Der KNX Bus kennt mehrere Übertragungsmedien und damit auch mehrere Übertragungsverfahren:
Bei KNX Twisted Pair (KNX TP) versorgt die Busleitung alle Busteilnehmer sowohl mit Daten als auch mit der nötigen Betriebsspannung. Die Nennspannung des Bussystems beträgt 24 V.
Die Spannungsversorgungen speisen 29 V in das System ein. Die Busteilnehmer arbeiten bei Spannungen bis zu 21 V fehlerfrei.
Es steht also ein Toleranzbereich von 8 V zur Verfügung, um eventuelleSpannungsabfälle auf der Leitung und an Kontaktwiderständen abzupuffern.
In den Teilnehmern wird nun zunächst die Versorgungsgleichspannung von der Informationswechselspannung getrennt. Ein Kondensator erzeugt die Versorgungsgleichspannung, ein Übertrager koppelt die Informationswechselspannung aus. Eine weitere Funktion des Übertragers ist es, die ausgehenden Informationen bei sendenden Teilnehmern auf die Busspannung aufzuprägen.
Datenrate und Signalform
Die Datenübertragungsgeschwindigkeit beträgt 9600 Bit/s, wobei die Information byteweise mit dem Verfahren der asynchronen Datenübertragung übermittelt wird. Die einzelnen Zeichen (0 und 1) sind folgender maßen verschlüsselt: Wird eine logische 0 gesendet, so nimmt die Spannung erst kurzzeitig ab, steigt dann wieder an und pendelt sich nach maximal 104 Mikrosekunden auf 28 V wieder ein. Dies ist auf die Spulenwirkung der Netzdrossel zurückzuführen. Wird eine logische 1 vom Bus gesendet, so liegen 28 V Gleichspannung an. Der Ruhezustand des Busses entspricht also dem permanenten Übertragen von Einsen (Bild 5).
Eine wichtige Eigenschaft der Übertragung bei KNX TP ist, dass die Signale symmetrisch auf den Bus eingekoppelt werden, d.h., es gibt keinen festen Bezugspunkt der Datenleitung gegen Erde.Man spricht von einer symmetrischen, erdfreien Übertragung. Beim Empfänger ist nicht die Spannung einer Datenleitung gegen Masse interessant (wie z.B. bei der Schnittstelle RS232), sondern der Empfänger wertet eine Änderung der Spannungsdifferenz zwischen den beiden Datenleitungen aus. Hierdurch erhält man bei vergleichbarem Hardware-Aufwand eine um Größenordnungen bessere Störfestigkeit gegen eingekoppelte Störsignale.
Die der 0 entsprechende Wechselspannung wird folgendermaßen erzeugt: Der Sender sendet nur eine Halbwelle, indem er die bei ihm auf dem Adernpaar der Datenleitung herrschende Spannung um ca. 5 V erniedrigt.
Nach ungefähr der halben Zeichenzeit hebt er diese Spannungsabsenkung wieder auf, wonach das Restsystem, bestehend aus der Busleitung, den Übertragern und Ladekondensatoren aller Busteilnehmer und – ganz wichtig – der Längsdrossel der Spannungsversorgung, eine positive Ausgleichswelle (Schwingkreis) erzeugt.
Anschluss der Teilnehmer
An die Datenleitung werden die Busteilnehmer über die sogenannte Busklemme angeschlossen. Die Busklemme ist eine Steckklemme, die bis zu vier KNX Kabel verbinden kann. Die Busklemme sorgt dafür, dass der Teilnehmer vom Bus genommen werden kann, ohne dass die Busleitung unterbrochen wird. Dies ist ein wesentlicher Vorteil des KNX Bussystems: Die Entfernung eines Busteilnehmers führt nicht zur Unterbrechung der Kommunikation der übrigen Teilnehmer (Bild 6).
Buszugriffsverfahren bei KNX TP
KNX TP löst die Kollision auf, so dass ein Telegramm sofort und die anderen daran anschließend gesendet werden.
