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Becken- und Acetabulumfrakturen im Kindes- und Jugendalter

<p class="article-intro">Durch eine altersgerechte, aber zielgerichtete Behandlung können in der Akutphase lebensbedrohliche Komplikationen abgewendet und in der Spätphase lebensbehindernde Folgezustände verhindert bzw. stark gemindert werden. Daher ist ein fundiertes Wissen über diese seltenen, aber potenziell lebensbedrohlichen Verletzungen für den behandelnden Chirurgen unumgänglich.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Frakturen des Beckens im Kindes- und Jugendalter sind sehr selten, und kaum ein Behandler verf&uuml;gt &uuml;ber gr&ouml;&szlig;ere Erfahrung im Umgang mit diesen Verletzungen. In der Literatur werden Angaben zwischen 1,6 und 6,1 % genannt, wobei etwa 10 % dieser Verletzungen als instabil zu bezeichnen sind. 18 % aller Verletzungen sind als komplex zu werten, dies bedeutet, dass simultan zur Fraktur des Beckenskelettes eine Verletzung von Beckenorganen und/oder neurovaskul&auml;ren Strukturen vorliegt. Die letzte gro&szlig;e Erhebung der &bdquo;Arbeitsgemeinschaft Becken&ldquo; der Deutschen Gesellschaft f&uuml;r Unfallchirurgie ergab eine Frequenz von 2,1 % kindlicher Beckenverletzungen vor dem 15. Lebensjahr; von diesen betrafen aber nur 6,3 % das Acetabulum.<sup>1</sup> F&uuml;r Acetabulumfrakturen gilt eine noch st&auml;rkere Schwankungsbreite als f&uuml;r Verletzungen des Beckenringes, sie werden in weniger als 1 % und bis zu 20 % aller kindlichen Beckenfrakturen angegeben, je nach dem untersuchten Kollektiv.<sup>2</sup> Kombinationsverletzungen des Beckenringes mit Acetabulumfrakturen sind Rarit&auml;ten und werden nur als Einzelf&auml;lle beschrieben. <br />Die gro&szlig;e Schwankungsbreite in der Literatur ist sicher auch dadurch bedingt, dass eine eindeutige Definition des Terminus &bdquo;kindliche Beckenfraktur&ldquo; noch nicht gefunden wurde.<sup>3</sup> Daher werden von Autoren auch unterschiedliche obere Altersgrenzen vom 14. bis zum 20. Lebensjahr mitgeteilt. Auch die an sich pragmatische Einteilung, dass eine kindliche Beckenfraktur dann vorliegt, wenn die Y-Fuge noch offen ist und somit das Becken als &bdquo;unreif&ldquo; zu werten ist, ist nicht ganz schl&uuml;ssig. Denn die Verkn&ouml;cherung der Y-Fuge beginnt bei M&auml;dchen mit dem 12. Lebensjahr, bei Knaben mit dem 14. Lebensjahr, und die Dauer bis zur kompletten Verkn&ouml;cherung der Fuge ist individuell unterschiedlich.<br />An den Strukturen des kindlichen Beckens k&ouml;nnen sowohl Beckenringfrakturen als auch Frakturen des Acetabulums auftreten. Als zus&auml;tzliche Sonderform findet man unter Adoleszenten vermehrt Avulsionsverletzungen der Apophysen. Letztere sind meist harmlos und stellen kein wesentliches Problem dar.