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Schattenkrieg USA-IranWie reagiert Iran auf die US-Vergeltungsschläge?

USA und Grossbritannien gehen gemeinsam gegen die Huthis vor: Typhoon-Kampfjet vor Angriff auf den Jemen.

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Es ist ein beunruhigendes Zeichen, wenn die Weltmacht USA innerhalb von 24 Stunden im Nahen Osten Ziele in drei Ländern – Syrien, Irak und Jemen – militärisch angreift. Und gleichzeitig geht der Krieg in Gaza weiter. Wie hängen die Konflikte in der Region zusammen? Was steht noch zu erwarten? Eine Übersicht in Fragen und Antworten:

Wer hat wen wo angegriffen? Und warum?

Seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober läuft in der Region ein Schattenkrieg. Besonders in Syrien und im Irak, wo sowohl die USA als auch der Iran militärisch aktiv sind. Die Vereinigten Staaten haben in Syrien 900 Soldaten stationiert, noch immer für den Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) – aber auch, um zu verhindern, dass das Assad-Regime und damit der Iran die kurdischen Gebiete übernimmt. Im Nachbarland Irak sind es noch etwa 2500 US-Soldaten, ebenfalls im Einsatz gegen den IS. Und ebenfalls dort, um den grossen Einfluss des Iran zu begrenzen.

Der Iran wiederum operiert in beiden Ländern mit den Auslandseinheiten seiner Revolutionsgarden, dazu finanziert und steuert Teheran lokale Milizen. Besonders die irakischen Milizen haben sich seit Beginn des Gazakriegs mit Angriffen auf US-Einrichtungen hervorgetan, sie haben sich dazu den neuen Namen «Islamischer Widerstand» gegeben. Bis heute haben die USA mehr als 160 Angriffe gezählt. Dazu zählt jene Drohnenattacke auf einen US-Posten an der syrisch-jordanischen Grenze Ende Januar, bei dem zwei Soldatinnen und ein Soldat ums Leben kamen. Der «Islamische Widerstand» übernahm dafür die Verantwortung. US-Präsident Joe Biden hatte Vergeltungsschläge angekündigt, die er dann am Freitag ausführen liess.

Wie stark haben die US-Schläge den Iran getroffen?

Die Antwort der USA habe am Freitag erst begonnen, liess der US-Präsident verlauten. Doch schon jetzt fiel sie heftig aus: Biden befahl die schwersten Luftangriffe der USA im Nahen Osten seit dem Irakkrieg im Jahr 2003. Er hat sich wenig überraschend gegen Schläge auf iranisches Territorium entschieden. Der US-Präsident weiss um die Kriegsgefahr in der Region. Er will Teheran die Macht der amerikanischen Luftwaffe demonstrieren, ohne einen Flächenbrand zu riskieren. Der Iran wiederum hatte einige Tage lang Zeit, sich auf die Angriffe vorzubereiten, und konnte Personal aus der Region abziehen – auch das zum Verhindern einer Eskalation.

Getötete Amerikaner im Nahen Osten: Joe Biden bei der Rückkehr der Soldatensärge in Dover, Delaware.

Die Ziele der US-Angriffe waren präzise gewählt, sie trafen vor allem die Logistik der Iraner und ihrer Verbündeten. Deren Route für Waffentransporte führt durch die irakische Provinz Anbar und den Südosten Syriens, ein Wüstengebiet voller Posten der iranischen Revolutionsgarden und der Iran-treuen Milizen. Solche Posten, darunter Waffendepots, haben die USA zerstört. Es traf keine prominenteren Ziele der Garden, die den Iran zu einer harten Reaktion gezwungen hätten. Es sind eher solche Ziele, die dem Regime in Teheran zeigen, wie genau die US-Regierung über dessen Treiben Bescheid weiss.

Wie reagieren Teheran und die Iran-treuen Milizen?

Bisher hat das iranische Regime nur rhetorisch reagiert. Aussenminister Hossein Amir-Abdollahian unterstellte den Vereinigten Staaten «Militarismus», von einem «abenteuerlichen Fehler» der USA war die Rede. Auffällig daran ist, dass die Mullahs die amerikanischen Operationen offenbar nicht als Angriff gegen sich selbst werten. Ihre Sprache wäre sonst viel schärfer. Teheran hat sich immer wieder von seinen Stellvertretermilizen distanziert, diese träfen eigene Entscheidungen. Eine wichtige Miliz, die irakische Kataib Hizbollah, hatte vor wenigen Tagen sogar angekündigt, sie wolle ihre Angriffe auf US-Einrichtungen in der Region pausieren.

Das iranische Regime will seine über Jahre aufgebaute Allianz im Nahen Osten, die «Achse des Widerstands», unbedingt schützen. Es will deswegen keine Eskalation im Nahen Osten, will den Schattenkrieg gegen die USA in Grenzen halten. Antworten wird der Iran auf die US-Luftschläge trotzdem. Das muss aber nicht sofort passieren. Und nicht direkt – auch dafür hat Teheran ja seine nützlichen Milizen, die den Kampf gegen die USA gern übernehmen. Damit die Mullahs selbst sich heraushalten können. Als hätten sie mit alldem nichts zu tun.

Welche Rolle spielt Israel in dem Konflikt?

