Innovationsfonds

In den Startlöchern

Die Bundesregierung will Innovationen in der Versorgung fördern. Dafür werden in den Jahren 2016 bis 2019 jeweils 300 Millionen Euro pro Jahr in einem Innovationsfonds bereitgestellt. Derzeit laufen die Vorbereitungen für die erste Förderwelle, der Zeitplan der Umsetzung ist ambitioniert. Und die Erwartungen sind hoch.

Die über den Innovationsfonds für vier Jahre insgesamt zur Verfügung stehenden 1,2 Milliarden Euro sollen sowohl neue Versorgungsformen in Form von Selektivverträgen als auch versorgungsnahe Versorgungsforschung befördern. Die Mittel sind als ein wesentlicher finanzieller Beitrag zur Entwicklung und Umsetzung sowie zur Forschung angelegt. Mit dem Innovationsfonds, so die Zielsetzung, sollen die Entwicklung und Umsetzung von Selektivverträgen für die Krankenkassen wieder attraktiver gemacht werden.

Die Idee und Diskussionen zum Innovationfonds entstammen unter anderem den Analysen des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen. Im Sondergutachten 2012 wurde festgestellt, dass innovative Versorgungskonzepte und Modelle zur integrierten Versorgung (Selektivverträge) mit Auslaufen der ab 2004 geltenden Anschubfinanzierung Ende 2007 stagnierten. In den vergangenen Monaten wurden bereits viele Schritte durchgeführt, um den Innovationsfonds in Betrieb zu nehmen. Derzeit befindet sich der Aufbau in der finalen Phase. Angesiedelt ist der Innovationsfonds beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und wird durch einen Innovationsausschuss gesteuert. Dieser Innovationsausschuss besteht aus zehn stimmberechtigten Mitgliedern und entscheidet über die Förderung der eingereichten Projekte. Die Projekte können von qualifizierten Antragstellern eingebracht werden. In der Regel soll das Projekt die Beteiligung einer Krankenkasse vorsehen. Die Art der Beteiligung bzw. was durch die Krankenkasse eingebracht wird, ist dabei nicht definiert.

Der Innovationsausschuss wird durch einen fachlichen Arbeitsausschuss unterstützt, der die Sitzungen für den Innovationsausschuss vorbereitet. Ein Expertenbeirat, bestehend aus Vertretern der Wissenschaft und Versorgungspraxis, sorgt für die fachliche Unterstützung. Die Aufgabe des Expertenbeirates ist die wissenschaftliche Bewertung und Beratung des Innovationausschusses bei der Auswahl der zu fördernden Anträge. Abweichungen von den Empfehlungen des Expertenbeirates müssen vom Innovationsausschuss schriftlich begründet werden.

Die Gesamtkoordination übernimmt eine Geschäftsstelle des Innovationsfonds. Diese ist für die Kommunikation, Vorbereitung von Sitzungen und die Abstimmungsprozesse verantwortlich. Unterstützt wird die Geschäftsstelle organisatorisch und technisch durch den Projektträger Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Somit steht den für die Umsetzung des Innovationsfonds erforderlichen Strukturen und dem Start der ersten Förderwelle organisatorisch nichts mehr entgegen.

Förderung und Arbeitsprozesse

Für 2016 sind insgesamt zwei Förder- und Antragswellen vorgesehen, die zeitversetzt starten sollen. Die Ende Februar dieses Jahres bekannt gegebenen Themen der ersten Förderwelle sehen sowohl für den Bereich neue Versorgungsformen als auch für den Bereich Versorgungsforschung eine themenspezifische und eine themenoffene Förderung vor.

Für den Förderbereich neue Versorgungsformen wurden folgende themenspezifische Förderschwerpunkte veröffentlicht:

  • Versorgungsmodelle in strukturschwachen oder ländlichen Gebieten
  • Modellprojekte zur Arzneimitteltherapie sowie Arzneimitteltherapiesicherheit
  • Versorgungsmodelle unter Nutzung von Telemedizin, Telematik und E-Health
  • Versorgungsmodelle für spezielle Patientengruppen:
  • ältere Menschen •• Menschen mit psychischen Erkrankungen
  • pflegebedürftige Menschen
  • Kinder und Jugendliche
  • Menschen mit seltenen Erkrankungen

Im Förderbereich Versorgungsforschung wurden die nachfolgenden themenspezifischen Förderschwerpunkte festgelegt:

