VerbraucherDer Durchschnittskunde und die Luxemburger Banken

Verbraucher / Der Durchschnittskunde und die Luxemburger Banken
Im „Geschäft mit den Schalterbanken“ betreuen die Luxemburger Kreditinstitute rund 1,2 Millionen Kunden Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Im Geschäft mit den „normalen Menschen“ betreuen die Luxemburger Banken 1,2 Millionen Kunden. Das in ihrem Auftrag verwaltete Geldvolumen ist innerhalb eines Jahres um 7,7 Prozent auf fast 98 Milliarden Euro gestiegen.

Was ihre Kundschaft angeht, so machen Banken einen Unterschied zwischen großen Unternehmensgruppen,  sehr vermögenden Menschen, die mehr als eine gewisse Summe Geld (meist mehr als eine Million Euro) bei einer Privatbank anlegen, und dem Massenkundengeschäft, dem sogenannten Geschäft mit den Schalterbanken, der Retail-Bank. Mit zu diesem Kundenkreis zählen auch Selbstständige und kleine Unternehmen.

Im Bereich der Retail-Bank zählten die Luxemburger Banken Ende des Jahres 2021 insgesamt 1,192 Millionen Kunden. Das heißt praktisch gleich viele wie im Vorjahr; ein kaum spürbares, kleines Minus von 5.000 Personen. Betreut werden diese Kunden von 7.340 Mitarbeitern – ebenfalls gleich viele wie ein Jahr zuvor.

Deutlich zugelegt hat 2021 jedoch das in ihrem Namen verwaltete Geldvolumen (Guthaben und Schulden). Ein Plus von 7,7 Prozent. Zum Ende des Jahres lag der Geldbestand bei 97,8 Milliarden Euro. Ein Jahr zuvor waren es 90,8 Milliarden Euro, ein Jahr davor erst 84,5 Milliarden Euro. Dieses Wachstum ist laut Michael Burch vom „Retail Banking Cluster“ des Luxemburger Bankenverbandes ABBL „hauptsächlich auf einen Markteffekt wie auch auf eine gute Entwicklung des Kreditmarktes zurückzuführen“.

Die große Mehrheit der Eigentümer der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten aus dem Retail-Markt sind in Luxemburg ansässige Personen (88 Prozent), 8 Prozent kommen aus den Nachbarländern, 2 Prozent aus den restlichen Ländern der Eurozone und weitere 2 Prozent aus anderen Staaten. Die „normale“ Kundschaft unterscheidet sich somit deutlich von derjenigen der Privatbanken, wo nur etwa ein Fünftel der Kunden aus Luxemburg stammt.

88 Prozent der Schulden sind Immobilienkredite

Das verwaltete Vermögen teilte sich 2021 auf in Guthaben in Höhe von 54,7 Milliarden Euro (7,3 Prozent mehr als ein Jahr zuvor) und in Schulden von 43,2 Milliarden Euro (7,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor). Mit einem Anteil von 88 Prozent standen Immobilienkredite 2021 für die überwältigende Mehrheit der von den Kunden geliehenen Gelder. Verglichen mit dem Vorjahr wurde in diesem Bereich ein weiteres Plus von 9 Prozent gemessen.

Diese Zahlen gehen aus den Ergebnissen der Umfrage über den Retail-Banking-Markt in Luxemburg im Jahr 2021 hervor, die der Bankenverband ABBL gemeinsam mit der Finanzaufsicht CSSF durchgeführt hat. Die Studie decke 90 Prozent des Retail-Banking-Sektors ab, so die ABBL.

Was die Aufteilung der Guthaben (siehe Grafik) angeht, so haben die meisten Kunden (35 Prozent) zwischen 50.000 und 249.000 Euro auf ihrer Bank. Nur 14 Prozent der Kunden haben weniger als 50.000 Euro bei ihrem Kreditinstitut liegen. Mehr als 20 Prozent jedoch haben mehr als eine Million Euro angelegt.

