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Geheimhaltung statt Patent – aber richtig!

Das Patentrecht folgt eigenen Gesetzmässigkeiten und stellt kleinere und mittlere Unternehmen oft vor schwierige Herausforderungen. Eine Alternative zum Patentschutz ist die Geheimhaltung. Was beim Abschluss von Geheimhaltungsvereinbarungen aus rechtlicher Sicht beachtenswert ist, "verrät" der nachfolgende Artikel.

Das Geheimnis geheim halten

Ein Geheimnis im wirtschaftlichen Sinne ist eine sensible Information, die einem oder mehreren Eigentümern (Geheimnisherr) gehört und diesen vorbehalten bleiben soll.

Kein Dritter soll die geheimen Informationen zu seinen Gunsten nutzen und dadurch dem Geheimnisherrn Schaden zufügen können. In der arbeitsteiligen Wirtschaft besteht jedoch
das Bedürfnis, auch sensible Informationen mit Dritten wie Kunden, Lieferanten oder Beratern auszutauschen.

Um diese einem beschränkten Kreis von Personen zugänglich machen zu können, ist es in der Praxis üblich, sog. Geheimhaltungsvereinbarungen (oder engl. NDA für Non Disclosure Agreement) zu vereinbaren. Dabei handelt es sich um ganz normale Verträge, bei denen sich eine oder mehrere Parteien verpflichten, über bestimmte, ihnen bekannt gewordene oder noch bekannt werdende Informationen unter bestimmten, vertraglich definierten Bedingungen Stillschweigen zu bewahren.

In der Praxis …

… werden GHV oft im Rahmen von Forschungs- und Entwicklungsprozessen abgeschlossen. Beispielsweise verfügt eine Partei über eine Idee, die sie mit einem Entwicklungs oder Produktionspartner zur Marktreife bringen bzw. Prototypen davon herstellen will. Mündet eine derartige Entwicklung tatsächlich in einer patentierfähigen Erfindung und wird diese patentiert, fallen all jene Informationen, die aus der Patentschrift hervorgehen, nach deren Veröffentlichung nicht mehr unter die GHV. Die Dauer der GHV kann in diesem Fall zeitlich beschränkt werden und verliert irgendwann ihren Zweck. Es ist aber auch jener Fall denkbar, bei dem gerade kein Interesse an einer Patentierung – und damit verbunden einer Veröffentlichung – besteht, weil die Geheimhaltung als vorteilhafter erscheint. Dies ist beispielsweise der Fall bei einem geheimen Produktionsverfahren oder einer Rezeptur, welche der Konkurrenz unter keinen Umständen bekannt werden darf (Beispiel: Kräutersulz beim Appenzeller Käse, bekannt aus der Fernsehwerbung). Werden diese geheimen Informationen beispielsweise zu Testzwecken für eine neue Produktionsanlage an einen Dritten weitergegeben, sind an den Inhalt der GHV besonders strenge Anforderungen zu stellen.

Vorsicht bei offener Haftung

Oftmals kaum ernsthaft thematisiert wird die Frage der Haftung bei einem Verstoss gegen eine GHV. In aller Regel führt ein Verstoss gegen eine GHV auch nicht automatisch zu einem finanziellen Schaden, weil sich dieser nach einem Verstoss kaum nachweisen lässt. Aus diesem Grund werden in GHV oftmals Konventionalstrafen aufgenommen, wodurch der Schadenersatz im Vornherein pauschaliert wird, ohne dass die Höhe durch die geschädigte Partei in Form eines konkreten Schadens nachgewiesen werden muss. Angenommen, ein Verstoss gegen eine GHV lässt sich durch die geschädigte Partei nachweisen und eine geschäftskritische Information – z. B. ein bisher geheimes, nicht patentiertes Produktionsverfahren oder eine geheime Rezeptur – wird Öffentlich bekannt, könnte dies dem betroffenen Unternehmen einen immensen Schaden zufügen. Jene Firma oder Person, welche den Verstoss gegen die GHV zu verantworten hat, ist für den gesamten Schaden haftbar, falls keine Haftungsbegrenzung vereinbart wurde. Folglich kann der Verstoss sowohl die geschädigte als auch die schädigende Firma finanziell ruinieren. Daher sollten – je nach Optik – folgende Grundsätze beachtet werden:

• Für die Informationerhaltende Partei ist die Vereinbarung einer Haftungsobergrenze zu empfehlen, ggf. kombiniert mit einer Konventionalstrafe (z. B. CHF 100’000.– Konventionalstrafe pro Ereignis, Haftungsobergrenze CHF 1 Mio.), um eine nach oben offene Haftung zu vermeiden.

Diese Lösung birgt tiefere Risiken, als wenn die GHV über die Haftung keine Regelung enthält, weil dann die Haftung nach oben unbegrenzt ist.

• Aus der Optik der Informationgebenden Partei ist ebenfalls darauf zu achten, dass eine Konventionalstrafe vereinbart wird, während darüber hinaus weitergehender Schadenersatz ausdrücklich vorbehalten bleibt, wodurch die Haftung nach oben offen ist.

• Im Falle einer zweiseitigen GHV – d. h. wenn beide Parteien Informationen geben und erhalten, muss ein für beide Parteien annehmbarer Kompromiss gefunden werden.

Fazit

Geheimhaltungsvereinbarungen sind inhaltlich komplexer, als es den Anschein macht. Sie können durchaus Haftungsrisiken enthalten, die ein Unternehmen bei einem nachweisbaren Verstoss gegen die GHV in finanzielle Schieflage bringen können. Bei Unsicherheiten empfiehlt sich die Vorprüfung durch einen ausgewiesenen Rechts- oder Patentanwalt. Ein Merkblatt mit Praxistipps zu Geheimhaltungsvereinbarung und entsprechenden Musterklauseln kann beim Autor auf Anfrage bezogen werden.

 

Geheimhaltung des Arbeitnehmers

Im Verh ltnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist die Geheimhaltung in Art. 321a OR wie folgt gesetzlich geregelt (vorbeh ltlich individueller vertraglicher Abreden): Der Arbeitnehmer darf geheim zu haltende Tatsachen, wie namentlich Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse, von denen er im Dienst des Arbeitgebers Kenntnis erlangt, während des Arbeitsverhältnisses nicht verwerten oder anderen mitteilen; auch nach dessen Beendigung bleibt er zur Verschwiegenheit verpflichtet, soweit es zur Wahrung der berechtigten Interessen des Arbeitgebers erforderlich ist.

Einige wichtige Vertragspunkte einer GHV

– Was ist der Zweck der GHV?

– Welche Informationen fallen unter GHV?

– Welche Informationen fallen nicht unter GHV (Ausnahmenkatalog)?

– Sind geheim zu haltende Informationen als solche zu kennzeichnen?

– Ist die GHV einseitig oder zweiseitig? (d. h. verpflichtet sich nur eine Partei zu Geheimhaltung, oder beide Parteien?)

– Welche Partei trägt das höhere Risiko im Falle eines Verstosses?

– Wie lange dauert die GHV (Laufzeit)?

– Wie lange überdauert die Geheimhaltungsverpflichtung die Laufzeit der GHV?

– Was sind die Folgen eines Verstosses gegen die GHV?

– Welches Recht und welcher Gerichtsstand kommen zur Anwendung?