Der Geheim-General

Eigentlich wäre er am liebsten in Pension gegangen, der 58jährige Vier-Sterne-General. Immerhin hat er den Streitkräften der Vereinigten Staaten von Amerika 37 Jahre lang gedient.

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Eigentlich wäre er am liebsten in Pension gegangen, der 58jährige Vier-Sterne-General. Immerhin hat er den Streitkräften der Vereinigten Staaten von Amerika 37 Jahre lang gedient. Jetzt hat er zwar die Uniform gegen den dunklen Anzug getauscht – aber nicht als Pensionär. Präsident Barack Obama hatte andere Pläne mit ihm, und so ist aus dem Topsoldaten David Petraeus der oberste Spion der USA geworden. Er wurde dieser Tage als Chef des Auslandsgeheimdienstes CIA vereidigt.

Krieg als Geheimdienstsache

Eigentlich ein logischer Karrieresprung, zehn Jahre nach dem Terrorangriff vom 11. September 2001 auf die Vereinigten Staaten. Zehn Jahre, in denen Kriegsführung immer mehr zur Geheimdienstsache geworden ist, und unbemannte, von der CIA elektronisch ferngesteuerte Drohnen zunehmend wichtiger werden als die Artillerie und die traditionelle Luftwaffe der Streitkräfte. Laut der «New York Times» wird in Washington schon lange daran gearbeitet, die CIA zu einer paramilitärischen Organisation umzubauen.

Petraeus hat diese Entwicklung bisher immer mitgetragen – strategisch als Befehlshaber des amerikanischen «Central Command» für die Kriege in Irak und Afghanistan, aber auch als Feldkommandant zwischen Euphrat und Tigris und am Hindukusch.

Der Wechsel in den amerikanischen Auslandsgeheimdienst hängt nun ebenfalls mit der stärkeren Verquickung von Militär und Geheimdiensten zusammen. Um dem General Platz im Chefsessel der CIA zu machen, hat Präsident Obama den bisherigen Chef-Spion Leon Panetta ins Verteidigungsministerium berufen. Dort muss sich der neue Herr im Pentagon nun mit der zunehmenden Kriegsmüdigkeit der amerikanischen Öffentlichkeit auseinandersetzen, während der ehemalige General die Geheimdienstsünden aus dem Krieg gegen den Terrorismus aufarbeiten muss. Sein Vorgänger lässt ihm auch die Akte Gadhafi auf seinem Schreibtisch zurück und darin vor allem die Affäre Belhaj. Die CIA hatte dem libyschen Diktator noch 2004 den damaligen islamistischen Untergrundkämpfer Abdel Hakim Belhaj zur Folter ausgeliefert. Heute ist Belhaj aber Militärkommandant des libyschen Übergangsrats in Tripolis – und wohl nicht die einzige für Washington peinliche Altlast aus dem Kampf gegen den Jihad-Terrorismus.

Soldat sein – ein Lebensinhalt

Soldat sein ist Pflichterfüllung, auch dann noch, wenn die Uniform schon ausgezogen ist und es darum geht, die Folgen der politischen Fehlleistungen von Präsidenten kleinzu halten. Und für Petraeus ist soldatische Pflicht darüber hinaus auch Familientradition. Der neue CIA-Chef ist der Sohn eines niederländischen Marine-Kapitäns, der nach dem Zweiten Weltkrieg in die Vereinigten Staaten emigriert ist.

Vater Sixtus Petraeus schickte seinen Sohn David schon mit 18 Jahren in die renommierteste US-Militärakademie in West Point. Dort hat dieser dann als Zehntbester seines Jahrgangs mit einer Arbeit über den Krieg in Vietnam 1974 sein Offizierspatent für die Artillerie erworben.

Der junge Offizier mochte dann selbst in seinem Privatleben nicht gänzlich auf einen Bezug zum Militär verzichten. David Petraeus heiratete Molly Knowlton, die Tochter des ehemaligen US-Generals William A. Knowlton, mit der er zwei Kinder – einen Sohn und eine Tochter – hat. (W.Br)