FUNDGRUBE: Aus fürs Porzellanhaus

Nach 25 Jahren schliessen Hulda und Willi Kirchhofer ihren Antiquitätenhandel: Seit Jahrzehnten beherbergte dieser in Obersteinach Sammlerobjekte und Antiquitäten – jetzt muss er einem Bauvorhaben weichen.

Fritz Heinze
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Eine Ausstellung vor dem Haus, die im Verlaufe der Jahre so manchen Sammler zum Hereinschauen und Kaufen animierte. (Bilder: Fritz Heinze)

Eine Ausstellung vor dem Haus, die im Verlaufe der Jahre so manchen Sammler zum Hereinschauen und Kaufen animierte. (Bilder: Fritz Heinze)

Fritz Heinze

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Ungewohntes tat sich am Montag in der Scheune an der Rorschacherstrasse im Herzen von Obersteinach. Porzellangeschirr wurde in eine Abfallmulde geworfen. Für Hulda Kirchhofer war das wohl ein schwerer Moment. Ihr Gatte Willi ist derzeit in ärztlicher Pflege im Spital. Die Schilder an der Hausfassade «Wegen Abbruch Totalausverkauf» sagen alles. Wo früher komplette Service von Porzellangeschirr angeboten wurden, kleinere und grössere Möbelstücke ihren Platz im Angebot fanden und auch Zinn- und Kupfergegenstände gehandelt wurden, wird Ende August gähnende Leere sein.

Das Finale des Antiquitätenhandels Fundgrube in Oberstein­ach hat mit dem Auffahren der Abfallmulde und dem Entsorgen weniger wertvollen Porzellans seinen Anfang genommen. Ein Vierteljahrhundert nach Unterzeichnung des Mietvertrages mit Martin und Ida Würth, den damaligen Besitzern der Liegenschaft, nähert sich der Bagger zum Abbruch der Scheune.

25 Jahre lang jeden Samstag geöffnet

Eine Tenne, zwei Ställe und die Heubühne umfasst das Mietobjekt. Besitzer Martin Würth erinnert sich noch gut zurück, als zur Zeit des Mietvertragsabschlusses das Haus vollgestopft mit Meissner Porzellan war, das ein Händler aus Goldach aufgekauft hatte. «Das war eine verrückte Sache, das Haus war bis unters Dach voll mit dem wertvollen Meissner Porzellan», erinnert sich der Landwirt. Damals wurden die Porzellanartikel unter dem Label «Das verrückte Porzellanhaus» in dieser Scheune angepriesen, eine Bezeichnung, die noch heute in der Werbung des aktuellen Betreibers zu finden ist.

Das Ehepaar Kirchhofer hatte 1991 das gesamte Geschirr übernommen und gleichzeitig Stall und Scheune gemietet, die in den kommenden 25 Jahren ein Teil des Lebensinhaltes von Willi Kirchhofer wurden. Der Innenausstatter und passionierte Antiquitätenhändler aus Altstätten, er betrieb auch an der Hauptstrasse in Rorschach ein gleichartiges Geschäft, hielt die «Fundgrube» in Obersteinach nur samstags offen. Der Blick zurück erfüllt Hulda Kirchhofer mit guten Erinnerungen. «Die Verkäufe an diesen Tagen liefen stets sehr gut, wir hatten eine treue Kundschaft», sagt sie.

Doch nun sind die letzten Tage des Antikgeschäftes für das Ehepaar Kirchhofer gekommen. Hulda Kirchhofer fällt der Abschied etwas leichter: «Ich kann mich lösen», bestätigt sie und betont, dass es Gatte Willi sehr schwer fällt, sich von seinen ­Gütern zu trennen und dass er, laut eigenen Aussagen, hundert Jahre alt werden möchte, um sein Geschäft weiter zu betreiben. «Ich habe die Waren, die ihm am Herzen liegen, nicht entsorgt», sagt sie. Doch was das Ende anbelangt, relativiert sie mit Blick auf ihr Alter. «Wir sind beide 75 Jahre alt und müssen ja mit diesem Geschäft irgendwann aufhören.»

Nach der Arbeit in die verdienten Ferien

Nach dem ersten Teil der Entsorgung vom Montag werden Ende Juli Brockenhäuser vorbei kommen, um Material mitzuneh­-men. Es sind emotionale Momente ­für das Betreiberehepaar. Doch nun sei Schluss, sagt Hulda Kirchhofer. Sie müssten sich von diesen Gegenständen trennen, wenn auch mit schwerem Herzen. Ende August wird das Haus leer sein. Es ist der letzte Termin.

Doch wenn sie sagt, dass sie nach diesem grossen Schnitt in ihrem Leben zuerst mit ihrem Ehemann Willi nach Venedig in die Ferien fährt, leuchten ihre Augen auf.