Die Reihe „Kirchheimer Klassik“ will nicht Rahmengeberin sein für ein klassisches Kammerkonzert wie man es überall erleben kann. Hier kommen vorwiegend Musiker in die Schule auf dem Laiern, die den Rahmen sprengen und mit einem Programm aufwarten können, das ein Alleinstellungsmerkmal hat.
Bei der sechsten Auflage der „Kirchheimer Klassik“ kommen Musiker in die Aula der Kirchheimer Schule, die nicht, wie sonst beim Streichquintett, üblich im Halbkreis auf ihren Stühlen sitzen und die Noten ablesen. Volosi sind fünf Freigeister, die keinen Notenständer brauchen. Sie beherrschen ihre Streichinstrumente nicht weniger als der typische Orchesterinsasse. Doch sie haben steife und bürokratische Konventionen über Bord geworfen und lassen ihren Körper sprechen und zeigen, was er beim Spielen empfindet. Da fliegen die Mähnen, und zwei Quintettmitglieder fetzen sich musikalisch mit flinken Fingern und stehen sich dabei gegenüber.
Es wird beim Spielen getanzt, gesprungen und gejauchzt. „Das ist Kaffeehausmusik, die weiterentwickelt wurde“, vermutet Reiner Schmidt aus Bietigheim-Bissingen.  Recht hat er. Fritz Kreisler und die Kaffeehausmusik sind nicht weit. Aber auch die Polka hält Einzug in die Musik des Streicherquintetts und der Tango. Alles wirkt sehr folkloristisch. Doch konkret einem Land zuordnen lässt sich die Musik von Volosi nicht. „Es ist eine uralte Freude, sich mit Klängen zu unterhalten. Es ist etwas, das uns wirklich bewegt und in Trance versetzt. Wir lieben diese Musik, die aus dem Herzen kommt“, erklärt Konzertinitiatorin Azar Schramm, die ins Programm eingeführt hat.

Stile neu erfinden

Volosi, die geigengeführte Hitzclubband aus den Schlesischen Beskiden und ihre Musik sind ein einzigartiges Phänomen. Die fünf scheinen Meister im Improvisieren. „Man hat das Gefühl, die wissen vorher nicht, was sie spielen“, stellt Eva Händler aus Ludwigsburg fest. Dabei pflücken sich Jan Kacmarzyk (Bratsche und Dudelsack), Zbigniew Michalek (Geige) und Robert Waszut (Kontrabass) aus dem Vollen das Beste heraus und erfinden die Stile neu.
Ein Tango von Volosi ist getränkt in Herz-Schmerz. Dafür sorgen schon allein die Geigentechniken, die hier üppig eingesetzt werden. Da wird getrillert und geprallert. Immer wieder schickt jemand aus dem Ensemble einen Seufzer zum Himmel. Da gibt es wilde Spiele  mit chromatisch ansteigenden und absteigenden Läuferfiguren. Man spitzt die Ohren, weil wieder einer mit Pizzicatotechnik (Zupftechnik) die Geigenwelt aus den Angeln hebt. Eine Überraschung ist es für viele, dass hier mit der Bogenstange auf die Saiten geklopft wird. „Col‘Legno, bedeutet aus dem Italienischen „mit Holz“, spricht Kurt Weber aus Bietigheim aus, was viele denken.
Doch mit Effekthascherei hat diese Combo nichts zu tun. Sie setzt auf das Feuer in und hinter der Musik. Mit allen Sinnen scheinen die Musiker selbst ihre perfekt ineinander verwobene Klangwelt zu genießen. Wer im Höhenflug ist, kann natürlich nicht zwischendrin landen und in die Noten schauen. Das ist auch gar nicht nötig, denn die Stücke fließen den Streichakrobaten direkt aus den Fingern. Einen wilden Konzertabend bescheren sie den Kirchheimern, die die Aula bis zum letzten Platz besetzen und schon in der Mitte des Konzerts aufschreien.
Am Ende wird getobt und getanzt – auch im Publikum. Keiner will die erfrischenden Gäste gehen lassen, deren Stücke nur selten Namen haben und das auch gar nicht brauchen.