Israel und das Palästinenserproblem sind Dreh- und Angelpunkt des Nahostkonflikts. Die Dynamik, die der Überfall der palästinensischen Terrorgruppe Hamas und der Gegenschlag der israelischen Arme ausgelöst haben, droht mit jedem weiteren Luftangriff der amerikanischen und britischen Streitkräfte zum echten Regionalkonflikt zu werden. Wobei Israel in der wachsenden Verwicklung der Amerikaner durchaus Vorteile sehen dürfte – solange die USA im Boot sind, kann Israels Premier Benjamin Netanyahu im Schutz der Supermacht seine eigenen Spiele spielen.

Präsident Biden hingegen will eigentlich, dass der israelisch-palästinensische Konflikt rasch endet – und zwar mit einer klaren Staatlichkeitsperspektive für die Palästinenser. Solange die US-Armee aber militärisch auf die Attacken der iranischen Hilfstruppen im Irak, in Syrien oder im Jemen reagieren muss, kann Netanyahu Krieg führen und versuchen, die Hamas zu zerstören.

Was haben die neuen US-Angriffe auf Huthi-Stellungen im Jemen damit zu tun?

Mit Grund hat die US-Luftwaffe in der Nacht zum Sonntag die Huthi angegriffen. Diese Vasallentruppe der Iraner spielt eine besondere Rolle. Ihre Raketenangriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer bedrohen die globalen Transportwege – und damit nicht nur die USA. Als Militärorganisation sind die auch vom Iran hochgerüsteten jemenitischen Islamisten aus der Luft aber schwer zu treffen. Einen Bodenkrieg im Jemen wiederum wird Biden kaum riskieren: Das unzugängliche Land gilt als «Arabisches Afghanistan», als Region also, in der sich Eindringlinge nur eine blutige Nase holen können. Auch wenn die Huthi den Konflikt ebenfalls in eigener Sache führen und mit ihren propalästinensischen Raketenangriffen am Profil als regionale Islamisten-Macht arbeiten – für den Iran ist die wilde Lumpentruppe vom Roten Meer ein Joker.

«Abenteuerliche Fehler der USA»: Der Aussenminister des Iran, Hossein Amir-Abdollahian – hier beim letzten WEF in Davos.

Wird der Irak jetzt den Abzug der US-Truppen fordern?

Die US-Truppen im Irak dienen nicht nur dem Kampf gegen den IS. Sie bilden auch einen Teil der irakischen Armee aus, die seit dem Sturz von Diktator Saddam Hussein 2003 mit amerikanischen Waffen und Gerät ausgerüstet wurde. Gleichzeitig garantiert die Anwesenheit der Truppen dem Weissen Haus, dass die Islamische Republik Iran ihre Einflussnahme im mehrheitlich schiitischen Nachbarland Irak wenigstens ein klein bisschen zügeln muss. Weshalb Teheran die US-Soldaten lieber heute als morgen abziehen sehen will, die USA aber diesen strategischen Hebel nicht aufgeben wollen. Die irakische Regierung wiederum versucht, ihre durch die lange US-Besatzung und die ewigen Einmischungen Teherans verlorene Souveränität zurückzugewinnen. Die US-Attacken bieten einen Vorwand, den kontrollierten Abzug der letzten US-Soldaten zu fordern, ohne noch abhängiger von Teheran zu werden.

Sprechen Iran und USA miteinander?

Es gibt keinen offiziellen Kontakt, zuletzt sprach man vergangenes Jahr unter Vermittlung des Emirats Katar miteinander. Damals ging es um einen iranisch-amerikanischen Gefangenenaustausch, der im September schliesslich auch stattfand. Manche Beobachter hofften schon auf ein neues Atomabkommen mit Teheran. Seit dem 7. Oktober allerdings stehen die Zeichen nicht mehr auf Entspannung, das iranische Regime zeigt sich an einem neuen Abkommen wenig interessiert. Im Gegenteil, es hat die Anreicherung von Uran wieder hochgefahren. Bald könnte es in der Lage sein, Atomwaffen herzustellen. Jedenfalls spielt es mit der Drohung. Aktuell ist Katar wieder an Verhandlungen beteiligt, in ihnen geht es um eine Freilassung der israelischen Geiseln, die sich noch in Gaza befinden – und um einen Waffenstillstand zwischen der Hamas und Israel.

Wie kann die Lage entschärft werden?

Vor allem die US-Luftschläge vom Freitag sind eine Warnung an Teheran – in der Sprache, die das Regime dort versteht. Präsident Biden zeigt, dass er willens ist, die amerikanischen Truppen im Nahen Osten zu schützen. Und sie nicht etwa abzuziehen, wie es der Iran und seine Verbündeten in Syrien und im Irak gern hätten. In der Logik der Abschreckung hat Biden militärische Stärke gezeigt, ohne Teheran unnötig zu provozieren. Damit können die Mullahs umgehen. Beide Seiten wissen jetzt voneinander, dass sie keine Eskalation suchen. Nun müssen sie allerdings auch sicherstellen, dass in der Region nichts passiert, was ihnen keine Wahl lässt. Das könnten nicht nur weitere, tödliche Angriffe auf US-Truppen sein, sondern auch ein Kriegsausbruch zwischen Israel und der libanesischen Hizbollah. Der Schattenkrieg zwischen den USA und dem Iran ist eben vom Nahostkonflikt nicht zu trennen – er wird nicht zu Ende gehen, solange im Gazastreifen gekämpft wird.