Herne. . „Aber du siehst mich nicht“ von Aris und Tocka geht mit einer Finissage zu Ende. Pottporus entwickelt die Idee eines urbanen Kunstraums weiter.

  • Seit Anfang Mai zeigt Pottporus im Alten Wartesaal des Herner Bahnhofs Arbeiten von Aris und Tocka
  • Durchschnittlich 15 Besucher am Tag hätten die Ausstellung gesehen, sagt Pottporus-Chef Zekai Fenerci
  • Für das nächste Jahr sind zwei weitere Ausstellungen geplant, die Kunst im Außen- und Innenraum verbinden

Elf Wochen lang hatte die erste Ausstellung im Alten Wartesaal des Herner Bahnhofs Zeit, Graffitifans wie Kunstinteressierte und Reisende auf sich aufmerksam zu machen. „Aber du siehst mich nicht“, ist ihr Titel, er spielt an auf das in der Regel unsichtbare (weil ungenehmigte) Tun von Straßenkünstlern - in diesem Fall Aris und Tocka. Am Samstag nun geht die Schau mit einer Finissage zu Ende. Gesehen haben dürften sie sie unter dem Strich um die 700 Besucher.

Viele Reisende schauten einfach mal herein

„Die Leute waren schon sehr neugierig“, hat Pottporus-Chef Zekai Fenerci von den Studenten mitbekommen, die von donnerstags bis sonntags am Eingang saßen. Unter den Besuchern seien viele Passanten gewesen, die sich von der offen stehenden Tür angezogen gefühlt hätten und einfach mal hereinschnuppern wollten. „Dabei haben sich sehr schnell Gespräche entwickelt.“ Jetzt müsse man gucken: „Kann der Ort für die urbane Szene ein Magnet werden?“

Bein der Eröffnung: die Ausstellungskuratoren Robert Kaltenhäuser und Katja Glaser (vl.) mit Pottporus-Chef Zekai Fenerci.
Bein der Eröffnung: die Ausstellungskuratoren Robert Kaltenhäuser und Katja Glaser (vl.) mit Pottporus-Chef Zekai Fenerci. © Olaf Ziegler

Die Ambitionen sind da, Pottporus hat vorerst von der Kulturverwaltung die Verantwortung übertragen bekommen. Zwei Ausstellungen sollen auch im nächsten Jahr Interessierte in den Wartesaal locken, kündigen Zekai Fenerci und Robert Kaltenhäuser an. Kaltenhäuser, wohnhaft in Aachen mit Atelier in Essen, gilt als Kenner der Graffitiszene. Er war selbst früher aktiv, heute ist er gefragter Gesprächspartner in Expertenrunden und Kurator von Ausstellungen. Er hat auch die erste Ausstellung in Herne kuratiert. Mit einer klaren Vorstellung davon, was in den Wartesaal gehört und was nicht.

Kein Graffitiwriting auf Leinwand

Keine Chance hat das konventionelle Graffitiwriting, wie es seit Jahrzehnten das Straßenbild prägt. Diese Art subkulturelles Graffiti „zwischen Gestaltung und Fun Sport“ ist für ihn ein „Geländespiel mit visuellen Mitteln“, das zumeist keinen künstlerischen Anspruch erhebe. Kaltenhäuser lehnt das nicht per se ab, doch nur weil es groß und bunt sei, gehöre es noch nicht auf eine Leinwand. Auch Schablonenmalerei à la Banksy gerate schnell zur „Mainstream Street Art“.

Ihn interessieren dagegen Künstler, die die „Methoden der ungenehmigten Malerei“ nutzen, also weiterhin unkontrolliert auf Waggons und Wände malen, aber das gängige Graffiti hinter sich gelassen haben, zugunsten einer freien Wahl von Form und Inhalt. „Inhaltlich und ästhetisch ist das völlig offen und plural“, so Kaltenhäuser.

Mehrere Zusatzebenen zur Aktion im Außenraum

 „Struktur“ von Tocka.
„Struktur“ von Tocka. © Olaf Ziegler

Was den Wartesaal angehe, so suche man die Verbindung der Aktion im Außenraum mit mehreren Zusatzebenen. Im Falle von Aris sind das zum Beispiel ein großer Scherenschnitt aus Papier und Skizzen. Kaltenhäuser: „Die Dinge befruchten sich gegenseitig. Es gibt eine doppelte Praxis, das macht es interessant.“ Tocka zeigt neben einer Arbeit für den Innenraum u.a. Filmaufnahmen von seinen Aktionen draußen und eine Route, die zu von ihm gestalteten Wänden durch eine Industriebrache am Wanner Hafen führt. Kaltenhäuser ist sie schon mit einem Journalisten abgegangen, was er nur empfehlen kann.

Wie es weiter geht? Neben den Ausstellungen halten Fenerci und Kaltenhäuser an der Idee einer Straßenkunst-„Route“ fest. Schritt für Schritt, so Fenerci, müsse man jetzt weiter denken. Dazu gehöre auch eine Vermarktungsstrategie, um Fachpresse und Kunstszene besser als bisher zu erreichen.

>>> ZUR FINISSAGE

Die Finissage beginnt am Samstag, 22. Juli, um 20 Uhr im Alten Wartesaal im Herner Bahnhof.

Die Duisburger Folkwang-Absolventin und Filmerin Ann-Katrin Pauly hat Aris und Tocka begleitet und präsentiert unter dem Titel „Unorte und Umwege“ eine experimentelle Dokumentation.

Die Ausstellung ist bis Samstag von 16 bis 21 Uhr geöffnet.