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„Das Handwerk hat Zukunft“

Beim Aktionstag des Handwerks am Samstag im Freilichtmuseum in Beuren stellten 18 Innungen ihre Berufe vor

Handwerksbetriebe tun sich immer schwerer damit, geeigneten Nachwuchs zu finden. Doch auch im Handwerk kann man seine Zukunft gut meistern. Das war eine wichtige Botschaft des Aktionstages Handwerk im Freilichtmuseum in Beuren.

Bei den Friseuren konnten sich die Besucher verschönern lassen.Foto: Holzwarth
Bei den Friseuren konnten sich die Besucher verschönern lassen.Foto: Holzwarth

Henrik Sauer

Beuren. Wie innovativ im Handwerk heute gearbeitet wird, zeigt ein Beispiel bei den Landmaschinenmechanikern: Die modernen Traktoren sind mit GPS ausgestattet und machen die ganze Arbeit quasi von selbst. „Der Fahrer kontrolliert nur noch“, sagt Achim Bazlen vom Verband der Agrargewerblichen Wirtschaft, unter dessen Dach auch die Landmaschinenmechaniker-Innung angesiedelt ist. Auch der Rasenmäher muss theoretisch nur noch programmiert und dann auf die Wiese gestellt werden. „Wenn es regnet, fährt er sogar von alleine zur Aufladestation zurück“, so Bazlen.

Solche Beispiele moderner Handwerkskunst gab es im Freilichtmuseum einige zu sehen. Handwerkskammer und das Bündnis Fachkräftesicherung im Kreis Esslingen hatten unter dem Motto „Tradition trifft Innovation“ zu einem Aktionstag eingeladen mit dem Ziel, mit dem immer noch relativ weit verbreiteten Image vom angestaubten Handwerk aufzuräumen. „Wir wollen zeigen, wie innovativ unsere Berufe geworden sind“, sagte Kreishandwerksmeister Karl Boßler.

Denn im Handwerk zeichnet sich ein Fachkräftemangel ab. Sinkende Schülerzahlen bei einem gleichzeitigen Trend zur höheren Schulbildung machen es den Betrieben schwer, geeigneten Nachwuchs zu finden. Die Herausforderung sei daher, die Ausbildung attraktiver zu machen. Es gelte, Karrierewege aufzuzeigen, die über den Techniker bis zum Meister und Ingenieur reichten. Und auch die Eltern müssten überzeugt werden, dass man im Handwerk seine Zukunft gut meistern könne. Nicht zuletzt müssten Lösungen gefunden werden, Familie und Beruf zu vereinen.

Insgesamt 18 Innungen stellten auf dem Museumsgelände sich und ihre Berufe vor. Und schlugen dabei den Bogen von früher zu heute. Alten Techniken wie dem Schmieden oder dem Mahlen von Farbpigmenten in der Farbmühle wurden moderne Verfahren zur Metallbearbeitung oder Wandgestaltung gegenübergestellt. Bei der Kfz-Innung gab es historische Fahrzeuge wie ein DKW Cabriolet von 1936 oder ein altes NSU-Motorrad ebenso zu sehen wie ein modernes Hybrid-Fahrzeug. Die Schreiner demonstrierten das Arbeiten mit der Hobelbank und mit dem Elektrohobel.

Das Bäckerhandwerk zeigte alte Getreidesorten und wie man daraus moderne Produkte machen kann, zum Beispiel in Dosen gebackenes und damit gut aufzubewahrendes Brot.

Gestiegen sind indes auch die Ausbildungs-Anforderungen in vielen Berufen. „Es ist wichtig, das Niveau der Lehrlinge zu wahren“, mahnt zum Beispiel Ernst Mauz, Obermeister der Zimmerer-Innung Esslingen-Nürtingen, die Ausbildung weiter voranzutreiben. Sein Beruf zählt nach wie vor noch zu den gefragtesten. „Es gibt genügend Bewerber“, berichtet er. „Insofern haben wir keine Nachwuchssorgen.“ Das kann Claudia Puschmann, Geschäftsführerin der Maler- und Lackierer-Innung Neckar-Fils, nicht bestätigen. Zwar habe man dieses Jahr alle Berufsschulklassen wieder voll bekommen. „Aber es sind nicht alle Lehrstellen besetzt.“ Mancher Betrieb suche noch händeringend nach einem Azubi. Mit eine Ursache dafür sieht sie darin, dass es für das Handwerk angesichts weniger werdender Schüler zunehmend schwerer sei, sich gegen die Industrie durchzusetzen. Das bestätigt Handwerksmeister Boßler: „Die Industrie greift vieles ab.“ Dass immer mehr junge Leute sich für einen längeren schulischen Weg anstatt für eine Lehre entscheiden, sieht Boßler indes zunächst nicht als problematisch an: „Wenn jemand weiter auf die Schule gehen will, muss man das unterstützen. Allerdings nicht, wenn jemand nur nicht weiß, was er werden soll.“ Deshalb sei es eine wichtige Aufgabe, die Berufsfindung nach den Fähigkeiten zu fördern.

Auch dazu sollte der Aktionstag dienen, der eingebettet war in den bundesweiten zweiten Tag des Handwerks. So konnte man sich über das Stuckateurhandwerk ebenso informieren wie über den Elektriker, Steinmetz, Dachdecker, Sanitär-, Heizungs- und Klimafachmann, Schornsteinfeger, Metallverarbeiter, den Fotografen oder den Goldschmied. Auch das Schneiderhandwerk stellte sich vor. Für die Friseure konnte Innungs-Obermeister Karl-Heinz Neef berichten, dass dieses Jahr fast 20 Realschülerinnen in der Berufsschulklasse vertreten seien. Ein Novum, das zeige, dass der Beruf stark gefragt sei.

„Von dem heutigen Tag soll die Botschaft ausgehen: Das Handwerk hat Zukunft“, hatte Landrat Heinz Eininger in seiner Begrüßung gesagt. Er erinnerte an das Bündnis für Fachkräftesicherung im Kreis aus Wirtschaftsförderung, Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer und Agentur für Arbeit, das sich zum Ziel gesetzt habe, genügend Fachkräfte für alle Berufe „zu finden und zu binden“. Am Rundgang zur Eröffnung des Aktionstags nahmen über 30 Bürgermeister, Bundes-, Landes- und Kommunalpolitiker sowie Vertreter aus Wirtschaft, Kammern und Berufsschulen teil. Kreishandwerksmeister Boßler begrüßte das Konzept des Kreistags, bei den Berufsschulen auf „Schwerpunkte statt Standorte“ zu setzen. Junge Leute für moderne Technik zu begeistern – auch auf dem Bau versucht man damit, attraktiv zu sein. Denn, so der Bauunternehmer Kurt Klass: „Wir brauchen auch noch Leute, die mit der Hand am Arm schaffen. Damit nicht bald nur noch Fremdarbeiter beschäftigt werden müssen.“