  • Weiterentwicklung der Qualitätssicherung und Patientensicherheit in der Versorgung
  • Verbesserung von Instrumenten zur Messung von Lebensqualität für bestimmte Patientengruppen
  • Innovative Konzepte patientenorientierter Pflege unter besonderer Berücksichtigung der Arbeitsteilung und der Schnittstellen sowie der Integration ausländischer anerkannter Pflegefachkräfte in den Versorgungsalltag
  • Verbesserung der Bedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit der GKV-Versorgung
  • Ursachen, Umfang und Auswirkungen administrativer und bürokratischer Anforderungen im Gesundheitswesen auf die Patientenversorgung sowie Entwicklung geeigneter Lösungsansätze
  • Einsatz und Verknüpfung von Routinedaten zur Verbesserung der Versorgung
Schema: Struktur des Innovationsfonds

Die Veröffentlichung der ersten Förderbekanntmachungen und damit der Start der ersten Förderwelle sind im April 2016 erfolgt. Antragsteller können sich nach Veröffentlichung der Förderbekanntmachungen mit ihren Projekten bewerben. Zeitgleich zur Veröffentlichung der ersten Förderbekanntmachungen sollen die Themen für die zweite Welle veröffentlicht werden, um den Antragstellenden die Chance zu geben, sich für eine passende Förderwelle zu entscheiden. Zudem soll mit diesem Vorgehen sichergestellt werden, dass die themenoffene Förderung der ersten Welle nur Anträge fördert, welche thematisch in keinen der beiden ersten Wellen benannt wurden. Aktuell ist mit einem Beginn der ersten Projektförderung im Herbst 2016 zu rechnen.

Für die Förderbereiche der neuen Versorgungsformen und der Versorgungsforschung sind unterschiedliche Prozesse für die Antragstellung vorgesehen. Für den Förderbereich neue Versorgungsformen gilt ein einstufiges Verfahren. Abbildung 2 erläutert schematisch den Prozess, den ein Antrag durchlaufen muss, hier dargestellt als einstufiges Verfahren. Nach Veröffentlichung der Förderbekanntmachungen haben Antragsteller etwa drei Monate Zeit, einen Antrag auf Förderung einzureichen. Nach Einreichung werden die Anträge durch den Projektträger technisch-administrativ geprüft und an die Geschäftsstelle des Innovationsfonds weitergeleitet. Die vollständigen Anträge werden dann zeitgleich an den Innovationsausschuss und den Expertenbeirat übermittelt. Beide Gremien haben knapp drei Monate Zeit, um die Anträge zu bewerten und einer Förderung zuzuführen. Bei einem positiven Votum des Innovationsausschusses erhält der Antragsteller einen Förderbescheid und damit eine Zusage zur Förderung. Für die zweite Förderwelle ist für den Bereich der neuen Versorgungsformen eine kürzere Antragsfrist vorgesehen, um förderfähige Antragsteller noch in diesem Jahr fördern zu können.

Schema: Ablauf des Vertrags- und Bewertungsverfahrens

Für die Versorgungsforschung ist ein zweistufiges Verfahren vorgesehen. In einem ersten Schritt werden Antragsteller gebeten, innerhalb von vier Wochen nach Veröffentlichung der Förderbekanntmachung eine Projektskizze einzureichen. Diese wird in der oben dargestellten Weise bezüglich der neuen Versorgungsformen durch den Expertenbeirat und Innovationsausschuss begutachtet und bewertet. Bei einem positiven Votum des Innovationsausschusses wird der Antragsteller gebeten, einen ausführlichen Antrag zu erstellen. Auch für diesen Antrag ist eine Frist von rund vier Wochen vorgesehen. Fällt das Votum wiederum positiv aus, so erhält der Antragsteller einen Förderbescheid.

Viele relevante Dinge zur Umsetzung sind bereits geklärt, jedoch gleichzeitig wichtige Detailfragen der Förderung noch offen. Die Fristen für die Antragstellung sind sehr ambitioniert und setzen deshalb bereits bestehende konkrete Projektkonzepte voraus. Klar ist, dass die derzeit aufgebauten und vorgesehenen Strukturen für alle Beteiligten eine Herausforderung darstellen. Es könnte auch, weil der Innovationsfonds für alle Akteure Neuland darstellt, noch zu Nachbesserungen kommen.

Es bleibt zu hoffen, dass die Qualität der Anträge durch den engen zeitlichen Rahmen nicht leidet, sodass viele gute Projekte in den Genuss einer Förderung noch in diesem Jahr kommen.

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