</p> <h2>Anatomische Besonderheiten und Pathophysiologie</h2> <p>Ein wesentliches anatomisches Merkmal des kindlichen Beckens ist die hohe Elastizit&auml;t, welche dazu beitr&auml;gt, dass es zun&auml;chst eher zu einer Deformierung des Knochens als zu einer Fraktur kommt. Insgesamt gibt es 8 knorpelige Anteile des kindlichen Beckens, sie entsprechen der funktionell dreiteiligen Y-Fuge, den Apophysen von Spina iliaca anterior inferior, Crista iliaca, Tuber ossis ischii, der Syndesmose und der Fuge zwischen Os pubis und Os ischii. Sie sind umso st&auml;rker ausgebildet, je j&uuml;nger das Kind ist, und k&ouml;nnen vor allem im Kleinkindesalter nicht zu untersch&auml;tzende diagnostische Schwierigkeiten bereiten. So zeigt die Y-Fuge in dieser Altersgruppe eine Breite von bis zu 1,5cm. Diese Fuge bestimmt das Wachstum des Acetabulums und kann Ursache sehr unangenehmer Folgeerscheinungen (sekund&auml;re, posttraumatische Dysplasie) sein. Dies ist durch zwei komplett verschiedene Fugenanteile bedingt: einen intraartikul&auml;ren Anteil, welcher mit Knorpel &uuml;berzogen ist, und einen sehr kr&auml;ftigen intrapelvinen Anteil mit perichondralem Gewebe, welcher bei Verletzungen sehr viel Kallus bilden kann. Durch einen solchen kall&ouml;sen Fugenverschluss an der Linea terminalis kann oben genannte Dysplasie verursacht werden.<sup>4, 5</sup><br /> Die enorme Elastizit&auml;t des kindlichen Beckens bewirkt im Hinblick auf einwirkende Kr&auml;fte, dass im Kindes- und Jugendalter eine wesentlich gr&ouml;&szlig;ere Energie erforderlich ist, um eine Fraktur zu erzeugen, als im Erwachsenenalter. Stuhler et al konnten experimentell nachweisen, dass bei Erwachsenen eine translatorische Kraft ab 3.300N zu einer Beckenfraktur f&uuml;hrt, w&auml;hrend bei Kindern unter 12 Jahren mehr als die doppelte Energie (&uuml;ber 8.000N) erforderlich ist.<sup>6</sup> Das kindliche Becken kann au&szlig;erdem trotz Frakturierung weiterhin noch Energie absorbieren und bietet daher wesentlich weniger Schutz gegen&uuml;ber seinen eingelagerten Organen. Man findet relativ viele isolierte Schambein- und Beckenschaufelbr&uuml;che, welche per se ein Hinweis auf eine gro&szlig;e Krafteinwirkung sind. Dies ist insofern von Bedeutung, als auch ohne wesentliche Instabilit&auml;t am kindlichen Becken erhebliche Organverletzungen vorliegen k&ouml;nnen. Daher liegt auch die Rate pelviner Komplexverletzungen bei Kindern mit 18 % wesentlich h&ouml;her als beim Erwachsenen mit 10 % .</p> <h2>Unfallmechanismus, Begleitverletzungen</h2> <p>In den allermeisten F&auml;llen handelt es sich bei Beckenfrakturen um Hochenergietraumen, welche vor allem bei Verkehrsunf&auml;llen und St&uuml;rzen aus gr&ouml;&szlig;erer H&ouml;he entstehen. In etwa zwei Dritteln der F&auml;lle ist dabei mit einem Schockgeschehen zu rechnen. Insgesamt ergibt sich aus der Literatur eine akute Komplikationsrate von etwa 5 % , wobei lebensbedrohliche pelvine Blutungen nur in 0&ndash;2 % und Gef&auml;&szlig;l&auml;sionen in 2&ndash;8 % zu finden sind.<sup>3</sup> Relativ h&auml;ufig zeigen sich allerdings begleitende retroperitoneale H&auml;matome in 9&ndash;46 % sowie intrapelvine H&auml;matome in 9&ndash;39 % . Offene Beckenverletzungen sind eine Seltenheit und betreffen fast ausschlie&szlig;lich Patienten mit einem schweren Verletzungsmuster, sie sind mit einer hohen Mortalit&auml;tsrate (bis zu 20 % ) assoziiert.