Von der vermögenden Kundschaft der Privatbanken entscheiden sich die Durchschnittskunden somit deutlich. Bei den Privatbanken hatten nur rund sechs Prozent der Kunden (Ende 2021) weniger als eine Million Euro liegen. Die sehr reichen Kunden (über 20 Millionen Euro angelegt) stehen dort mittlerweile für mehr als die Hälfte (60 Prozent) der Kundeneinlagen.

Wohlhabende setzen auf Wertpapiere

Doch sind, im Vergleich mit dem Privatkundenmarkt, nicht nur die Geldsummen, die die Bank für die Kunden verwaltet, kleiner. Ein großer Unterschied wird auch bei der Art und Weise der Geldanlage sichtbar. So legt „der Kunde der Schalterbanken“, wohl aus Vorsicht, deutlich weniger Geld in Aktien und Investmentfonds an. Über die Jahre betrachtet ergibt sich bei den „normalen Kunden“ so jedoch auch ein weniger schnelles Wachstum der angelegten Vermögenswerte.

Angelegt haben die „vermögenden Kunden“ den größten Teil ihrer Gelder, ähnlich wie in den Vorjahren, in Investmentfonds (38 Prozent), in Aktien (30 Prozent) und in Anleihen (8 Prozent). Nur 18 Prozent liegen als Geld auf Sparkonten. Bei den Kunden der Retail-Bank ist dies genau umgekehrt: Nur 18 Prozent ihres Bank-Vermögens haben sie in Wertpapiere angelegt. (siehe Grafik). Satte 80 Prozent ihres Vermögens halten sie auf Giro- und Sparkonten.

„Dieses vorsichtige Verhalten kann in einem Umfeld historisch niedriger oder sogar negativer Zinssätze überraschen“, bemerkt Jerry Grbic, Geschäftsführer der ABBL. Aus den Zahlen geht jedoch auch hervor, dass der Wert der in Wertpapiere angelegten Gelder 2021 um starke 16 Prozent zugelegt hat. Im Vorjahr hatte die Wachstumsrate nur bei acht Prozent gelegen.

Weiterer Trend zur Digitalisierung

Auch andere Gewohnheiten der Kunden haben sich im Laufe des Jahres 2021 weiter verändert. Der Trend zur Digitalisierung setze sich derweil weiter fort, so die ABBL. „Wir haben keine Rückkehr zum Kundenverhalten von vor der Pandemie festgestellt.“ – Dies wurde allerdings auch nicht gefördert.

So sind letztes Jahr Bargeldabhebungen an Geldautomaten 2021 leicht, um zwei Prozent, zurückgegangen. Die Bargeldabhebungen in den Filialen gingen derweil noch stärker, um 16 Prozent, zurück. Im Gegenzug haben Geldüberweisungen per E-Banking um sieben Prozent zugenommen. Bei Privatpersonen wurde ein Anstieg von fünf Prozent beim E-Banking festgestellt, bei Unternehmen/Selbstständigen ein Anstieg von etwa 8 Prozent.

Im Vorjahr waren – pandemiebedingt – die Bargeldabhebungen an Geldautomaten um 25 Prozent zurückgegangen. In den Filialen war es ein Rückgang von 51 Prozent. Geldüberweisungen per E-Banking waren 2020 um sechs Prozent gestiegen.

Was die Infrastruktur anbelangt, so ist die Zahl der Bankfilialen von 236 auf 231 zurückgegangen. Die Zahl der Geldautomaten wurde um vier Prozent, von 563 auf 539, reduziert.

Weiterführende Lektüre:

Erstes Halbjahr 2022: Das Geschäftsvolumen der Luxemburger Banken legt weiter zu

Immobilienkredite mit festem Zinssatz werden teurer

Die Zahl der Millionäre ist 2021 deutlich gestiegen – weltweit und in Luxemburg

Luxemburger Privatbanken verwalten heute so viel Geld wie noch niemals zuvor.