Essen. Auf drei Hauptverkehrsstraßen in Essen hat die Stadtverwaltung probeweise die Höchstgeschwindigkeit auf 30 Stundenkilometer herabgesetzt, um Anwohner nachts vor Lärm zu schützen. Essen folgt damit einem Göttinger Modellversuch. Verkehrsexperten sind aber skeptisch.

Einige Kommunen haben in jüngerer Vergangenheit beschlossen, auf viel befahrenen Straßen die Höchstgeschwindigkeit nachts auf 30 Stundenkilometer zu begrenzen, zuletzt Göttingen. Ziel ist, den Verkehrslärm zu reduzieren. Auch Essen zieht nun nach und prüft, ob in naher Zukunft in einigen Bereichen nächtliche Temporeduzierungen nötig sind.

Unter Federführung des städtischen Umweltamtes werden drei sogenannte „Hot Spots“ überprüft: die Steeler Straße im Abschnitt Kurfürstenstraße bis Oberschlesienstraße, die Gladbecker Straße im Abschnitt Bamlerstraße bis Hövelstraße und die Stauderstraße zwischen Wilhelm-Nieswandt-Allee und Fundlandstraße. Dort hat die Stadt entsprechende Schilder aufgestellt.

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Untersucht wird, inwieweit die Geschwindigkeits-Begrenzung den Verkehr beeinflusst, etwa ob die Fahrer auf andere Strecken ausweichen, ob sich an der Geschwindigkeit wirlich etwas ändert und natürlich ob der Lärmpegel beeinflusst wird. Sollten die Ergebnisse zeigen, dass die Lärmbelastung abnimmt, ohne dass dafür andere Straßen zusätzlich belastet werden, sollen die Schilder dauerhaft stehen bleiben. Ein Modell für andere viel befahrene Straßen ist es dann aber nicht unbedingt, da die Hürden für einen Tempo-30-Bereich sehr hoch sind. Nur in begründeten Ausnahmefällen darf die Geschwindigkeit dauerhaft auf 30 km/h reduziert werden. Der Schutz der Bevölkerung ist so ein Fall, er muss aber jedes Mal erneut nachgewiesen werden.

Verkehrsexperten sind skeptisch

Betroffen ist der Zeitraum von 22 bis 6 Uhr, also die Zeit der Nachtruhe. Anwohner der Hauptverkehrsadern sollen nachts schlafen können. An solchen werden häufig Dezibelwerte erreicht, die nach allgemeiner wissenschaftlicher Auffassung gesundheitsgefährdend sind. Die Weltgesundheitsorganisation schätzte 2012, dass in Europa jährlich über eine Million Lebensjahre aufgrund hoher Lärmbelastung verloren gehen. Zwischen 30 und 55 Dezibel kann Verkehrslärm an manchen Straßen erreichen. Ab etwa 36 Dezibel beeinträchtigt der Lärm den Schlaf der Anwohner, schätzt das Helmholtz-Zentrum München.

Der ADAC Nordrhein geht davon aus, dass der Pegel durch solche Maßnahmen um zwei bis drei Dezibel sinkt. „Das nimmt man nicht wahr“, sagt Roman Sudhold vom ADAC-Fachbereich Verkehr und Umwelt. Auch sei nicht die Geschwindigkeit für den Lärmpegel verantwortlich. „Wenn sie in einem niedrigeren Gang 30 fahren, dann ist das unter Umständen lauter, als wenn sie mit 50 km/h fahren“, erklärt Sudhold. Vorsichtig ist auch noch die Essener CDU, die abwarten will, wie sich das Modell in anderen Städten bewährt. SPD und Grüne wiederum halten es für eine „effektive Maßnahme“.