</p> <p>&nbsp;</p> <h2>Diagnostik</h2> <p>Die Diagnostik kindlicher Beckenfrakturen umfasst sowohl klinische wie auch radiologische Ma&szlig;nahmen. Die wichtigste klinische Untersuchung ist dabei die Stabilit&auml;tspr&uuml;fung des Beckens. Bei der Untersuchung des entkleideten Patienten sind vor allem die Symmetrie des Beckens, Beinl&auml;ngendifferenzen, H&auml;matome im Bereich des Beckeng&uuml;rtels sowie Wunden zu beachten. Perineale Wunden sind dabei besonders leicht zu &uuml;bersehen. Nach ihnen muss gefahndet werden, ebenso wie nach urethralen oder rektalen Blutabg&auml;ngen. So der Patient eine rektale Untersuchung toleriert, ist sie bei ausgedehnten Beckentraumen sofort obligat, sonst nach Einleitung der Narkose. Hier sei nochmals an die klinischen Zeichen einer Beckenfraktur erinnert:</p> <ul> <li>das Destot-Zeichen: gro&szlig;e H&auml;matome inguinal und am Scrotum/an den Labien</li> <li>das Roux-Zeichen: Der Abstand zwischen Trochanter major und Schambeinh&ouml;cker ist gegen&uuml;ber der gesunden Seite verringert</li> <li>das Earl-Zeichen: palpable Frakturenden bei rektaler Untersuchung</li> </ul> <p>Die standardm&auml;&szlig;ige radiologische Diagnostik umfasst ap-Aufnahmen des Beckens (Becken&uuml;bersicht), welche ohne Gonadenschutz durchgef&uuml;hrt werden sollten, um einfache Frakturen am vorderen Beckenring zu nicht &uuml;bersehen. Gegebenenfalls wird f&uuml;r die Akutdiagnostik bei entsprechender Klinik die sonografische Untersuchung erg&auml;nzend durchgef&uuml;hrt, welche jederzeit im Schockraum angewendet und wiederholt werden kann. Bei instabilen Patienten ist ein Becken-CT unerl&auml;sslich, es wird bei etwa 60&ndash;80 % aller kindlichen Beckenverletzungen durchgef&uuml;hrt. Es liefert wertvolle Hinweise auf die Anatomie komplexer Frakturmuster und pelviner Begleitverletzungen. Im Gegensatz zum CT spielen Untersuchungen mittels MRT in der Akutphase bei Beckenringverletzungen eine untergeordnete Rolle. In der Sekund&auml;rphase jedoch bietet das MRT wertvolle Informationen im Hinblick auf Verletzungen der Wachstumsfugen (insbesondere der Y-Fuge), Bandverletzungen am hinteren Beckenring sowie Acetabulumfrakturen, insbesondere solche mit knorpeliger Komponente wie chondralem Ausriss des Kopfligaments oder eingeschlagenem Knorpelfragment am Pfannenrand.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2016_Jatros_Ortho_1606_Weblinks_s19.jpg" alt="Abb.1" width="1417" height="1204" /></p> <h2>Klassifikation</h2> <p>Die von der AO vorgeschlagenen und weitverbreiteten Klassifikationsschemata f&uuml;r Beckenring- oder Acetabulumverletzungen sind insbesondere bei j&uuml;ngeren Kindern aufgrund der v&ouml;llig differenten R&ouml;ntgenanatomie nicht geeignet (Abb. 1). Daher werden mehrere unterschiedliche Klassifikationssysteme f&uuml;r diese Verletzungen verwendet; beginnend bei einer ganz einfachen Unterscheidung zwischen &bdquo;unreif&ldquo; und &bdquo;reif&ldquo;<sup>7</sup> bis zur Zahl der Unterbrechungen des Beckenringes (1&ndash;3) und der Acetabulumfrakturen (4).<sup>8</sup> Eine verbreiterte Klassifikation ist jene nach Torode, welche zwischen Avulsionen, Beckenschaufelbr&uuml;chen, Beckenringbr&uuml;chen und Berstungsbr&uuml;chen unterscheidet.