Gerd Feuerstein

Nach der Legende war die Gegend, in der die Dreitrittenkapelle einst erbaut wurde, ehemals eine Rossweide. Sogenannte "Rossbuben" hüteten dort das Jahr über Pferde. Die kleinen Rossbuben führten nicht selten ein ausgelassenes, mutwilliges Leben und verwilderten bis zum Herbst allemal arg. Unter ihnen soll sich auch einer befunden haben, dessen Zunge das Fluchen geläufiger war als das Beten. Als er wieder einmal lästerlich fluchte, soll plötzlich der Herrgott in Menschengestalt mit erhobenem Zeigefinger vor ihm gestanden sein, um ihn zur Räson zu bringen. Doch davon ließ sich der Rossbub nicht beeindrucken. Ganz im Gegenteil.

Diese Gedenktafel erinnert an die Gemeinschaftsaktion des Stettener Gewerbevereins zur Renovierung der Kapelle.
Diese Gedenktafel erinnert an die Gemeinschaftsaktion des Stettener Gewerbevereins zur Renovierung der Kapelle.
Über einem Fußabdruck den der Herrgott einst hinterlassen haben soll, wurde die Kapelle vor rund 320 Jahren erbaut.
Über einem Fußabdruck den der Herrgott einst hinterlassen haben soll, wurde die Kapelle vor rund 320 Jahren erbaut.

Er fluchte noch viel sündiger, erhob gar seine Geißel gegen den Herrgott, um diesen zu vertreiben. Da sprang dieser über drei Steine hinweg hinter ein Gebüsch und war wieder verschwunden. Doch in den drei Steinen hinterließ er seine Fußabdrücke, die nicht wieder wegzubringen waren. Schnell wurde die Sache ruchbar und aus dem ganzen Umland strömten Leute herbei – besonders solche, die mit Fußübeln behaftet waren – und stellten ihren Fuß in die Herrgotts-Tritte. Auch ein alter Pfarrer aus Stetten setzte seinen kranken Fuß dort hinein und alsbald wurde er von seinem Fußleiden befreit, so heißt es. Aus Dankbarkeit ließ er dann die kleine Kapelle über einem dieser Steine erbauen.

Auch neben der Kapelle ist ein Fußabdruck zu sehen
Auch neben der Kapelle ist ein Fußabdruck zu sehen

Rund 320 Jahre sind seither ins Land gezogen. Vor 20 Jahren, genau am 9. Juni 1996, hat die damalige Pfarrgemeinde Stetten a.k.M. das 300-jährige Bestehen der Kapelle groß gefeiert. Verbunden war jenes Jubiläum mit der Beendigung einer aufwendigen Renovierung der Kapelle und der sie kranzförmig umgebenden 15 Kreuzwegstation. Auch um die Jahrhundertwende und in den Jahren 1959, sowie 1963/64 und 1979 hatte es Reparaturarbeiten und diverse Restaurierungen an dem kleinen Gotteshaus gegeben, doch Mitte der Neunzigerjahre ergriff der Stettener Gewerbeverein unter seinem damaligen Vorsitzenden Helmut Bürk sen. die Initiative für eine umfassende Sanierung. Viele Gewerbetreibende und Handwerker stellten sich seinerzeit in den Dienst dieser Sache, packten in rund 3000 freiwilligen Arbeitsstunden nicht nur kräftig mit an, sondern stellten auch beträchtliche finanzielle Mittel zur Verfügung. Weit über die Gemeindegrenzen hinaus hatte diese Aktion damals für Aufsehen gesorgt, sodass der Gewerbeverein dafür vom Land Baden-Württemberg mit einer Auszeichnung für eine engagierte und gelungene Bürgeraktion geehrt wurde.

Der "heilige Wendelinus" ziert die Eingangspforte der kleinen Kapelle.
Der "heilige Wendelinus" ziert die Eingangspforte der kleinen Kapelle.

Dass die seinerzeit groß angelegte Restaurierung der Kapelle keine Eintagsfliege war, sondern dass ihnen das kleine Kirchlein besonders am Herzen liegt, haben die damaligen Initiatoren Helmut Bürk und Friseurmeister Bernhard Urban inzwischen schon zigfach unter Beweis gestellt. Auch heute noch kümmern sie sich um den Zustand der Kapelle und um die Kreuzwegstationen, bringen diese bei Bedarf immer wieder in Ordnung, führen mit Hilfe ihrer früheren Mitstreiter Maler- oder Sanierungsarbeiten aus, sorgen für Spendeneinnahmen, lassen auch mal Figuren oder Stationen aufwendig restaurieren, wie beispielsweise den die Eingangspforte der Kapelle zierenden "Wendelinus". So ist und bleibt die Dreitrittenkapelle nach wie vor gern besuchte Anlaufstation für zahlreiche Pilger, Wanderer, Spaziergänger und Wallfahrer, zumal links neben der Kapelle im Jahre 1983 vom SPD-Landesverband ein Mahnmal zum Gedenken an die Opfer des Konzentrationslagers Heuberg errichtet wurde. Auch ein Gedenkstein zur Erinnerung an die verstorbenen Soldaten der ehemaligen Panzerbrigade 29 steht seit 1974 auf dem Gelände.
 

Besuchsmöglichkeiten

Während es in früheren Jahren noch viel Gezänk und Gezerre um den freien Zugang zu der Kapelle gab und das Militär stellenweise drohte, den Ort zu konfiszieren, ist seit Mitte der Siebzigerjahre der freie Zugang für alle Besucher zu jeder Zeit möglich. Die Kapelle ist an Sonn- und Feiertagen ganztägig geöffnet. Auch außerhalb dieser Zeiten ist ein Besuch jederzeit möglich. Interessierte und Gruppen können einen Termin mit Helmut Bürk sen. unter Telefon 0 75 73/10 20 oder 01 75/5 77 66 00 oder mit Bernhard Urban unter 0 75 73/53 03 vereinbaren. (gfe)