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Alle Menschen wollen glücklich sein, aber für jeden geht das anders.

© Bearbeitung: TSP | Belle Co/Pexels

Zufrieden mit sich und der Welt: Was macht Menschen richtig glücklich?

Finnen sind besonders glücklich, Libanesen unzufrieden – und Deutschland ist nur Mittelmaß. Experten aus drei Ländern erklären, was es braucht, um Lebensfreude zu finden.

Krieg in der Ukraine, Inflation, hohe Energiepreise – nach langen Pandemiejahren war auch das vergangene Jahr vor allem von Sorgen und Nöten bestimmt. Dennoch fragt der World Happiness Report regelmäßig, wie zufrieden die Menschen mit ihrem Alltag sind. Was macht Menschen also glücklich?

In unserem Format „3 auf 1“ fragen wir drei Expert:innen aus verschiedenen Richtungen nach ihrer Einschätzung. Alle Folgen „3 auf 1“ können Sie hier nachlesen.


Bestleistungen? „Gut genug“ reicht uns!

Zu Hause in Finnland herrscht Einigkeit über ganz allgemeine Glücksfaktoren. Wir legen Wert auf gute Beziehungen, eine sinnvolle Arbeit und haben eine positive Lebenseinstellung. Finnen bauen auf Sicherheit, Vertrauen, Ehrlichkeit, Freiheit und Gleichheit. Eine Gesellschaft, die gut funktioniert, muss uns genau dabei unterstützen und die nordischen Wohlfahrtsstaaten machen ihre Sache ziemlich gut.

Doch all das sind Glücksfaktoren, die auch andere Länder Nordeuropas einhalten. Was macht uns in Finnland also so besonders? Vielleicht ist unsere große Stärke unser ganz eigener Lebensstil. Hier streben wir nicht nach Bestleistungen, „gut genug“ reicht uns schon völlig aus.

Wir möchten unser Glück vor allem aber teilen und sind dankbar, wenn wir Freuden, aber auch Sorgen gemeinsam erleben. Geteiltes Glück ist doch das schönste Glück. Ganz allein zwischen unglücklichen Menschen glücklich sein, das funktioniert am Ende einfach nicht.


Sich am Geschafften begeistern

Geht es einem gut, wenn es einem zu gut geht? Es könnte schlechter laufen für uns Deutsche, auch wenn Krieg und Geldverfall ein altes Trauma wecken: alles zu verlieren.

Trotz armutsgefährdeter Kinder, unterbesetzter Kliniken, bröckelnder Brücken lebt das Land seinen vererbten Reichtum aus, rast ungebremst über die Autobahn, bereist im Vorruhestand die Welt. Aber zu Hause ist Deutschland nur Weltmeister im Meckern. Warum schätzen wir Kindeskinder der Weltkriege unser Glück nicht?

Hierzulande gibt es fünf Millionen Gartenzwerge, sie symbolisieren Fleiß und Gemütlichkeit. Für Neugier stehen sie eher nicht. So wie Ost und West schnell die Lust aufeinander verloren, so begegnet das Land der neuen Zeit: mit verschränkten Armen. Gegen alles Digitale steht der Datenschutz, gegen neue Ideen der Denkmalschutz, gegen die nötige Landesverteidigung ein Pazifismus aus sorgloser Zeit, gegen die nötige Zuwanderung eine eigene Angst, nicht mehr mithalten zu können.

Selbst der Kanzler ruft im Klima-Überlebenskampf: Jetzt mal langsam! Deutschland verzögert sich durch eine lahme Verwaltung, verhakt sich in Symboldebatten. Die machen selten Freude. Glücklich ist, wer Neues entdeckt, Menschen zusammenführt, sich am Geschafften begeistert. Und darauf, vielleicht ja im Garten, anstößt. Deutschland prostet sich oft zu – aber worauf? Wir sind uns selbst genug. Und gerade deshalb nicht.


Glück hält immer nur einen kurzen Augenblick

Ehrlich gesagt, Glück gehört nicht zu den Dingen, an die wir gewöhnt sind, besonders die von uns, die unser Land besser und gerechter machen wollen. Natürlich gibt es auch Glück im Libanon: wenn man wieder zufällig jemanden in der Kneipe trifft, der jetzt im Ausland lebt, wenn die Nachbarn laut singen, weil es wieder Strom gibt.

Oder die Freude einer Mutter, die ihre Tochter nach der Explosion des Hafens von Beirut 2020 in Sicherheit wusste. Glück, das aus unseren libanesischen Traumata entsteht.

Aber es ist nur das Glück für einen Augenblick. Wofür wir kämpfen, ist ein Glück, das etwas länger hält. Selbst meine europäische Frau hat schon vergessen, was Rechte sind und was für uns Libanesen Glück wäre: das Recht auf die eigene Stadt, auf Einkommen, öffentliche Dienstleistungen und öffentliche Orte.

Dass, wie in Berlin, immer warmes Wasser aus der Leitung kommt und Verkehrsmittel nicht nur für die da sind, die sie sich leisten können. Glück wäre es, unsere politische Elite loszuwerden. Wenn wir sie zur Rechenschaft ziehen könnten für ihre Korruption, Diebstähle und die Unfähigkeit, das Land zu entwickeln. Für dieses Glück kämpfen wir.

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