Gräbt der Kohlekonzern Leag Berlin das Wasser ab?

Tagebau Jänschwalde. Bild: Pixabay

Umweltschützer klagen gegen Tagebau in der Lausitz. Das Urteil könnte auch Einfluss auf die Wasserversorgung der Hauptstadt haben

Das Verwaltungsgericht Cottbus beschäftigt sich mit einem Verfahren, dass für die Lausitz erhebliche Bedeutung haben könnte. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und die Grüne Liga gehen seit Dezember mit einem Eilantrag gegen den Tagebau Jänschwalde vor. Die Entscheidung wird für Ende Februar oder Anfang März erwartet.

Die Umweltverbände hatten nach eigenen Angaben festgestellt, dass der verantwortliche Tagebau-Konzern Leag dort seit Jahren drastisch mehr Grundwasser abpumpt, als wasserrechtlich zulässig ist. Die Rede ist dabei von einem Vielfachen der erlaubten Menge pro Jahr. Seit 2017 sollen es 240 Millionen Kubikmeter zu viel gewesen sein. Zum Vergleich: Der für die Berliner Trinkwasserversorgung wichtige Müggelsee fasst nur etwa ein Sechstel dieser Wassermenge.

In der Lausitzer Rundschau heißt es nun: Die Leag könne den Vorwurf nicht widerlegen. "Faktisch und streng rechtlich verstößt die Leag nämlich ohne Wenn und Aber gegen eine wasserrechtliche Erlaubnis aus dem Jahre 1996, die aktuell und bis Ende des Jahres 2022 gilt." Vor diesem Hintergrund hätten die Verwaltungsrichter kaum juristischen Spielraum und müssten den Braunkohleabbau in Jänschwalde stoppen.

Die Leag-Verantwortlichen versuchen das zu verhindern. Unter anderem verweisen sie in ihrer Argumentation gegen den Eilantrag auf die Folgen hin, die ein kurzfristiger Stopp der Pumpen für den Wasserhaushalt und die Natur in der Region haben könnte.

Sie dürften denen ähneln, die immer wieder von Regionalpolitikern vorgetragen werden: Die Spree würde dann weniger Wasser führen, was sich wiederum negativ auf die Trinkwasserversorgung Berlins auswirken könnte oder auf den Spreewald als Tourismusgebiet. Selbst die Abwassergebühren für Unternehmen und Bürger könnten deshalb ansteigen.

Diesen Argumenten hat die Grüne Liga nun eigens eine Broschüre gewidmet. "Fakt ist: Zwischen der Außerbetriebnahme der Tagebaue und dem Ende des Grundwasseranstieges wird es einen Engpass beim Durchfluss in der Spree geben – und zwar völlig unabhängig davon, ob die Kohlenutzung 2038 oder früher endet", sagte René Schuster, Autor des Papiers. Die Ursache der Wasserknappheit sei der Tagebau selbst, der den Grundwasservorrat im Einzugsgebiet des Flusses entfernt habe.

Vier Gründe werden in der Broschüre dafür angeführt, dass die Wasserprobleme umso größer werden, desto länger Kohle abgebaut wird. Einmal würde durch den Tagebau von Jahr zu Jahr das Wasserdefizit größer; momentan wird es auf etwa sechs Milliarden Kubikmeter geschätzt. Und dieses Defizit muss in Zukunft ausgeglichen werden.

Eine Ewigkeitslast sind die Verdunstungsverluste der Seen, die nach dem Fluten der Tagebaue übrigbleiben. Je länger Kohle gefördert werde, desto größter werden die Seen und mit ihnen die Wassermengen, die nach der Verdunstung "ersetzt" werden müssen.

Bei diesem Punkt beruft sich Schuster auf das sogenannte Lausitz-Modell, das von der Brandenburgisch Technischen Universität (BTU) in Cottbus erstellt wurde und mit dem die Verdunstung von offenen Wasserflächen berechnet werden kann – und die ist nicht nur immens. Die jährlich notwendige Menge beläuft sich demnach auf rund 252 Liter pro Quadratmeter. Allein für den "Cottbuser Ostsee", der mit 1.900 Hektar der größte künstliche See Deutschlands werden soll, ergeben sich erhebliche Wasserverluste. Und dieser See ist nicht der Einzige in der Region, der in Zukunft geflutet werden soll.

Ein weiterer Punkt ist die Belastung des Wassers mit Eisen und Sulfat. Je länger die Tagebaue betrieben werden, desto mehr davon entstehen durch das Verwittern von Mineralien und belasten das Wasser der Region – mit Folgen, die noch in Berlin und Frankfurt (Oder) zu spüren sind. Denn beide Städte gewinnen ihr Trinkwasser zum Teil aus der Spree.

Steigen die Sulfatwerte über den Grenzwert von 200 Milligramm pro Liter, wird es teuer; denn dann muss das Rohwasser mit weniger belastetem Wasser verdünnt werden. Der Wasserversorger von Frankfurt (Oder) hatte zum Beispiel im letzten Jahr beschlossen, das Wasserwerk in Müllrose zu sanieren, da die Sulfatwerte des Trinkwassers anhaltend hoch waren.

Weil sich weder das Land Brandenburg an den Kosten von zehn Millionen Euro beteiligen wollte, genauso wenig wie der Bergbausanierer LMBV oder der Hauptverursacher Leag wurden die Kosten auf den Wasserpreis aufgeschlagen. Seitdem müssen die Bürger von Frankfurt (Oder) 19 Cent mehr pro Kubikmeter zahlen.

Als vierten Punkt führt Schuster den Klimawandel an. In Zukunft wird es wohl kaum möglich, die notwendigen Wassermengen für die Lausitz auf natürlichem Wege zu bekommen. Deshalb sprießen seit Jahren wieder die Ideen, die Elbe anzuzapfen und deren Wasser in die Lausitz zu transportieren.

Das dürfte aber kaum durchführbar sein – und sollte es doch probiert werden, würde es wohl erhebliche Auswirkungen auf Hamburg haben: Sedimente aus der Nordsee würden zunehmend in die Tideelbe gelangen und müssten dann kostenintensiv beseitigt werden. Auch der Obstanbau in der Region könnte gefährdet sein.

Die Grüne Liga plädiert dafür, dass die Tagebauseen kleiner gehalten werden als geplant. Dass es so kommen wird, ist aber zweifelhaft. Denn die Tagebaulöcher einfach zu fluten, ist die – für den Betreiber – billigste Variante. "So fallen nicht nur die Kosten für Standsicherheit (Verdichtung) und Melioration (Kalkung etc.) von Landflächen auf der Kippe weg", heißt es dazu in der Broschüre. Es müssten auch nicht so große Abraummengen bewegt werden und das Flutungswasser koste den Tagebaubetreiber ebenfalls nichts. Spätere Kosten wird dann aber die Allgemeinheit tragen müssen.