anfänglich für unmöglich, den Abdruck des blutenden Antlitz Christi zu malen, probierte er es auf Bitten des befreundeten Ehepaares dann doch, das Motiv in ein Bild umzusetzen. Entstanden ist ein geheimnisvolles Gemälde, auf dem der Abdruck des Gesichtes kaum erahnt werden kann, beschreibt Nagy. Ruth Hütz charakterisiert die Freundschaft, die sie mit Litzenburger über zehn Jahre von 1977 bis zu seinem Tod an Heiligabend 1987 verband, als eine "sehr persönliche, menschliche Freundschaft".

Ihre Familien seien stark verbunden gewesen. Heute wohnt Ruth Hütz im Augustinum, die Werkschau hatte sie mit angestoßen. Kirsten Franke, Kulturreferentin im Augustinum, nahm die Anregung gerne auf und ist stolz, die Ausstellung "einer regionalen Größe im Haus zu haben".

Die Ausstellung ist noch bis zum 5. Januar im Foyer des Augustinum zu sehen.

Zur Person

Roland Peter Litzenburger, geboren am 31. Oktober 1917 in Ludwigshafen am Rhein, begann schon vor dem krankheitsbedingt späten Abitur mit Abendkursen in Modellieren und Zeichnen. Nach seinem Architekturstudium in Darmstadt leistete er seinen Kriegsdienst. 1946 zog er nach Oberammergau und arbeitete als Maler und Bildhauer. Anschließend studierte er sowohl Kunsterziehung in Stuttgart als auch Kunstgeschichte und Germanistik in Freiburg. Ab 1952 war er freischaffender Maler und Bildhauer. 1987 verstarb Roland Peter Litzenburger und wurde in seinem Heimatort Markdorf-Leimbach beigesetzt. 2015 wurde auf dem Bergheimer Friedhof auf Initiative der Familie Hütz ein Wegkreuz als Gedenkstätte aufgestellt. (lko)