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  • Drei Studierende vor der Neuen Uni am Sanderring.

Ein Schub für die Toxikologie

08.11.2022

In einem EU-weiten Projekt arbeiten zehn Institutionen zusammen, um den Unterricht in Toxikologie und Ökotoxikologie in Europa zu modernisieren. Mit dabei ist das Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Uni Würzburg.

Wasserproben entnehmen und auf giftige Inhaltsstoffe untersuchen: Auch das gehört zum Arbeitsalltag einer Toxikologin. Wobei sie in der Regel mehr Zeit im Labor als in der Natur verbringen dürfte.
Wasserproben entnehmen und auf giftige Inhaltsstoffe untersuchen: Auch das gehört zum Arbeitsalltag einer Toxikologin. Wobei sie in der Regel mehr Zeit im Labor als in der Natur verbringen dürfte. (Bild: Robert Pavsic / iStockphoto.com)

Wie wirken verschiedene Stoffe im Stoffwechsel von Mensch, Tier, in Pflanzen oder in Ökosystemen? Welche von ihnen sind gefährlich, welche nicht? Das sind die wesentlichen Fragen, mit denen sich Toxikologinnen und Toxikologen in ihrem Berufsleben beschäftigen. In einer Zeit, in der immer mehr solcher Substanzen aus der Industrie in die Umwelt gelangen, sind sie mit ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten dringender gefragt denn je.

Während deshalb in den kommenden Jahren die Nachfrage nach hochqualifizierten Toxikologen und Ökotoxikologinnen steigen wird, besteht allerdings schon jetzt in Europa ein erheblicher Mangel an Fachkräften in diesen Bereichen. Einer der Hauptgründe für diesen Mangel sind die unzureichenden Ausbildungsmöglichkeiten.

400.000 Euro von der EU

Aus diesem Grund haben sich jetzt zehn Partnerinstitutionen aus neun europäischen Ländern in dem Erasmus-Projekt ToxLearn4EU zusammengeschlossen. Unter der Leitung der Universität Toulouse wollen sie frei verfügbare Online-Vorlesungen zur Toxikologie zu entwickeln und setzen dabei auf verschiedene Formate innovativer Lehre, wie beispielsweise interaktive Online-Kurse und problemorientiertes Lernen. Darüber hinaus werden in Sommerschulen fortgeschrittene Kurse für Studierende als Präsenzveranstaltungen angeboten. Die EU stellt dafür rund 400.000 Euro zur Verfügung, die Projektlaufzeit beträgt drei Jahre.

Einer der Projektpartner ist das Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU); hier verantwortlich ist Helga Stopper, Professorin für Analytische Toxikologie. „Unsere Aufgabe ist es, zehn Online-Vorlesungen im Bereich ‚Prioritäre und neu auftretende Schadstoffe‘ zu entwickeln, ein transnationales Treffen organisieren und Vorträge zu allen Themen und Aktivitäten beizusteuern“, erklärt Stopper.

Viele Wege führen in die Toxikologie

Der Weg in die Toxikologie ist vielfältig: Wer ihn einschlagen möchte, benötigt in Deutschland ein abgeschlossenes naturwissenschaftliches Hochschulstudium (Bachelor). Dazu kann ein Master-Abschluss in Toxikologie kommen. Alternativ oder zusätzlich ist mit einem naturwissenschaftlichen Master-Abschluss eine Fachtoxikologie-Ausbildung während und nach einer Promotionsarbeit in einem toxikologischen Umfeld möglich.

Mit diesem Abschluss in der Tasche öffnet sich Absolventinnen und Absolventen ein breites Feld an Arbeitsmöglichkeiten – angefangen bei Hochschulen und Forschungsinstituten über Pharma- und Chemie-Unternehmen bis zu Untersuchungslabors, die öffentliche Verwaltung, etwa bei Umwelt- und Gesundheitsämtern und Zulassungsbehörden, sowie bei Beratungsfirmen.

Zukunftssicher sind die Berufe in der Toxikologie allemal: „Der Europäische ‚Green Deal‘ fordert unter anderem eine bessere Überwachung der Verschmutzung von Luft, Wasser, Boden und Konsumgütern“, erklärt Helga Stopper. Und neu auftretende Schadstoffe wie Mikroplastik oder Nanopartikel, aber auch komplexe Stoffkombinationen, die in die Luft, die Böden und die Gewässer gelangen, erfordern ihren Worten nach „innovative Methoden zur Bewertung ihrer Toxizität und zum Biomonitoring unserer Umwelt“. Dementsprechend werde die Nachfrage nach hochqualifizierten Expertinnen und Experten in den Bereichen Toxikologie und Ökotoxikologie insbesondere in Europa steigen.

Online-Kurse, Fallstudien und Summer Schools

Zehn interaktive Online-Kurse mit einem Arbeitspensum von insgesamt 300 Stunden (entsprechend zehn ECTS Punkten) will das Konsortium insgesamt für Masterstudierende und Promovierende zur Verfügung stehen. Diese Inhalte können direkt von Lehrkräften anderer Hochschuleinrichtungen genutzt werden oder dienen als Vorbild für die Entwicklung eigener Online-Ressourcen. Auch andere Zielgruppen, die in passenden Bereichen arbeiten, sollen an diesen Kursen teilnehmen können.

Neben interaktiven Online-Lektionen besteht ein weiterer Bestandteil aus sogenannten projektbasierten Lerneinheiten. Zehn Fallstudien liefern dabei Informationen zu neuen Schadstoffen, neuen Methoden und Modellen zur Bewertung von Schadstoffen und zur Risikobewertung insgesamt.

Dritter Baustein sind Kurse für Fortgeschrittene, die sich auf ein bestimmtes Thema konzentrieren und während drei Summer Schools eingesetzt werden sollen. Themen sind die „Auswirkungen von Schadstoffen auf verschiedene Ökosysteme – von den Bergen bis zu den Ozeanen“, der „Klimawandel und Verschmutzung – Auswirkungen auf Menschen und Ökosysteme“ sowie spezielle Bewertungstechniken vom einfachen Molekül zur komplexen Mischung.

Kooperation auch über das Projekt hinaus

Darüber hinaus erwarten die Projektbeteiligten auch indirekte Auswirkungen auf die Lehre im Bereich Toxikologie durch ihre Zusammenarbeit: Lehrkräfte werden ihre Fähigkeiten beim Erstellen interaktiver Online-Inhalte und der Entwicklung projektbasierter Lerneinheiten, basierend auf Fallstudien, stark ausbauen. Und natürlich wird diese Kooperation dazu beitragen, dass die Beteiligten auch in Zukunft enger zusammenarbeiten – egal ob es dabei um neue Unterrichtseinheiten oder um Forschungsprojekte geht.

Mehr Informationen zu den Ausbildungswegen im Bereich Toxikologie gibt es hier.

Kontakt

Prof. Dr. Helga Stopper, Lehrstuhl für Pharmakologie und Toxikologie, T: +49 931 31-48427, stopper@toxi.uni-wuerzburg.de

Von Gunnar Bartsch

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