Thermische Abfallverwertung
Klimaneutral als regionale Flotte?

10.03.2023 Nicht an jedem MVA-Standort ist es möglich oder sinnvoll, CO2 abzuscheiden. Entweder der benötigte Platz ist nicht vorhanden oder die Transportentfernungen für das abgeschiedene CO2 zu groß, was sich negativ auf die Klimabilanz auswirkt. Der Leiter der Unternehmensentwicklung des Anlagenbetreibers EEW, Thomas Obermeier, brachte bei der VKU-Verbandstagung in dieser Woche daher die Möglichkeit einer regionalen Flottenlösung ins Spiel.

Nicht jeder Anlagenstandort hat die Voraussetzungen wie EEW in Delfzijl. Oft fehlt der Platz für eine CO2-Abscheideanlage. Möglicherweise könnten Anlagen in Deutschland gemeinsam als Flotte klimaneutral werden?
© Foto: EEW
Nicht jeder Anlagenstandort hat die Voraussetzungen wie EEW in Delfzijl. Oft fehlt der Platz für eine CO2-Abscheideanlage. Möglicherweise könnten Anlagen in Deutschland gemeinsam als Flotte klimaneutral werden?

Die Geschäftsführerin des Zweckverbandes Abfallverwertung Südhessen und Prokuristin des Energieversorgers Entega, Julia Klinger, hatte in einer Paneldiskussion bei der VKU-Verbandstagung die Möglichkeit zur CO2-Abscheidung am Standort des Müllheizkraftwerkes Darmstadt aufgrund der Nähe zu Wohngebieten und des benötigten Platzbedarfs kritisch gesehen.

Obermeier brachte daher neue, regionale Kooperationen zwischen privaten und öffentlichen Anlagenbetreibern ins Spiel, um gemeinsam als Flotte die Klimaneutralität zu erreichen. Anlagen mit besseren Standortbedingungen könnten mehr abscheiden als für die Klimaneutralität notwendig. Anlagen mit schlechteren Bedingungen könnten sich daran beteiligen und würden entsprechende Gutschriften erhalten. So könnte man gemeinsam als Flotte die Klimaneutralität erreichen.

Die erste Anlage von EEW zur Abscheidung von 270.000 Tonnen CO2 befindet sich laut Obermeier derzeit im niederländischen Delfzijl im Genehmigungsverfahren. Mindestens zwei weitere Anlagen wollen die Helmstedter in Deutschland errichten. „Die Wirtschaftlichkeit macht uns sehr zu schaffen“, sagte Obermeier. Der CapEx, also der Investitionsbedarf, habe sich innerhalb des letzten halben Jahres verdoppelt – eine Folge der hohen Nachfrage.

CCS ist teuer, CCU ein Businessmodell

Obermeier zufolge dürfe man nicht nur auf CCS, also die Abscheidung von Kohlendioxid und dessen Speicherung versteifen. „Nur mit CCS kommen wir nicht weiter. Das Auffangen von CO2 kostet uns 60 bis 70 Euro. Die Angebote für die Speicherung, die uns aus Norwegen und Großbritannien vorliegen, liegen abgeholt bei noch mal 70 Euro.“ CCS würde demnach mit 140 Euro pro Tonne CO2 zu Buche schlagen.

Anders sei das bei CCU, also der Nutzung des abgeschiedenen CO2 in industriellen Prozessen. Bei einem entsprechenden Reinheitsgrad könne man für grünes CO2 – also Kohlendioxid aus biogenen Quellen – 80 bis 90 Euro am Markt erzielen. „Das ist ein Businessmodell, über das wir reden können“, sagte Obermeier.

Kaum ein Wort verloren die bei der VKU-Verbandstagung anwesenden Vertreter der Bundesregierung über das für viele Branchen notwendige und in Deutschland derzeit noch fehlende Carbon Management. „Die Niederlande sind uns mindestens zehn Jahre voraus“, sagte Obermeier. Im niederländischen Delfzijl baut EEW eine CO2-Abscheideanlage. Das abgeschiedene Kohlendioxid soll im Rahmen des HyNetherlands-Projektes verwertet werden, um grünen E-Fuel für den Schiffsverkehr zu erzeugen. Darüber hinaus wird der Standort mit einer Vorsortieranlage ausgestattet, um Kunststoffe aus den Abfallgemischen vor der Verbrennung auszusortieren und dem mechanischen und chemischen Recycling zur Verfügung zu stellen.

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