<sup>9</sup> In letzter Zeit hat sich im deutschen Sprachraum eine eher pragmatische &bdquo;prognoseorientierte&ldquo; Klassifikation durchgesetzt, welche auf m&ouml;gliche Sp&auml;tfolgen R&uuml;cksicht nimmt. Im Wesentlichen unterscheidet diese zwischen stabilen und instabilen L&auml;sionen.<sup>10</sup> Zu den stabilen L&auml;sionen geh&ouml;ren Apophysenausrisse, Frakturen des Os ilium, Beckenschaufelfrakturen, Schambeinastfrakturen und Iliosakralgelenkslockerungen. Zu den instabilen L&auml;sionen geh&ouml;ren Symphysensprengungen, Acetabulumfrakturen und Malgaignefrakturen.</p> <h2>Behandlung</h2> <p>Die weitaus h&auml;ufigste Behandlungsmethode von kindlichen Becken- und Acetabulumverletzungen ist die konservative Therapie. Nach Hauschild wurde in einer breit angelegten Untersuchung nach dem DGU-Beckenregister diese Behandlungsform bei 80 % aller Kinder angewandt.<sup>11</sup> Insbesondere bei stabilen Beckenringfrakturen ist eine Therapie mit Bettruhe, Analgetika und anschlie&szlig;ender schmerzbezogener Mobilisierung m&ouml;glich. Dabei schwankt der Mobilisierungsbeginn je nach Alter zwischen 2 und 3 Wochen (vor dem 6. Lebensjahr) &uuml;ber 4 Wochen im 7.&ndash;12. Lebensjahr und 6 Wochen (nach dem 12. Lebensjahr).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2016_Jatros_Ortho_1606_Weblinks_s20.jpg" alt="Abb. 2" width="1051" height="929" /></p> <h2>Beckenringverletzung</h2> <p>Die Notfallversorgung kindlicher Beckenringverletzungen erfolgt nach den gleichen Prinzipien wie beim Erwachsenen. Dabei sind f&uuml;r die Auswahl der Stabilisierungsmethode die Erfassung der Lokalisation einer Beckeninstabilit&auml;t sowie das Erkennen einer Kreislaufinsuffizienz wesentlich, wobei vor allem kleinere Kinder lange einen suffizienten Kreislauf trotz progredienter Blutung aufrechterhalten k&ouml;nnen. Die Therapie der Wahl in der Notfallbehandlung stellt der Fixateur externe dar, welcher sowohl zu einer Schmerzreduktion als auch zur Verringerung der Blutungsneigung durch Kompression von spongi&ouml;sen Bruchfl&auml;chen f&uuml;hrt. Des Weiteren gew&auml;hrt er ein Widerlager f&uuml;r etwaige pelvine Tamponaden und Lagerungsstabilit&auml;t-Erleichterungen f&uuml;r die Pflege. Beckenfixateure werden auch im Kindes- und Jugendalter von ventral angelegt, wobei die entsprechenden Pins meist supraazetabul&auml;r verankert werden, da so die beste Stabilit&auml;t gew&auml;hrleistet ist. Zus&auml;tzliche Pins k&ouml;nnen eventuell &uuml;ber die Spina iliaca anterior superior oder inferior bzw. &uuml;ber den Beckenkamm eingebracht werden. Gelegentlich sind auch eine Ausbehandlung am Fixateur externe sowie eine Kombination mit anderen Osteosyntheseformen, insbesondere am hinteren Beckenring, m&ouml;glich (Abb. 2). Die Beckenzwinge, welche auch im Erwachsenenalter eine gewisse Komplikationsrate aufweist, ist bei Kindern unvorteilhaft; von ihrem Gebrauch muss abgeraten werden. &Auml;hnlich wie im Erwachsenenalter erfordert eine anhaltende Kreislaufinstabilit&auml;t nach mechanischer Stabilisierung eine pelvine Revision und Beckentamponade. Zu den OP-Indikationen in der Behandlung von Beckenfrakturen im