Ja, sagt Jana Sepehr
Natürlich klingt es erst einmal paradox: Arbeitstage von zehn, elf, zwölf Stunden und mehr sollen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen – und nebenbei auch noch die Beschäftigtenquote erhöhen. So argumentiert zumindest die bayerische Arbeits- und Sozialministerin, die die Höchstarbeitszeit nach oben schrauben will.
Bringt das wirklich den gewünschten Effekt? Fakt ist: Es braucht mehr Flexibilität im Job, um Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Dazu gehören auch variable Arbeitszeiten.
Eine Lösung kann deshalb durchaus sein, die Arbeit an drei, vier langen Tagen bündeln zu können. Denn dann blieben bei einer 40-Stunden-Woche nach Adam Riese ein freier Tag oder ein langes Wochenende mit der Familie. Geht diese Rechnung auf und endet sie nicht in einem Kuhhandel, bei dem Arbeitnehmer einfach nur legal mehr arbeiten, dürfte das Gesetz für einige Eltern tatsächlich mehr Flexibilität bringen. Das wäre zu begrüßen und immerhin ein Hebel für mehr Familienfreundlichkeit.
Die Autorin schreibt ihre Texte am liebsten nachts.
Nein, sagt Jan Klauth
Es braucht eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie – das rattern Politiker seit Jahren rauf und runter. Und wer würde schon widersprechen? Selbstverständlich muss mehr passieren, um vor allem Mütter zu fördern. Mehr Frauen in Arbeit zu bringen, könnte einen Zuwachs von rund einer Million Arbeitskräften bedeuten, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung unlängst vorgerechnet hat.
Aber dass Arbeitstage von bis zu zwölf Stunden wirklich die Wende bringen, daran darf man zweifeln. Besonders Unternehmen müssen stattdessen für Mütter und Frauen, die Kinder planen, bessere Karrieremöglichkeiten garantieren.
Eine höhere Erwerbsquote ließe sich zudem erreichen, wenn die Politik endlich Erfolge bei der miserablen Personalsituation in Kitas und Schulen aufweisen könnte. Für einzelne Berufe, klassische Bürojobs etwa, kann Flexibilität mehr Sinn ergeben. Aber abgesehen davon, dass bei derart langen Tagen die Produktivität leidet, arbeitet der Großteil des Landes nicht im Büro. Den Arbeitsschutz gibt es nicht ohne Grund. Eine Aufweichung dürfte in vielen Fällen eher das Tor für insgesamt mehr Arbeit öffnen.
Der Autor versteht sich als Feminist.