Im Sinne einer kurzen Rekapitulation sei vorab erwähnt, dass der Erwerb eigener Anteile (Aktien bzw. Stammanteile) handelsrechtlichen Beschränkungen unterliegt. Zum einen muss die erwerbende Gesellschaft über frei verwendbares Eigenkapital im Umfang des Erwerbspreises verfügen. Zum anderen ist der Erwerb eigener Anteile grundsätzlich auf 10% des gesamten Nennwerts des Aktienkapitals beschränkt (Art. 659 Abs. 1 OR6; Art. 783 Abs. 1 OR). Werden im Zusammenhang mit einer Übertragbarkeitsbeschränkung (Art. 685b OR) Namenaktien (AG) erworben, so beträgt die Höchstgrenze (auch erweiterte Quote) 20% (Art. 659 Abs. 2 OR). Bei Stammanteilen mit einer Übertragbarkeitsbeschränkung (Art. 786Abs. 1 OR, Art. 776a Abs. 2 Ziff. 2 OR) (was die Regel ist) beträgt die erweiterte Quote 35% (Art. 783 Abs. 2 OR). Die Limite von 35% gilt auch im Fall des Austritts oder Ausschlusses eines Gesellschafters aus einer GmbH. Hierbei wird das verwendbare Eigenkapital anders berechnet (vgl. Art. 825a Abs. 1 Ziff. 1 OR). Die 10% übersteigenden Anteile müssen innerhalb zweier Jahre wieder veräussert oder durch eine Kapitalherabsetzung vernichtet werden (Art. 659 Abs. 2 OR; Art. 783 Abs. 2 OR). Wie im ersten Teil erwähnt sieht das Zivilrecht keine direkten Sanktionen vor, wenn diese Limiten in prozentualer oder zeitlicher Hinsicht überschritten werden, unter Vorbehalt, dass die Gesellschaft über (freie) verfügbare Mittel verfügt. Es können sich jedoch Haftungsfragen stellen.7
Für die steuerliche Beurteilung ist von Folgendem auszugehen: Eine natürliche Person, die Anteile an einer Gesellschaft8 aus dem Privatvermögen veräussert, erzielt grundsätzlich einen steuerfreien Kapitalgewinn (Art. 16 Abs. 3 DBG9; Art. 7 Abs. 4 Bst. b StHG10). Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Insbesondere, wenn eine AG bzw. GmbH die Erwerberin ist und vom Beteiligungsinhaber ihre eigenen Anteile zurückkauft, kann die Transaktion Steuerfolgen aus sog. direkter Teilliquidation nach sich ziehen.11 Hierbei wird entweder eine beschlossene oder geplante Kapitalherabsetzung steuerlich vorweggenommen oder infolge einer Überschreitung der zulässigen Limiten steuerlich fingiert.12 Dies hat zur Folge, dass der von der erwerbenden Gesellschaft bezahlte Rückkaufspreis teilweise als Rückzahlung des Nennwerts bzw. von steuerlich anerkannten Kapitaleinlagereserven (nachfolgend KER) und teilweise als Liquidationsdividende betrachtet wird.13
Die direkte Teilliquidation ist seit einigen Jahren14 im Einkommenssteuerrecht wie auch im Verrechnungssteuerrecht gesetzlich geregelt (Art. 20 Abs. 1 Bst. c DBG, in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung; Art. 7 Abs. 1bis StHG, in der seit 1. Januar 1998 geltenden Fassung; Art. 4a VStG15, in der seit 1. Januar 1998 geltenden Fassung). In diesem Zusammenhang ist auch das sog. Kapitaleinlageprinzip (KEP)16 von Bedeutung (vgl. Art. 5 Abs. 1bis VStG in der seit 1. Januar 2011 geltenden Fassung). Des Weitern hat die Steuerverwaltung ihre Rechtsauffassung zur direkten Teilliquidation in verschiedenen Kreisschreiben festgehalten.17 Die Rechtsprechung hat sich in einigen Entscheiden mit der Thematik befasst.18 Die Lehre hat sich in jüngerer Zeit vor allem mit Bezug auf das neue Rechnungslegungsrecht19 des Themas angenommen.20
Bei einer direkten Teilliquidation wird – wie erwähnt – der steuerfreie private Kapitalgewinn des Verkäufers teilweise in einen steuerbaren Vermögensertrag umqualifiziert (Art. 20 Abs. 1 Bst. c DBG, Art. 7 Abs. 1bis StHG). Das heisst, es wird die positive Differenz zwischen dem Erwerbspreis und dem Nennwert (und den allfälligen KER) als Liquidationsdividende der Einkommenssteuer unterworfen.
Ist der Verkäufer indessen eine juristische Person, so unterliegt ein allfälliger Kapitalgewinn aus dem Verkauf der Anteile ohnehin der Gewinnsteuer (Art. 58 DBG, Art. 24 StHG). Für die Gewinnsteuern gilt das Buchwertprinzip, weshalb sich die Frage nach einer direkten Teilliquidation nicht stellt. Je nach Quote und Haltedauer ist der Beteiligungsabzug möglich (Art. 69 f. DBG, Art. 28 StHG).21
In verrechnungssteuerlicher Hinsicht betreffen die Steuerfolgen aus «direkter Teilliquidation» (Art. 4a VStG) zum einen die erwerbende Gesellschaft als Steuerschuldnerin (Art. 10 Abs. 1 VStG). Zum andern treffen sie den Veräusserer als Überwälzungsschuldner (Art. 14 Abs. 1 VStG) und allfälligen Rückerstattungsberechtigten (Art. 21 ff. VStG). Dies erfolgt unabhängig davon, ob die Anteile dem Privat- oder dem Geschäftsvermögen entstammen bzw. von einer juristischen Person veräussert wurden.
Seit der Einführung des KEP (vgl. Art. 20 Abs. 3 DBG, in der seit 1. Januar 2011 geltenden Fassung; Art. 7b StHG, in der seit 1. Januar 2011 geltenden Fassung; Art. 5 Abs. 1bis VStG, in der seit 1. Januar 2011 geltenden Fassung) können Steuerfolgen aus «direkter Teilliquidation» vermieden werden, wenn die Umqualifizierung zur Ausschüttung von sog. steuerlich anerkannten Kapitaleinlagereserven führt.22
Auch nach der Einführung des neuen Rechnungslegungsrechts ist die Situation weiterhin komplex. Nachfolgend werden die steuerlichen Folgen beim direkten Erwerb23 eigener Anteile durch eine schweizerische Gesellschaft24 dargelegt.