Lebensmittelkrise: "Schwerer Diebstahl" gegen Verschwendung

Verteilung "geretteter", formaljuristisch geklauter und zuvor weggeworfener Lebensmittel durch den "Aufstand der letzten Generation". Foto: Stefan Müller / CC-BY-2.0.

Während die Preise für Grundnahrungsmittel rasant steigen, erinnern "Container"-Aktivisten an einen Missstand, den der Agrarminister eigentlich längst beheben wollte.

Warum verkündet ein Jesuitenpater stolz auf Facebook, dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen "besonders schweren Diebstahls" läuft, beziehungsweise "wieder aufgenommen" wurde? Dazu postete Jörg Alt am Mittwoch ein Foto, auf dem zu sehen ist, wie er ein schriftliches Geständnis in den Briefkasten der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth warf.

Der Hintergrund ist schnell erklärt; Hashtags verweisen auf die Forderung nach einem "Essen-Retten-Gesetz" und die Parole "Macht euren Job" – gemeint ist die Bundesregierung.

Meldungen über rasant steigende Lebensmittelpreise sind an der Tagesordnung. Ein wesentlicher Grund ist aktuell der Ukraine-Krieg – mittel- und langfristig droht durch die Klimakrise ein Schwund von Anbauflächen für Getreide, Obst und Gemüse.

Eine der leichtesten und kostengünstigsten Anpassungsmaßnahmen wäre ein wirksames Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung, wie es in anderen europäischen Ländern bereits existiert. Supermärkte wären dann unter Androhung hoher Geldstrafen verpflichtet, noch genießbare Lebensmittel zu spenden, statt sie einfach wegzuwerfen. Zuletzt brachte in diesem Jahr Spanien ein solches Gesetz auf den Weg.

Eine weitere Maßnahme, die einfach und schnell umgesetzt werden könnte, wäre die Entkriminalisierung des "Containerns", wie es umgangssprachlich genannt wird, noch genießbare Lebensmittel eigenmächtig aus den Mülltonnen von Supermärkten zu holen.

Özdemirs Einsicht bisher ohne Konsequenzen

Vor mehr als einem halben Jahr hat Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) sinngemäß erklärt, dass in Deutschland eigentlich nichts gegen diese Gesetzesänderungen spräche. Die Strafbarkeit des Containerns nannte Özdemir im Dezember sogar "absurd". Getan hat sich aber seither nichts – Aktivisten wie Jörg Alt wollen es mit öffentlichkeitswirksamen Gerichtsverhandlungen und gepfefferten Verteidigungsreden beschleunigen.

Neben dem Priester und Sozialwissenschaftler sind die bereits wegen Diebstahls verurteilten Studentinnen Caro und Franzi sowie die Gruppe "Aufstand der letzten Generation" für Container-Aktionen bekannt. Das "Diebesgut" wird dabei zum Teil an Bedürftige weitergegeben.

Caro und Franzi waren im Jahr 2020 mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert, nachdem sie gegen ihre Verurteilung durch das Amtsgericht Fürstenfeldbruck vorgegangen waren. Inzwischen haben sie eine Petition mit der Überschrift "Containern ist kein Verbrechen" gestartet, die inzwischen von mehr als 180.000 Menschen unterzeichnet wurde.

Sie soll am 14. September zum Auftakt der Agrarministerkonferenz Özdemir persönlich übergeben werden – und am 10. November anlässlich der Justizministerkonferenz dem Ressortchef im Bund, Marco Buschmann (FDP).