Es gehen keine Telegramme verloren. Möglich wird dies dadurch, dass jeder sendende Teilnehmer Bit für Bit den Datenverkehr auf dem Bus mithört. Falls zwei Teilnehmer zeitgleich ein Telegramm senden, so wird zwangsläufig (spätestens bei der Absenderadresse) der Fall auftreten, dass ein Sender eine 0 sendet, während der andere gerade eine 1 übertragen möchte. Derjenige, der eine 1 sendet, hört nun, dass am Bus schon eine 0 übertragen wird, und erkennt die Kollision. Er ist verpflichtet, seine Übertragung abzubrechen und das andere Datentelegramm läuft ungestört weiter. Dieses Verfahren wird in der Fachsprache als CSMA/CA-Verfahren (Carrier Sense Multiple Access / Collision Avoidance)bezeichnet (Bild 10). Vorteil des Verfahrens ist, dass immer ein Telegramm am Bus bleibt und dadurch kein Zeitverlust auftritt. Im Kontrollfeld am Beginn jedes Telegramms können Prioritätsstufen der Telegramme festgelegt werden.
Der Planer der Anlage kann somit bestimmen, welche Telegramme im Kollisionsfall »Vorfahrt« haben. Bei gleicher Priorität entscheidet letztlich die Gruppenadresse den Vorrang (0 hat Vorrang vor 1).
KNX Powerline (PL)
Spannung und Daten
Bei KNX Power Line (KNX PL) wird keine separate Busleitung verlegt, sondern die vorhandene 230-V-Leitung fungiert als Übertragungs medium. Natürlich erhalten die Busteilnehmer über das 230-V-Netz auch ihre Versorgungsspannung.
Datenrate und Signalform
Eine Frequenzumtastung im Bandspreizverfahren (SFS, Spread Shift Keying) sorgt für die Verschlüsselung der zu übertragenden Nullen und Einsen. Die Signale werden hierbei auf die Netzspannung aufmoduliert, wobei zwei Frequenzen benutzt werden: 105,6 kHz für die Übertragung einer 0 und 115,2 kHz für die Übertragung einer 1. Die Mittenfrequenz dieser beiden Schwingungen beträgt 110 kHz, weshalb man das KNX PL System auch PL110 nennt.
Die Sendepegel der aufmodulierten Schwingungen liegen bei den heute stark verformten Netzen oft nur im Bereich des normalen Netzrauschens, und nur durch spezielle Verfahren der digitalen Signalverarbeitung ist es überhaupt möglich, diese Signale auszufiltern. Hierbei werden die Sendeleistung und die Empfangsempfindlichkeit der Busteilnehmer laufend den Netzverhältnissen angepasst.
KNX PL arbeitet mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 1200 Bit/s (Bild 7).
Anschluss der Teilnehmer
Bei KNX PL-Geräten sollte man darauf achten, sie über Stichleitungen an das bestehende 230-V-Netz anzuschließen, damit die Entfernung eines Teilnehmers nicht die Kommunikation anderer Teilnehmer unterbricht.
Wie sieht ein KNX Telegramm aus?
Der Informationsaustausch zwischen den Busteilnehmern erfolgt über sogenannte Telegramme. Ein Telegramm besteht aus einer Folge von Zeichen, wobei ein Zeichen von acht Nullen und Einsen, also acht Bit bzw. einem Byte, gebildet wird. Oft werden mehrere Zeichen zu einem Feld zusammengefasst. So ergibt sich folgender Telegrammaufbau (Bild 8):
- Als Erstes wird das Kontrollfeld übertragen. Das Kontrollfeld regelt Aufga- ben wie die Priorität des Buszugriffs und die Tele- grammwiederholung.
- Es folgt das Adressfeld. Dieses Feld enthält die Absender und Adressdaten von Sender und Empfänger.
- Als drittes Feld kommt das Datenfeld mit den Nutzdaten. Es ist je nach Bedarf unterschiedlich lang. Maximal kann es aus 16 Zeichen (16 Byte) bestehen.
