40 Millionen für St. Gallen

Der Gewinn der Schweizerischen Nationalbank von 38 Milliarden Franken lässt die Kassen von Bund und Kantonen klingeln. Die Einwohnerzahl ist massgebend, wie viel jeder Kanton erhält. St. Gallen steht deshalb besonders gut da.

Marion Loher
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Goldreserven im Tresor der Schweizerischen Nationalbank: Die Entwicklung des Goldpreises beeinflusst das Nationalbankergebnis. (Bild: ky/Martin Rütschi)

Goldreserven im Tresor der Schweizerischen Nationalbank: Die Entwicklung des Goldpreises beeinflusst das Nationalbankergebnis. (Bild: ky/Martin Rütschi)

ST. GALLEN. Der Schweizerischen Nationalbank (SNB) geht es gut. Sehr gut sogar. Für das vergangene Jahr rechnet sie mit einem Überschuss von satten 38 Milliarden Franken. Von diesem Rekordgewinn profitieren auch Bund und Kantone. Insgesamt sollen sie 1 Milliarde Franken erhalten. Welcher Kanton wie viel erhält, ist von dessen Einwohnerzahl abhängig. St. Gallen bekommt 40 Millionen Franken, was vier Steuerprozent sind, wie Finanzdirektor Martin Gehrer sagt. Für ihn ist die Gewinnausschüttung der Nationalbank eine «willkommene» Entlastung, musste er doch für dieses Jahr ein Defizit von 25 Millionen Franken budgetieren. Das Geld werde als ausserordentlicher Ertrag in die Rechnung 2015 einfliessen, sagt Gehrer. Sollte am Jahresende ein Überschuss resultieren, würde damit das Eigenkapital aufgestockt.

Budget ohne SNB-Millionen

Der Geldregen der SNB lässt die Kassen der Kantone klingeln – wieder klingeln. Denn für 2013 gab es nichts. Der Goldpreis war derart stark gesunken, dass die Nationalbank einen Verlust verbuchen musste. Und zum ersten Mal seit ihrer Gründung vor über hundert Jahren fielen die Dividende und die Ausschüttung an die öffentliche Hand aus. Diese «Ausnahme», wie es Gehrer gegenüber dieser Zeitung einmal bezeichnete, hatte für St. Gallen politische Folgen: Im Februar 2014 beschloss der Kantonsrat, der Finanzdirektor müsse ohne die Nationalbank-Millionen budgetieren. Gehrer wehrte sich, konnte sich im Rat aber nicht durchsetzen. So ist der diesjährige Voranschlag der erste ohne das Geld der Nationalbank. Wäre es allerdings im Budget enthalten, müsste der Kanton keine roten Zahlen schreiben.

«Goldrichtiger» Entscheid

Der Antrag, die SNB-Ausschüttung nicht zu budgetieren, kam damals von der Finanzkommission des Kantonsrats. Trotz des jetzigen Millionenzustupfs ist für Andreas Hartmann, FDP-Kantonsrat und Mitglied der Finanzkommission, der Entscheid heute noch «goldrichtig». Die letzten beiden Jahre hätten gezeigt, dass die Jahresergebnisse der SNB «sehr volatil» seien, sagt er. Es sei nicht voraussehbar, wie der SNB-Gewinn nächstes Jahr ausfallen werde. «Wie aber soll man einen nicht voraussehbaren Faktor seriös budgetieren?»

Michael Götte, ebenfalls Mitglied der Finanzkommission, ist derselben Meinung. «Unsere Forderung war keineswegs falsch», ist der SVP-Kantonsrat überzeugt. Das internationale und nationale Finanzwesen sei instabil – und werde es «leider» bleiben. Man wisse beispielsweise nicht, was mit dem Goldpreis oder dem Euro passiere. Finanzdirektor Gehrer seinerseits sagt, er könne mittlerweile «gut leben» mit der Vorgabe, ohne Nationalbank-Millionen zu budgetieren. Es sei zwar härter, die Regeln könnten aber nicht jedes Jahr geändert werden.

Druck nicht künstlich erhöhen

Anderer Meinung ist Laura Bucher. Die SP-Kantonsrätin sitzt ebenfalls in der Finanzkommission. Der Rekordgewinn der SNB sei bereits in der Budgetdebatte absehbar gewesen, sagt sie. SP und Grüne hätten deshalb gefordert, die Nationalbank-Millionen im Voranschlag zu belassen. Auch, «um den Druck auf das Budget nicht künstlich zu erhöhen». Die zusätzlichen Einnahmen sollen laut Bucher nicht als ausserordentliche Erträge verbucht werden und zur Finanzierung künftiger Steuersenkungen ins Eigenkapital fliessen. Vielmehr seien sie beispielsweise für die dringend nötige Erhöhung der individuellen Prämienverbilligung oder für eine Reallohnanpassung beim Personal zu verwenden.

Götte hingegen will, dass mit den 40 Millionen Franken zunächst das Eigenkapital gestärkt werde; dieses sei in den vergangenen Jahren «massiv» aufgebraucht worden. Hartmann fügt hinzu: «Primär soll der Haushalt nachhaltig saniert werden.» Dies sei insbesondere wichtig, weil mit der bevorstehenden Unternehmenssteuerreform weitere «gewichtige» Steuerausfälle auf den Kanton zukämen.

Gehrer erwartet noch mehr

Nebst der ordentlichen Ausschüttung dürfte es für Bund und Kantone noch mehr Geld geben. Diese zusätzliche Ausschüttung wird ausgelöst, wenn die Reserve – gerechnet wird mit 28 Milliarden Franken – nach der Gewinnverwendung 10 Milliarden Franken überschreitet. Wie hoch diese Ausschüttung ausfällt, wird zwischen SNB und Eidgenössischem Finanzdepartement verhandelt. «Ich erwarte, dass mindestens der Ausfall des vergangenen Jahres kompensiert wird», so Gehrer. Das würde bedeuten, dass St. Gallen nicht 40, sondern 80 Millionen Franken bekäme.