Kindesalter z&auml;hlen Notf&auml;lle mit mechanischer Beckeninstabilit&auml;t und einem Hb-Wert unter 8g/dl (Komplexverletzung), die wie erw&auml;hnt einer Fixateur-externe-Behandlung und einer extraperitonealen Blutungstamponade bed&uuml;rfen; weiters klinische Instabilit&auml;ten bei Kontinuit&auml;tsdurchtrennung des Beckenringes (anterior oder posterior), ausgepr&auml;gte Rotationsinstabilit&auml;ten, Gefahr der Haut- und Organperforation durch Frakturfragmente, starke Fragmentdislokation (&uuml;ber 2cm) und Abrissfrakturen (Tab. 1). <br />Bei allen operativen Eingriffen muss als oberstes Prinzip die Schonung der Wachstumsfugen beachtet werden. Daher sind auch altersadaptierte Implantate und Methoden anzuwenden. So werden vor dem 9. Lebensjahr vor allem einfache Versorgungen mit transoss&auml;ren N&auml;hten, Cerclagen und Kirschner-Dr&auml;hten sowie kleinen Osteosyntheseplatten angewendet.<sup>12</sup> &Auml;ltere Kinder k&ouml;nnen mit Implantaten aus der Erwachsenentraumatologie versorgt werden, insbesondere mit entsprechenden Platten und gr&ouml;&szlig;eren Schrauben (Tab. 2).</p> <h3>Acetabulumverletzungen</h3> <p>Bei Acetabulumfrakturen ist immer eine anatomische Reposition anzustreben, da Gelenksstufen &uuml;ber 2mm eine Pr&auml;arthrose darstellen und daher intolerabel sind. Deshalb ist bei Acetabulumfrakturen eine konservative Therapie ausschlie&szlig;lich bei undislozierten Frakturen, knorpeligen Pfannenrandbr&uuml;chen, welche nicht in das Gelenk eingeschlagen sind, sowie bei Kompressionen der Y-Fuge m&ouml;glich. Die Entlastungs- bzw. Ruhigstellungszeiten entsprechen denen bei Beckenringverletzungen. Aber auch undislozierte Acetabulumfrakturen machen engmaschige Nachkontrollen erforderlich, da funktionelle Defizite als Sp&auml;tfolge auftreten k&ouml;nnen (sekund&auml;re Dysplasie). Hinsichtlich der Operationstaktik bei Acetabulumfrakturen werden ab dem 11./12. Lebensjahr die OP-Prinzipien der Erwachsenentraumatologie angewandt, w&auml;hrend im Kleinkindesalter zumeist Kirschner-Dr&auml;hte oder Schrauben sowie kleine Rekonstruktionsplatten verwendet werden (Abb. 3). Bei knorpeligen Pfannenrandabbr&uuml;chen sind in dieser Altersgruppe auch transoss&auml;re N&auml;hte verwendbar. Als operativer Zugang ist bei vorderen Pfeilerfrakturen der ilioinguinale Zugang zu w&auml;hlen. Die chirurgische H&uuml;ftluxation erm&ouml;glicht eine gute Repositionskontrolle bei ausgepr&auml;gten Frakturen der H&uuml;ftpfanne, wobei diese chirurgische Luxation bei Patienten unter 9 Jahren &uuml;ber einen transglutealen Zugang erfolgt, w&auml;hrend ab dem 9. Lebensjahr eine Trochanterfliposteotomie m&ouml;glich ist.</p> <h3>Avulsionsverletzungen</h3> <p>Diese kommen im Bereich der Beckenapophysen im Adoleszentenalter vor und entstehen meist durch sportliche Bet&auml;tigung. Pathophysiologisch ist in diesem Lebensabschnitt die Struktur der Apophysenfuge durch humorale Einfl&uuml;sse bereits aufgelockert, gleichzeitig hat mit dem Beginn der Pubert&auml;t eine deutliche Zunahme der Muskelmasse stattgefunden. Durch dieses Ungleichgewicht kann es bei pl&ouml;tzlichen Kontraktionen der ansetzenden