- Den Abschluss bildet ein Sicherungsfeld
Bei KNX PL kommen zu dem oben beschriebenen Aufbau noch folgende Bestandteile hinzu: Dem Telegramm wird eine Trainingssequenz von vier Bit zur Pegeleinstellung von Sender und Empfänger vorangeschickt, gefolgt von zwei Präambelfeldern, die jeweils acht Bit lang sind. Diese Präambelfelder werden zur Kollisionsvermeidung benötigt. Weiterhin wird dem Telegramm noch eine Systemadresse (System-ID) angehängt (1Byte), die verhindert, dass benachbarte KNX PL Systeme sich gegenseitig beeinflussen, da ja nicht wie bei KNX TP durch ein separates Netz sichergestellt ist, dass Telegramme nur innerhalb einer Anlage empfangen werden.
Wie wird der Buszugriff geregelt?
Wie bereits dargelegt, benutzen bei KNX alle Teilnehmer ein gemeinsames Medium zur Datenübertragung. Damit ein geordneter Datenaustausch möglich ist, muss der Zugriff auf dieses Medium eindeutig geregelt sein.
Der KNX Bus gehört zu den Bussystemen mit zufälligem, ereignisgesteuertem Zugriff. Dies bedeutet, dass der Teilnehmer, der »etwas zu sagen hat«, dies auch sofort zu tun versucht. Allerdings muss jeder Teilnehmer hierbei einige Regeln einhalten:
- Generell gilt, dass ein Teilnehmer nur senden darf, wenn nicht schon gerade ein anderer Teilnehmer sendet. Jeder Teilnehmer muss daher permanent das Geschehen auf dem Bus beobachten.
- Nach Ende einer Datenübertragung, bestehend aus Datentelegramm mit Quittung und eventueller Wiederholung, ist eine festgelegte Wartezeit einzuhalten, bis der nächste Buszugriff durch einen weiteren Teilnehmer erfolgen darf. Hierbei kann es passieren, dass mehrere Teilnehmer gleichzeitig beginnen zu senden und es kommt zu Kollisionen. Dieses Problem lösen die bei- den Busvarianten Twisted Pair (KNX TP) und Power Line (KNX PL) ganz unter schiedlich.
Buszugriffsverfahren bei KNX PL
Bei KNX PL ist dieses Verfahren aus technischen Gründen nicht möglich. Hier sollen sogenannte Zeitschlitze Kollisionen schon vor ihrem Auftreten verhindern. Mit Zeitschlitz ist ein Abstand zwischen möglichem Beginn eines Telegramms nach Ab- schluss des vorhergehenden Telegramms gemeint. Jeder Teilnehmer ermittelt über ein Zufallsprinzip für sich eine von sieben möglichen Zeiten. Dadurch reduziert sich die Wahrscheinlichkeit einer Kollision drastisch. Kommt es aber dennoch dazu, so gehen eventuell Telegramme verloren.
KNX Funk (RF) Nachrüstung
KNX Funk Lösungen sind die geeignete Lösung, wenn KNX nachgerüstet werden soll und ein Verlegen von Leitungen nicht möglich ist. KNX RF ist aber auch für Gebäude interessant, in denen Twisted Pair installiert ist. Hier eignen sich RF-Geräte, ein bestehendes System drahtlos zu erweitern. Es ist zwar theoretisch möglich, die gesamte Gebäudetechnik drahtlos zu steuern, dies wird aber wohl die Ausnahme bleiben. Um Sensoren unabhängig vom Stromnetz platzieren zu können, werden diese meist mit Batterien versorgt, Solarzellen sind für viele Anwendungen aber auch gut geeignet. Dies ist natürlich nur möglich, wenn die Geräte nicht permanent empfangsbereit sein müssen. Dazu wurde in KNX speziell ein unidirektionales Gerätemodell definiert, die nur bei Bedarf senden und keinen Empfänger haben. Aktoren müssen hingegen stets empfangsbereit sein und stellen bidirektionale Geräte mit einem eigenen Gerätemodell dar. Aktoren werden meist aus dem Stromnetz versorgt. Empfänger ohne Sender sind in KNX nicht vorgesehen. Die besondere Leistungsfähigkeit von KNX zeigt sich im Gesamtsystem. Während Retransmitter es ermöglichen eine KNX RF Installation räumlich zu erweitern, kann mit Hilfe von Medienkopplern auch eine Verbindung mit Twisted Pair Geräten hergestellt werden.
