Wie stark wird der Gegenwind bei Kroatiens EU-Beitritt sein? (Bild: Photocase)

Die kroatische Botschafterin bei ihrem Vortrag (Bilder: Anja Bartsch)

Vesna Cvjetković Kurelec, Roland Schönfeld, Elisabeth von Erdmann

- Anja Bartsch

Missionarische Tätigkeit im Staatsgeschäft

Die Probleme Kroatiens und die Chance auf Integration in die EU

Der lange Weg Südosteuropas in die Europäische Union hat gerade erst begonnen – Bulgarien und Rumänien scheinen den Sprung geschafft zu haben. Und was wird mit Kroatien? Die kroatische Botschafterin Cvjetković Kurelec berichtete in ihrem Vortrag über Potenziale und Hindernisse in ihrem Heimatland.

„Wir wollen ein willkommenes Mitglied der Europäischen Union werden“, betonte I. E. Dr. Vesna Cvjetković Kurelec, kroatische Botschafterin in Deutschland. Die Zweigstelle der Südosteuropagesellschaft Bamberg-Erlangen hatte am 4. Juli zu dem Vortrag „Kroatien auf dem Weg in die EU“ geladen. Die Leitung der Zweigstelle wurde in diesem Semester von Prof. Dr. Elisabeth von Erdmann vom Lehrstuhl für Slavische Literaturwissenschaft übernommen, der Vortrag eröffnete gleichzeitig das Kolloquium „Europas Südosten“, das von der Südosteuropagesellschaft organisiert wird.

Die „Wahrheit“ über Kroatien

Den „dornenvollen Weg der Reformen“, den Kroatien seit dem Antrag auf EU-Beitritt im Jahr 2003 zu beschreiten hat, erkannte Dr. Dr. h.c. Roland Schönfeld in seinem Grußwort an. Als Vizepräsident der Südosteuropa-Gesellschaft weiß er um die Wichtigkeit, möglichst objektive Informationen über Länder wie Kroatien zu verbreiten. Dessen ist sich auch die Botschafterin bewusst, die sich manchmal „wie eine Missionarin vorkommt, welche die Wahrheit über Kroatien zu verkünden hat“. Was ist aber die Wahrheit? Mit diplomatischem Geschick stellte Cvjetković Kurelec vor allem die bisherigen Errungenschaften Kroatiens ins Zentrum ihrer Rede. Seit dem offiziellen Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen im Oktober 2005 habe sich viel bewegt: Der Schutz der Menschenrechte habe sich ausgeweitet, Medienfreiheit wurde gewährleistet, das Bankwesen fast vollständig privatisiert und die regionale Zusammenarbeit verstärkt. Cvjetković Kurelec ist daher mit der Perzeption ihres Landes nicht zufrieden, denn Kroatien habe mehr zu bieten als ein im europäischen Vergleich billiges Urlaubsziel darzustellen.

Hohe Arbeitslosenzahlen und EU-Skeptizismus

Ein großes Problem sprach sie von selbst an, allerdings, um zu verdeutlichen, dass Kroatien dieses Problem bereits gelöst habe. Seit dem Verfassungsgesetz im Jahr 2002 sei der Minderheitenschutz gewährleistet, der vor allem die größte Minoritätengruppe der Serben betrifft. „Seitdem haben Minderheiten den Anspruch auf acht Sitze im Parlament“, erläuterte die Botschafterin. Außerdem hob Kroatien die Visumspflicht für heimkehrende Flüchtlinge auf. Dies förderte vor allem die Rückkehr der kroatischen Staatsbürger mit serbischer Nationalität: Bis jetzt sind bereits 335 000 Menschen in ihre Heimat zurückgekommen. Erschütternd für das deutsche Ohr zu hören waren die Arbeitslosenzahlen, die in einigen Gebieten bei 35 – 40% liegen. „Das betrifft besonders ehemals besetzte Gebiete, die wirtschaftlich nachhinken“, so Cvjetković Kurelec. Bevor Kroatien sich diesen Herausforderungen stellt, sei es nötig, den EU-Skeptizismus zu verringern, der im gesamten Land verbreitet ist. „Rund 57% der Kroaten sind gegen die EU“, gab die Botschafterin zu. „Im Vergleich mit anderen EU-Ländern sind diese Zahlen aber normal“.

Für die kroatische Botschafterin bleibt also zu hoffen, dass der EU-Beitritt auch ohne den Zuspruch von mehr als der Hälfte der kroatischen Bürgerinnen und Bürger in der nächsten Erweiterungsrunde 2009 glatt verlaufen wird.  Wie sich die "Wahrheit" über Kroatien entwickeln wird – das zeigen die nächsten Jahre.