Muskulatur zum Abriss der Apophyse kommen. Dies ist zum Beispiel der Fall bei Schussabgaben beim Fu&szlig;ball (Musculus rectus femoris &ndash; Spina iliaca anterior inferior) oder bei Turn&uuml;bungen wie dem Spagat (ischiocrurale Muskelgruppe Spina ischiadica). F&uuml;r gew&ouml;hnlich ist bei diesen Verletzungen keinerlei chirurgische Intervention erforderlich. Lediglich ein paar Tage Schonung, gegebenenfalls analgetische Therapie und vorsichtige Mobilisierung sind anzuraten. Wichtig ist, die Patienten &uuml;ber die Verletzung aufzukl&auml;ren, da sonst bei sp&auml;teren R&ouml;ntgenkontrollen die kall&ouml;se &Uuml;berbauung der Apophysen eventuell zu differenzialdiagnostischen Schwierigkeiten f&uuml;hren kann. Eine Refixation kann mit Schrauben erfolgen und sollte Patienten mit starken Dislokationen und einem hohen Aktivit&auml;tsniveau vorbehalten bleiben.</p> <p>&nbsp;</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2016_Jatros_Ortho_1606_Weblinks_s21.jpg" alt="Abb. 3" width="2150" height="966" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2016_Jatros_Ortho_1606_Weblinks_s22_1.jpg" alt="Tab. 1" width="1404" height="721" /></p> <h2><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2016_Jatros_Ortho_1606_Weblinks_s22_2.jpg" alt="Tab. 2" width="1419" height="611" /></h2> <h2>Komplikationen und Ausgang</h2> <p>Insgesamt haben kindliche Beckenverletzungen eine gute Prognose, au&szlig;er bei komplexen Beckentraumen, wo Komplikationsraten bis zu 31 % beschrieben wurden. Sie sind vor allem bedingt durch chronische Schmerzen, Beinverk&uuml;rzungen sowie Miktions- und Def&auml;kationsst&ouml;rungen. Bei Acetabulumfrakturen treten Komplikationen vor allem als posttraumatische Dysplasien, H&uuml;ftkopfnekrosen, Pr&auml;arthrosen und Beinverk&uuml;rzungen in Erscheinung. <br />Die Mortalit&auml;t kindlicher Beckenverletzungen weist einen durchschnittlichen Wert von 6 % auf, wobei je nach untersuchtem Kollektiv eine gro&szlig;e Schwankungsbreite zwischen 0 und 25 % zu erwarten ist.<sup>13</sup> Diese korreliert direkt mit schweren Begleitverletzungen, vor allem einem begleitenden Sch&auml;del-Hirn-Trauma, hohen ISS-Werten sowie dem Vorliegen einer kompletten Beckenverletzung und eines schweren Frakturtyps.<sup>14, 15</sup> Die Langzeitprognose wird von persistierenden Asymmetrien des Beckenskelettes, Beinverk&uuml;rzungen und Gangst&ouml;rungen sowie chronischen R&uuml;ckenschmerzen bestimmt.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> von Heyden J et al: Acta Orthop Belg 2012; 78: 611-8 <strong>2</strong> Barabas Z et al: Zent Bl Chir 1991; 116: 215 <strong>3</strong> G&auml;nnslen A et al: Eur J Orthop Surg Traumatol 2013; 23(8): 847-61 <strong>4</strong> Ponseti IV: J Bone Joint Surg Am 1978; 60(5): 575-85 <strong>5</strong> Slongo TF: Der Unfallchirurg 2013; 116(12): 1076-84 <strong>6</strong> Stuhler T et al: Arch Orthop Unfallchir 1977; 90(2): 187-98 <strong>7</strong> Silber J et al: J Ped Orthop 2001; 21(2): 148-51 <strong>8</strong> Key JA, Conwell HE: The management of fractures, dislocations, and sprains. 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