Datenübertragung
Die richtige Wahl der Funkfrequenz ist mit entscheidend für die Übertragungsqualität. Die für KNX gewählte Frequenz von 868,3 MHz vereint gute Ausbreitungseigenschaften im Gebäude mit hoher Zuverlässigkeit, da in diesem Band vom Gesetzgeber strenge Regeln gelten. Die maximale Sendeleistung von 25 mW ist ausreichend, um ein Einfamilienhaus oder eine Wohnung abzudecken.
Bei größeren Installationen können Retransmitter eingesetzt werden, die die Telegramme zu entfernten Einbauorten weiterleiten. Die Datenrate ist mit 16 kBit/s etwas höher als bei Twisted Pair, dafür müssen zusätzliche funkspezifische Daten übertragen werden. Insgesamt können wie bei Twisted Pair circa 50 Telegramme pro Sekunde übertragen werden. Wie bei allen KNX Medien erfolgt auch bei Funk die Übertragung der Nutzdaten mit Gruppentelegrammen. Das heißt, ein Telegramm kann von mehreren Geräten gleichzeitig empfangen werden und zum Beispiel mehrere Leuchten gleichzeitig einschalten. Auch die Kodierung der Daten, das so genannte Interworking wurde bei Funk nicht geändert. Wer mit Twisted Pair oder mit Powerline vertraut ist, wird sich mit KNX RF schnell zurecht finden.
Konfiguration
Die derzeit am Markt verfügbaren Geräte werden im so genannten Easy-Mode konfiguriert. (Bild 1). Das heißt, es ist kein PC oder Laptop erforderlich. Zudem benötigt man keine Produktdatenbank. Alle für die Konfiguration benötigten Informationen sind bereits in den Geräten gespeichert. Eine Konfigura- tion mit Hilfe der ETS (Engineering Tool Software) ist aber in den Geräten bereits vorgesehen.
KNX IP
KNX IP ist die Bezeichnung des vierten Übertragungsmediums für den KNX Standard. KNX IP Geräte kommunizieren ausschließlich über Ethernet/IP miteinander. Die dazugehörige Übertragungsprotokollreihe heißt KNXnet/IP. Im Gegensatz zu den früher eingeführten KNXnet/ IP Routern oder KNXnet/IP Tunneling Servern verfügen KNX IP Geräte nicht über eine Twisted Pair Anbindung. Was auf den ersten Blick klingen mag wie die Ablösung aller bewährten Medien der Gebäudesystemtechnik, ist vielmehr eine leistungsfähige Erweiterung des KNX Systems. KNX IP öffnet die Türen zur Top Level Kommunikation im Gebäude (z.B.Telekommunikation, Multimedia) und ermöglicht, von außen auf die KNX Installation zuzugreifen. KNX IP stellt eines der wichtigsten Übertragunsmedien dar und wird am Ende dieser Broschüre nochmals detailliert behandelt.
Der Datendurchsatz im Vergleich
Trotz der unterschiedlichen Übertragungsmedien haben wir es mit einem einzigen Bussystem zu tun. Es ist mit einer einzigen Software (ETS) projektierbar und in Betrieb zu nehmen. Die Busendgeräte unterscheiden sich nur durch die gewählte Ankopplung und die hat keinen Einfluss auf die Kommunikation der Geräte miteinander (Gruppenadressen gelten systemweit, Komponenten verschiedener Hersteller sind untereinander kompatibel etc.). Wesentlicher Unterschied der Übertragungsmedien ist ihr Datendurchsatz. KNX TP benötigt im normalen Datenverkehr pro Telegramm ca. 20ms, nur beim Programmieren von Geräten erhöht sich diese Zeit auf das Doppelte. Der KNX TP-Bus kann maximal 50 Telegramme pro Sekunde übertragen. Bei KNX PL kommt man auf einen Durchsatz von nur sechs Telegrammen pro Sekunde, bedingt durch die niedrigere Baudrate, den längeren Telegrammaufbau und das andere Zugriffsverfahren. Speziell hier sollte also aufhäufig wiederholte Telegramme (zyklische Wiederholungen) verzichten werden bzw. die Wiederholzeit sehr hoch angesetzt werden.